Aufarbeitung von Fall Flückiger gefordert
Mountainbike-Stars trauen den Dopingjägern nicht mehr

Der Fall Mathias Flückiger sorgt für Unsicherheit unter Schweizer Mountainbike-Profis. Marcel Guerrini spricht offen über seine Furcht vor Dopingproben und das verlorene Vertrauen in die Swiss Sport Integrity. Auch Jolanda Neff äussert sich klipp und klar.
Publiziert: 29.10.2024 um 01:08 Uhr
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Aktualisiert: 30.10.2024 um 09:11 Uhr
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Marcel Guerrini fährt im Team von Mathias Flückigers Bruder Lukas und sagt: «Ich fürchte mich vor jeder Dopingprobe.»
Foto: keystone-sda.ch

Auf einen Blick

  • Mountainbike-Profis fürchten sich vor Dopingproben nach Flückiger-Fall
  • Guerrini spricht von Trauma und wird Vegetarier zur Risikominimierung
  • Guerrinis letzte Dopingprobe liegt sieben Wochen ohne Ergebnis zurück
Die künstliche Intelligenz von Blick lernt noch und macht vielleicht Fehler.
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Matthias DubachLeiter Reporter-Pool Blick Sport

Zwar ist die Mountainbike-Saison zu Ende. Doch die Schweizer Weltcup-Fahrerinnen und -Fahrer beschäftigen sich dieser Tage mehr mit ihrem Sport, als ihnen lieb wäre. Der Grund: Was der nun abgeschlossene Dopingverdachtsfall rund um Olympia-Silbergewinner Mathias Flückiger (36) für ihren konkreten Alltag als Profisportler bedeutet, dämmert dem Fahrerfeld immer mehr.

«Ich fürchte mich vor jeder Dopingprobe.», schreibt Weltcup-Fahrer Marcel Guerrini (30) in einem aussergewöhnlich offenen Instagram-Post: «Ich fühle mich jedes Mal machtlos und unsicher, selbst wenn du weisst: Ich habe zu 100% nichts falsch gemacht.»

Guerrini belastet das Warten auf das Ergebnis einer Probe

Was der direkte Konkurrent von Flückiger, die beiden haben im Frühling bis zum letzten Meter um das Olympia-Ticket für Paris 2024 gekämpft, damit meint: Seit immer mehr die Erkenntnis reifte, dass Flückiger aufgrund einer schwer erklärbaren Fehlerkette bei den Dopingjägern von Swiss Sport Integrity (SSI) und beim Verband Swiss Cycling zu Unrecht an den Pranger gestellt wurde, ist eine grosse Unsicherheit da. Was, wenn die Brandmarkung demnächst mich unschuldig trifft?

Blick erreicht Guerrini auf den Malediven. Der Bike-Profi aus Ufhusen LU schildert, dass er das Gefühl der Ungewissheit um seine letzte Dopingprobe mit in die Ferien genommen habe. «Sie ist schon sieben Wochen her. Ein Ergebnis liegt noch immer nicht vor. Ich muss immer wieder daran denken. Es ist eine mentale Belastung.» Das Vertrauen in die Institution SSI ist weg.

Guerrini, dessen Teamchef beim Bixs-Rennstall Flückigers Bruder Lukas ist, redet sogar von einem Trauma: «Ich bin traumatisiert von der Art und Weise, wie es bei Math (Mathias Flückiger, d. Red.) abgelaufen ist und denke immer an die Ungewissheit, was wohl mit meiner Urinprobe passiert. Ich zittere dann wochenlang jeden Tag, bis das Ergebnis der Probe vorliegt. Das kann doch nicht sein!» Guerrini ist mittlerweile zum Vegetarier geworden. Nicht nur, aber auch deshalb, um das Risiko von mit Dopingstoffen kontaminiertem Fleisch zu vermeiden.

Olympiasiegerin Neff stellt Kompetenz der SSI infrage

Mit Jolanda Neff (31) äusserte sich auch die prominenteste Mountainbike-Frau der Schweiz öffentlich. In einer Instagram-Story ruft Neff auf, dass sich die SSI «die unzähligen, eigenen Fehler eingesteht und sich bei Math öffentlich entschuldigt. Für alle Athleten und alle Sportfans wirft das Verhalten dieser Organisation und der beteiligten Personen dringende Fragen nach deren Kompetenz und Tragbarkeit in einer derart wichtigen Position auf.»

Guerrini und Neff wollen sich wieder auf die SSI verlassen können. Die St. Galler Olympiasiegerin stand bereits kurz nach der Publikation des Flückiger-Falls offen zum Berner und sagte öffentlich, dass sie an seine Unschuld glaube.

Guerrini ergänzt gegenüber Blick: «Stand jetzt ist niemand schuld. Ich erwarte, dass alle involvierten Parteien Massnahmen ergreifen. Es braucht Transparenz, was alles falsch lief.» Auch deshalb hat sich der dreifache Weltcup-Podestfahrer zum Social-Media-Post entschlossen: «Ich will für meine Werte einstehen. Auch öffentlich.» Der Druck aus der Athletenseite wird grösser. Ob sich die SSI davon beeindrucken lässt?

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