Rosa, eine Farbe für Helden. Beim Giro d’Italia träumen die Stars der Rad-Szene ab Samstag von der Maglia Rosa, dem Leadertrikot der Rundfahrt. Auch Stefan Küng (29). Ihm winkt eine historische Chance: Sollte der Thurgauer das Auftaktzeitfahren von Fossacesia Marina nach Ortona (19,6 Kilometer) gewinnen, wäre er der erste Radgenosse seit 25 Jahren, der das begehrte Trikot erhält. «Das ist mein grosses Ziel», sagt er.
Alex Zülle (54) ist fest davon überzeugt, dass es Küng schaffen kann. «Ostschweizer halten schliesslich zusammen», so der Zeitfahr-Weltmeister von 1996 schmunzelnd. «Spass beiseite. Stefan hat eine gute Klassiker-Saison gefahren und gehört zum engsten Favoritenkreis. Er macht auf mich einen sehr ruhigen, fokussierten Ausdruck und kann es schaffen.»
«Stefan ist ruhiger geworden»
Der heutige Fitness-Coach und Velo-Guide in Italien und Spanien war 1998 der letzte Schweizer Führende beim Giro. Im Prolog über 7 Kilometer in Nizza fuhr der St. Galler im Schnitt 53 km/h. Er erhielt die Maglia Rosa und trug sie bis zur 16. Etappe – dann brach er in den Bergen ein. «Wir haben das Trikot zu lange verteidigt, das hat extrem Energie gekostet. Nach zwei Wochen war ich kaputt», so Zülle. Am Ende wurde er 14. in der Gesamtwertung.
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Diese Gefahr besteht für Küng nicht, er fährt nicht fürs Gesamtklassement. «Ich weiss, wie hart Stefan trainiert – er wohnt schliesslich in der Gegend. Vor allem aber habe ich das Gefühl, dass er ruhiger geworden ist. Das ist vor so einem Highlight enorm wichtig, weil stets die Gefahr droht, dass man überpowert.»
Zülle wünscht sich einen Nachfolger
Fast die ganze Zeitfahrstrecke am Samstag führt bolzengerade an der adriatischen Küste entlang. Ein kleiner Nachteil für Küng und ein Vorteil für Italien-Star Filippo Ganna (26), der immer noch viel auf der Bahn fährt? Auf dem Papier schon. Allerdings gibt Küng Mut, dass er bei seinem einzigen Kampf gegen die Uhr in diesem Jahr Ganna bei der Algarve-Rundfahrt im Februar distanzierte. «Ich kann alle schlagen», so der Familienvater.
Daran glaubt auch Zülle: «Es würde mich riesig freuen, wenn ich endlich einen Nachfolger als Träger der Maglia Rosa hätte. Ich drücke Stefan am Samstag jedenfalls fest die Daumen!»