Menschenhandel im Radsport?
Quintana geisselt dubiose Scouts!

Nairo Quintana (30) macht sich Sorgen. Der Rad-Profi aus Kolumbien erzählt von verwerflichen Rekrutierungen.
Publiziert: 11.07.2020 um 17:26 Uhr
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Aktualisiert: 14.07.2020 um 15:11 Uhr
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Nairo Quintana mag nicht länger zuschauen. Er spricht über einen Menschenhandel im Radsport.
Foto: foto-net / Cor Vos
Mathias Germann

Sie sollen jung und fleissig sein. Dazu Talent haben. Und auf keinen Fall aufmucken. Geht es nach Radprofi Nairo Quintana (30), ist dies das Anforderungsprofil vieler Scouts, die seine Heimat Kolumbien nach künftigen Stars durchkämmen. «Ich weiss gar nicht, wie ich diese Leute nennen soll», so Quintana angewidert. «Sie bieten 15-, 16-, und 17-Jährigen Verträge an, die ihre Eltern dann unterschreiben. Und dann nehmen sie sie mit nach Europa.»

«Psychische Probleme»

Quintana wehrt sich im Podcast «El Leñero» gegen diesen Menschenhandel. Und er wird gehört. Kein Wunder, der Giro-Sieger von 2014 und Vuelta-Sieger von 2016 geniesst zuhause Heldenstatus. So wie auch Egan Bernal (23). Auch er hat es ganz nach oben geschafft und wurde letztes Jahr erster Tour-de-France-Sieger Kolumbiens. Quintana und Bernal stehen für die Klasse, die Fahrer aus dem Andenstaat aufweisen. Doch sie sind gleichzeitig Teil der problematischen Entwicklung.

«Die Agenten lassen die jungen Fahrer oft früh fallen, wenn die Resultate nicht gleich stimmen», so Quintana. Dabei sei dies völlig normal. Denn: Nicht nur das Heimweh plage viele. «Einige haben Essstörungen, andere leben in miesen Verhältnissen und viele leiden letztlich an psychischen Problemen.» Die Folge? Sie kehren ohne Geld nach Kolumbien zurück und beenden ihre junge Karriere.

Quintana und Bernal bleiben Ausnahmen

Quintana kam einst mit 21 Jahren nach Europa, Bernal mit 19. Beide hatten rasch Erfolg. «Aber solche Geschichten sind die Ausnahme, nicht die Regel», so Quintana. Den Scouts sei das egal, sie würden Youngsters mit falschen Versprechungen locken. Genau darum versucht Quintana nun, die grössten Talente des Landes unter seine Fittiche zu nehmen. Er berät sie, will dass sie mindestens zwei Jahre lang in der U-23-Kategorie in der Heimat fahren, um mental und physisch zu reifen. «Ich sage ihnen, dass sie ruhig bleiben sollen. Ich kann ­ihnen immer noch Türen öffnen, wenn sie für Europa bereit sind.»

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