Erinnern Sie sich an die Bilder, wie Marc Hirschi (22) während der Tour de France die Pässe hinunterraste? Oft hob der Berner seinen Hintern, setzt sich auf das Oberrohr und hielt die Arme so nahe wie möglich am Körper. Vielen TV-Zuschauern gefror bei diesem Anblick das Blut in den Adern.
Aber: Hirschi hatte in dieser Abfahrts-Position einen deutlich geringeren Luftwiderstand. Der Berner ist längst nicht der einzige, der damit über 100 km/h auf den Tacho bringt. Doch nun ist damit schon bald Schluss!
«Ein kalkuliertes Risiko»
Der Rad-Weltverband UCI verbietet ab dem 1. April diese aerodynamische Position auf dem Rad. Die Begründung? Erstens, weil zu gefährlich und zweitens, weil nicht vorbildlich für den Nachwuchs. Rad-Profi Silvan Dillier (30) kann darüber nur den Kopf schütteln.
«Diese Position nehmen wir nur ein, wenn wir genügend Platz haben. Es ist ein absolut kalkuliertes Risiko. Ich kann mich an keinen Sturz erinnern, weil jemand auf dem Oberrohr sass.»
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Jeder muss seine Fähigkeiten selber einschätzen können
Der Aargauer ärgert sich, dass die UCI den Fahrern vorschreibt, wie sie auf dem Rad zu sitzen haben. Jeder, ob Profi oder Amateur, müsse seine Fähigkeiten selbst einschätzen können.
«Einem Formel-1-Piloten wird auch nicht verboten, mit 250 km/h am Heck eines anderen zu kleben. Es logisch, dass man sich im normalen Strassenverkehr anders verhält. Bei den Radfahrern ist es genau gleich», so Dillier.
Auch eine zweite Regel nervt Dillier
Es gibt noch was, was dem Alpecin-Fenix-Profi sauer aufstösst: Neu müssen die Hände der Profis ihren Lenker – egal wo – stets umschliessen. Heisst: Das Abstützen mit den Unterarmen oder Ellbogen ist (ausser beim Zeitfahren) nicht mehr erlaubt. «Fährt man so in ein Schlagloch auf der Strasse hinein, kann es tatsächlich brenzlig werden. Aber auch hier gilt: Wir müssen halt auf das schauen, was vor uns liegt – dann ist es nicht gefährlich», so Dillier.
Fakt ist: Wer sich den UCI-Regeln widersetzt, dem drohen Bussen von bis zu 1000 Euro. Auch ein Rennausschluss ist möglich. «Vielleicht ist da das letzte Wort noch nicht gesprochen», sagt Dillier. Ironie des Schicksals: Er selbst fällt nach einem Schlüsselbeinbruch – bei Kuurne-Brüssel-Kuurne wurde er von einem Gegner umgefahren – für mehrere Wochen aus.