62 Kilometer vor dem Ziel ist es um Stefan Küng geschehen. Er reisst den Mund auf, lässt abreissen, kann nicht mehr. Der Traum vom Sieg bei Paris-Roubaix ist geplatzt. Tatsächlich? Nein! Der Thurgauer schüttelt sich, nimmt sein Herz in beide Hände und macht sie auf die Verfolgung der Rad-Überflieger Mathieu van der Poel (28, Ho) und Wout van Aert (28, Be). Er schafft den Anschluss. Küng kämpft, Küng gibt nicht auf. Der Thurgauer rattert über die 29 Pavé-Abschnitte (54,5 Kilometer), als gäbe es kein Morgen.
Dennoch wird dem Thurgauer 15 Kilometer vor dem Ziel bewusst: Andere sind besser. Als Van der Poel im Carrefour de l’Arbre, einem besonders schwierigen Kopfsteinpflaster-Abschnitt, angreift, kann aus der siebenköpfigen Spitzengruppe nur Van Aert folgen. Allerdings erleidet der Belgier eine Panne und muss das Hinterrad wechseln – der Weg zum Sieg für Van der Poel ist frei. «Das war einer der besten Tage meiner Karriere auf dem Rad. Das ist ein Traum», meint der Sieger im Ziel.
12 Sieger in 12 Ausgaben
Und Küng? «Das Ziel ist, das Resultat von 2022 zu wiederholen, oder sogar noch zu verbessern», hatte er vor dem Rennen gesagt. Letztes war er Dritter geworden. Diesmal ist es Rang 5. Fabian Cancellara 2013 ist und bleibt der letzte Schweizer, der das Rad-Monument in Frankreich gewinnen konnte. Küng: «Van der Poel und Van Aert sind ein Level über den anderen. Ich konnte am Ende nicht mehr zusetzen und war komplett leer.»
Was sonst bleibt? Die Erkenntnis, dass wohl kein anderes Eintagesrennen so viel Spektakel bietet wie Paris-Roubaix. Auch diesmal gibt es Stürze, Pannen, ausflippende Fans und vor allem grossen Sport auf holprigen Strassen.
Küng wird es 2024 erneut versuchen, sein Lieblingsrennen zu gewinnen. Vielleicht ist er dann an der Reihe? Van der Poel ist der 12. Sieger in den letzten 12 Ausgaben. Womöglich bringt die Zahl 13 Küng Glück. «Ich hoffe, dass eines Tages alle Puzzlesteine ineinandergreifen und ich so stark bin wie Van der Poel und Van Aert. Ich habe mein Maximum gegeben. Nun heisst es weiterarbeiten», so Küng.