Corona hält die Radsport-Welt in Atem. Auch seit dem Re-Start Anfang August ist die Angst vor einem neuerlichen, diesmal finalen Abbruch der Saison, allgegenwärtig. Und sie steigt mit jedem positiven Fall im Peloton – bislang waren es fünf. Der Aargauer Rad-Profi Silvan Dillier war einer davon. Obwohl er bei mehreren Tests negativ getestet wurde, war er dann plötzlich doch positiv. «Das ganze Gesundheitssystem ist ein verdammter Witz», polterte er. Immerhin: Dillier darf nach seiner Quarantäne wieder Rennen fahren.
An der Tour de France wird Dillier nicht teilnehmen – er hat einen anderen Rennplan. Und doch hofft er wie alle seine Berufskollegen, dass die Grande Boucle tatsächlich durchgezogen werden kann – wenn auch mit unzähligen Tests, Masken, Desinfektionsmittel, Selfie-Verbote sowie Team- und Peloton-Bubbles. Die neue, offizielle Regel: Sollte es in einem Team zwei oder mehr positive Fälle geben, muss die gesamte Mannschaft heimfahren.
Angst vor einem Abbruch
«Ich bin sehr froh, dass ich jetzt nicht mehr fahren muss», sagt Fabian Cancellara (39). Der ehemalige Rad-Star trug während 29 Tagen das begehrte Maillot Jaune trug und gewann 8 Tour-Etappen. Mit etwas Vergleichbaren wie die heutigen Athleten musste sich der Berner aber nie herumschlagen. «Ich würde nicht mit den aktuellen Fahrern tauschen wollen, ich beneide sie wirklich nicht.»
Er führt aus: «Die Tour ist ein grosser Wirtschaftsfaktor, alle sind unter Druck – Fahrer, Sponsoren und Teams. Das Brutalste dabei ist: Niemand weiss, wann die Saison fertig ist», so Cancellara. Er spricht einen möglichen, nächsten Abbruch an, sollten die Corona-Zahlen explodieren. «Mitte September könnte Schluss sein. Oder Ende September. Niemand hofft das, aber auch niemand weiss es», so Cancellara.
Der Doppel-Olympiasieger versteht die Ängste und Nöten aller Parteien. «Der wirtschaftliche Faktor ist das eine. Aber man muss auch mit gesundem Menschenverstand handeln. Wenn es wegen Corona nicht mehr gehen sollte, dann ist es halt so.» Das Virus habe viel verändert, so Cancellara. Man müsse sich nun anpassen. Er appelliert dabei auch an die Rad-Fans. «Vielleicht sollten sie in diesem Jahr daheim bleiben. Auch vor dem TV können sie ihre Unterstützung zeigen. Corona betrifft alle Sportarten, auch den Radsport – und es ist noch nicht überstanden. Wir alle sollten die vorgegebenen Regeln befolgen, zueinander schauen und sich selber Sorge tragen.»
Das sagt Fabian Cancellara über die Schweizer Tour-Starter
Stefan Küng (26, Team Groupama-FDJ): «Er wird die grosse Helferrolle haben. Und ich hoffe, dass er seine Freiheiten bekommt. Seit der WM-Bronzemedaille ist er nochmals stärker geworden, auch im Kopf. Er hat gute Möglichkeiten, mit einer Fluchtgruppe etwas zu holen. Aber letztlich wird die Stallorder des Teams entscheiden.»
Marc Hirschi (22, Team Sunweb): «Es ist seine erste Grand-Tour überhaupt, ein riesiges Abenteuer. Bei den letzten zwei Dauphiné-Tagen hat er gezeigt, dass etwas geht. Gleichzeitig wird er keinen grossen Druck haben. Es geht darum, den nächsten Schritt zu machen – er kann seinen Körper an eine dreiwöchige Rundfahrt gewöhnen. Er sammelt Erfahrung, das ist das A und O.»
Sébastien Reichenbach (31, Team Groupama-FDJ): «Ein wichtiger, erfahrener Helfer mit dem Schweizer Meistertrikot. Er wird ein wichtiger Mann für das Team sein.»
Michael Schär (33, Team CCC): «Michi hat mehr Potenzial, als er denkt. Er nicht nur ein Edelhelfer, sondern auch ein unglaublich guter Mensch. Ich hoffe, dass er mal Unterschlupf in einer Fluchtgruppe findet. Er darf ruhig etwas mehr an sich glauben, denn er ist ein Klasse-Fahrer.»