Er ist achtfacher Weltmeister, siebenfacher Gesamtweltcupsieger und holte in Rio 2016 Olympia-Gold. Nino Schurter (35), die Mountainbike-Legende? «So sehe ich mich nicht. Ich bin einfach ein glücklicher Bergbube, der seine Leidenschaft zum Beruf machen konnte und noch immer voller Herzblut dabei ist», entgegnet er.
Tönt romantisch. Fakt ist aber auch: Schurter ist ein extrem harter Arbeiter. Dabei schaut er im Vorfeld der Spiele weder nach links noch nach rechts – zumindest nicht bewusst. «Ich weiss, was ich kann und tun muss», sagt Schurter. Und ergänzt: «Ich bin mein grösster Gegner.»
Wie er das meint? Dank am Kettenblatt montierten Powermeters hat Schurter im Laufe der Jahre riesige Datemengen sammeln können. Geschwindigkeit, Anzahl Pedalumdrehungen, Puls, Wattzahlen und vieles mehr. Dank dieser Werte erstellte er Profile, nach denen er auch heute noch trainiert. «Viele davon sind ziemlich gut. Und weil ich stets gegen mein bestes Ich antrete, ist es nicht einfach, mitzuhalten. Aber ich schaffe es noch.»
Schurter quält und peitscht sich an
Schurter geht also nicht nur in den Rennen, sondern auch im Training ans Limit – oder sogar darüber hinaus. Die psychische Stärke dafür bringt er von Kindesbeinen an mit. «Ich habe noch nie professionelles Mentaltraining gemacht. Aber ich arbeite selbst mit meinen Gedanken, um alles aus mir herauszuholen.»
Tatsächlich: Sobald es losgeht, ist Schurter völlig konzentriert. Ein lockeres Training? Nicht mit ihm. Schurter gibt dabei zu, dass er in den Momenten höchster Belastung auch mit sich selbst redet. «Wenn es hart auf Hart geht, sage ich mir: ‹Jetzt gib es dir nochmals richtig dreckig!› So peitsche ich mich an und hole ich die letzten Prozent aus meinem Körper heraus.»
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Olympia-Derniere in Tokio – mit Gold?
Am 26. Juli wird Schurter in Tokio sein letztes Olympia-Rennen bestreiten. «In Paris 2024 werde ich nicht mehr am Start stehen», kündigt er an. Ob es bei der Derniere nochmals zu Gold reicht?
Schurters Weltcupsaison verlief nicht nach Wunsch. In vier Rennen schaffte er es als Zweiter einmal aufs Podest. Seine Gegner werden ihn deswegen allerdings kaum auf die leichte Schulter nehmen – sie wissen nur allzu gut, wozu er fähig ist.
Infobox: Das Cross-Country-Rennen der Mountainbiker steigt am Montag, 26. Juli und beginnt um 8 Uhr Schweizer Zeit. Einer von Schurters grösster Gegner ist sein Landsmann Mathias Flückiger (32). Die weiteren Gold-Kandidaten: Mathieu van der Poel (26, Ho), Thomas Pidcock (21, Gb), Jordan Sarrou (29, Fr), Ondrej Cink (31, Tsch) und Anton Cooper (27, Neus).