Jolanda Neff (27) liegt im Spitalbett. Soeben ist sie aus einer langen Operation aufgewacht. Klar denken kann sie nicht. Die Augen schmerzen. Spricht jemand mit ihr, schläft sie spätestens nach zwei Minuten ein. Das ist jetzt knapp sieben Monate her.
Und heute? Da steht die Mountainbike-Weltmeisterin von 2017 erstmals wieder am Start eines Rennens. Genauer: Sie nimmt an den Schweizer Zeitfahr-Meisterschaften am Flughafen Belp in Bern teil. «Wenn ich zurückdenke, wie ich im Spital lag, ist das alles schon verrückt. Es zeigt, was für ein Wunder der menschliche Körper ist. Wie er sich regenerieren und wieder Leistung bringen kann.»
«Ich war im Überlebensmodus»
Rückblick: Kurz nach Weihnachten 2019 stürzt Neff beim Training in den USA schwer. Sie prallt mit voller Wucht in einen Baum voller Äste. Sofort ist klar, dass es ernst ist. Sehr ernst. Neff hat Glück, dass Wanderer vorbeilaufen und ihr helfen. Im Spital ist die Diagnose erschütternd: Rippenbruch, Milzriss und eine fast kollabierte Lunge. «Ich war im Überlebensmodus», so Neff.
Wochenlang ist sie ans Bett gebunden, ihr Freund Luca Shaw (23, USA) schläft neben ihr im Spital auf einem Sofa. Neff erholt sich, muss aber vorsichtig sein – jede Anstrengung ist gefährlich. «Der Puls durfte auf keinen Fall nach oben gehen. Das war schon verrückt. Doch jetzt geht es mir wieder gut, ich habe keine Schmerzen und kann voll belasten.»
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Olympia 2021 im Fokus
Dass Neff beim Zeitfahren das Podest als Vierte knapp verpasst – Marlen Reusser (28) gewinnt überlegen – macht ihr nichts aus. Viel zu gross ist die Freude über die Rückkehr. «Ich hatte dieses Velo im Keller und dachte nicht, dass ich es als Mountainbikerin so schnell einmal brauchen würde», sagt sie schmunzelnd.
Ihr Fokus liegt sowieso auf Tokio 2021. «Dank der Verschiebung der Olympischen Spiele konnte ich mir Zeit geben und einen langsamen, vorsichtigen Aufbau machen. Ich bin extrem dankbar, dass ich wieder ganz gesund bin. Denn ich wusste ja nicht, wie es kommt. Nun hab ich aber die Gewissheit, dass ich es wieder ganz nach oben schaffen kann. Das ist cool.»