Australier schreibt Geschichte
So tickt Giro-Sieger Hindley

Sein Vorname wird «Dschai» ausgesprochen. Und auch sein Nachnamen sagt Rad-Fans wenig. Wie hat es Jai Hindley bloss geschafft, den Giro 2022 zu gewinnen?
Publiziert: 30.05.2022 um 12:15 Uhr
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Aktualisiert: 30.05.2022 um 15:52 Uhr
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Der erste australische Giro-Sieger: Jai Hindley. Er verteidigt sein Trikot im Zeitfahren sicher.
Foto: Getty Images
Mathias Germann

Rosa ist die Farbe, die Jai Hindley (26) die Welt bedeutet. Er gewinnt als erster Australier den Giro d’Italia. Im traditionellen Trikot des Besten winkt er vom obersten Giro-Podest. «Ich kam hierher, um Geschichte zu schreiben. Es hat geklappt, unglaublich.»

Dabei wird Hindley während der drei Wochen oft als Langweiler bezeichnet. Warum? Weil er den lange führenden Richard Carapaz (28, Equ) nicht angreift. Dabei stockt der Motor der «Lokomotive aus Carchi», wie Carapaz oft genannt wird, immer wieder mal.

Doch Hindley, der leidenschaftliche Musik-Fan («Ich mag Hip-Hop der 90er»), bleibt ruhig. Und schlägt in der zweitletzten Etappe mit enormer Wucht zu. Sein Antritt am Passo Fedaia ist so hart, dass Carapaz kapitulieren muss. Der Olympiasieger aus Ecuador wird gedemütigt. Hindleys Stern dagegen leuchtet endlich. Beim abschliessenden Zeitfahren verteidigt er das Trikot locker.

Hindley durfte zwei Jahre nicht nach Hause

Bleibt die Frage: Ist Hindleys Giro-Sieg eine Sensation? Nein, das ist er nicht. Bereits 2020 wurde er Zweiter, damals verlor er die Maglia Rosa am letzten Tag. Dennoch zählte er nicht zu den Top-Favoriten. Kein Wunder, brachte Hindley doch in den letzten eineinhalb Jahren kaum ein Bein vors andere. Er war oft verletzt und krank. «Ich wollte allen Leuten beweisen, dass ich keine Eintagesfliege bin – das hatten viele behauptet. Aber ich schaffte es nicht. Es war frustrierend.»

Was dazu kam: Wegen des harten australischen Lockdowns durfte Hindley fast zwei Jahre lang nicht zurück zu seiner Familie. Und auch in seinem Haus im spanischen Girona war er zuweilen gefangen – wegen des Lockdowns, auch hier. Das schlug auf die Psyche.

Diese Zeiten sind vorbei. Der 60-Kilo-Bergfloh («als Kind spielte ich Rugby – es war nicht mein Sport») meinte kürzlich, dass Radfahren mehr als ein Job oder ein Hobby sei. «Es ist alles. Und ich werde dafür noch bezahlt. Viel besser kann es nicht sein», so Hindley.

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