Es ist herzzerreissend! Elise Chabbey steigt nach der Zieleinfahrt vom Velo, setzt sich auf den nassen Asphalt und weint. «Je ne gagne jamais!», ruft die Genferin. Also: «Ich gewinne nie!» Die Teamkolleginnen nehmen sie in den Arm. Aber: Gibt es in diesem Moment überhaupt einen Trost?
Chabbey ist die grosse Figur der ersten Etappe, sie greift früh an, vor dem Col de La Croix. Ihr Vorsprung wird gross und grösser, er beträgt irgendwann fast drei Minuten. «Ich hatte Angst, dass wir ihr zu viel Leine gegeben haben», sagt Rad-Star Demi Vollering (27, Ho) später.
Ihre Angst ist verständlich. Und dennoch siegt Vollering letztlich. Einen Kilometer vor Ende der Schlusssteigung überholt sie Chabbey. «Es tut mir leid für Elise. Ich weiss, dass sie aus dieser Region stammt und ihr ein Sieg viel bedeutet hätte. Ich verstehe, dass sie mich momentan hasst.»
Olympiasieg ist ihr grosser Traum
Hass? Nein, dieses Gefühl verspürt Chabbey nicht. Aber eine riesige Enttäuschung. Erst zwei Profi-Siege hat sie in ihrer Karriere eingeheimst. Das ist in Anbetracht ihrer Klasse ein Witz. Denn: Chabbey liegt in der Weltrangliste auf Platz 13 und fährt regelmässig Top-Platzierungen heraus. «Aber es fehlt halt etwas, um auch mal zu gewinnen», räumt sie ein.
Mehr zur Tour de Suisse
Schafft sie es in Paris? Die Sommerspiele sind ihr grosses Ziel. Speziell: Chabbey war bereits 2012 in London als Olympionikin unterwegs – im Kanu. «Gewinne ich in Paris, ist mir egal, wenn ich sonst keinen Sieg mehr hole», sagt sie schmunzelnd.