Stefan Küng leidet, kämpft, verausgabt sich bis zum Letzten. Doch es nützt nichts. Um läppische 17 Hundertstel verpasst der Thurgauer vor Jahresfrist in Alkmaar (Ho) eine EM-Medaille. Platz 4. Nur Platz 4 in diesem Fall. Brutal: Zu Silber fehlten auch nur zwei und zu Gold 21 Sekunden. «Es zählen nur die Medaillen. Und die habe ich verpasst», sagt Küng nach dem Rennen. Und heute? Da bietet ihm sich die Chance zur Revanche. Nach der Absage der Heim-WM in Aigle/Martigny entschloss er sich kurzfristig, die EM in Plouay (Fr) ins Rennprogramm aufzunehmen. Am Montag gilt es ernst.
Und siehe da: Es spricht vieles dafür, dass Küng besser abschneidet. Er steuer eine neue Zeitfahrmaschine, an deren Entwicklung er massgeblich beteiligt war. Innovativ dabei sind vor allem die Scheibenbremsen, die ein späteres Bremsen vor den Kurven ermöglichen – ein grosser Vorteil. «Sie fühlt sich gut an», so Küng. Mit dem neuen Rad gewann er bereits die Schweizer Zeitfahrmeisterschaft. Doch das ist nicht alles. Küng hat auch an seiner Position auf dem Rad gearbeitet. Dabei ging es für einmal aber nicht um Aerodynamik, wie sonst so oft. Nein, es ging um anderes.
Rückblick. Im Innovationslabor von swissbiomechanics in Einsiedeln SZ lässt sich Küng vor einigen Wochen komplett verkabeln, um auf der Rolle ein Zeitfahren zu simulieren. An 35 Stellen seines Körpers zeigen Reflektoren an, wie sich seine Position im Laufe der Zeit verändert. 24 Infrarot- und zwei normale Kameras filmen alles. «Danach konnte ich am Computer sehen, wie sich mein Skelett verhielt. Es ging vor vor allem um die Stellung der Schultern, der Knie, des Beckens und um die Kreisbewegungen beim Treten. Es geht nicht darum, dass ich ein Bodybuilder werden will», so Küng schmunzelnd.
Das Ziel war letztlich die Suche nach mögliche Verdrehungen im Körper, welche sich bei der Kraftübertragung auf die Pedale nachteilig auswirken können. Analyst Georg Hasselmann: «Durch die vielen Kameras rund um Stefan entstand ein 3D-Bild. Mit dieser Methode ist es möglich, jede noch so kleine Asymmetrie entdecken. Das ist eine neuartige Form, um die Leistung zu optimieren.»
Die Ergebnisse bleiben geheim. Doch Küng, der letzte Saison mit Bronze im WM-Strassenrennen den Turnaround schaffte, ist zufrieden: «Es war spannend. Ich habe die Testergebnisse mit meinem Physiotherapeuten analysiert und die Übungen für die Rumpfstabilität etwas angepasst.»
Solche Analysen erscheinen für Aussenstehende übertrieben. Für Küng sind sie es nicht. Olivier Senn ist Direktor der Tour de Suisse und einer jener Personen, die den Ostschweizer am besten kennen. Er meint: «Stefan ist detailbesessen. Das ist eine seiner grössten Stärken. Es ist seine Überzeugung, dass sich die Arbeit kleinen Dingen lohnt. Er will stets das Maximum herausholen.»
Letztlich ist aber auch Küng klar, dass die Form bei der EM und der bald beginnenden Tour de France (ab 29. August) da sein muss – tolles Velo hin, perfekte Position her. Einer seiner härtesten Gegner ist Victor Campenaerts (28). Der Belgier ist zweifacher Zeitfahr-Europameister und Stundenweltrekordhalter. Hasselmann: «Ich weiss nicht, ob Stefan ihn schlagen wird. Aber ich tippe auf eine Medaille.»
Und dann wäre da noch etwas: Küng hätte er auch nichts dagegen, wenn Göttin Fortuna ihm ein wenig helfen würde – vor einem Jahr in Alkmaar liess sie ihn schliesslich hängen.
Der Kanton Thurgau könnte heute an der Rad-EM in Plouay (Fr) mächtig abräumen. Und zwar in Person von Stefan Küng (26) und Neo-Profi Stefan Bissegger (22). Beide sind Medaillenkandidaten bei den Zeitfahren – Küng in der Elite, Bissegger bei der U23. Dazu kommt die Bernerin Marlen Reusser (28), die im Kampf gegen die Uhr ebenfalls das Podest anstrebt.
Vor allem Küng hat bei seinem Rennen eine Rechnung offen. Warum? Vor Jahresfrist verpasste er als Vierter Edelmetall um läppische 17 Hundertstel, für Silber fehlten zwei und für Gold 21 Sekunden. Nach der Absage der Heim-WM in Aigle/Martigny hatte sich der Profi von Groupama-FDJ entschieden, die EM zu bestreiten. Derweil dürfte Michael Albasini beim EM-Strassenrennen am Mittwoch zum letzten Mal überhaupt das Nati-Trikot überstreifen. Der 39-Jährige tritt nach dieser Saison zurück.
Der Kanton Thurgau könnte heute an der Rad-EM in Plouay (Fr) mächtig abräumen. Und zwar in Person von Stefan Küng (26) und Neo-Profi Stefan Bissegger (22). Beide sind Medaillenkandidaten bei den Zeitfahren – Küng in der Elite, Bissegger bei der U23. Dazu kommt die Bernerin Marlen Reusser (28), die im Kampf gegen die Uhr ebenfalls das Podest anstrebt.
Vor allem Küng hat bei seinem Rennen eine Rechnung offen. Warum? Vor Jahresfrist verpasste er als Vierter Edelmetall um läppische 17 Hundertstel, für Silber fehlten zwei und für Gold 21 Sekunden. Nach der Absage der Heim-WM in Aigle/Martigny hatte sich der Profi von Groupama-FDJ entschieden, die EM zu bestreiten. Derweil dürfte Michael Albasini beim EM-Strassenrennen am Mittwoch zum letzten Mal überhaupt das Nati-Trikot überstreifen. Der 39-Jährige tritt nach dieser Saison zurück.