Übrigens – die Blick-Kolumne
Die Schlammkönige der Nation

Christoph und Andreas Hüsser feiern ihren 70. Geburtstag. Die Zwillinge gewannen als Motocross-Gespann zwei WM-Titel. Die Kolumne von Reporter Felix Bingesser.
Publiziert: 11.02.2024 um 17:01 Uhr
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Aktualisiert: 11.02.2024 um 17:05 Uhr
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Christoph (l.) und Andreas Hüsser waren im Motocross 1988 und 1989 Seitenwagen-Weltmeister.
Foto: FBI
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Felix BingesserReporter Sport

Die eineiigen Zwillinge Christoph und Andreas Hüsser sind in der Hochblüte des Motocross-Sports die Schlammkönige des Landes und feiern als Gespann in den Achtzigerjahren zwei WM-Titel in Serie. Jetzt sind die beiden Aargauer Haudegen 70 Jahre alt.

Der Beginn ihrer Geschichte ist nicht romantisch. «Wir waren keine Wunschkinder», sagt Christoph, der zwanzig Minuten jünger ist als sein Bruder. Ihre Mutter bringt die beiden Buben nach der Geburt auf den kleinen Bauernhof im aargauischen Stetten, wo Christoph und Andreas bei den Grosseltern aufwachsen. «Wir hatten saubere Kleider und genug zu essen. Es hat uns an nichts gefehlt», sagt Christoph.

Schon als Schulkinder packen sie mit an. Mit dem Grossvater frühmorgens das Gras mähen, dann die Kühe melken und in den Gummistiefeln in die Schule. «Wenn Heuernte war, dann hat man zwei Kühe vor den Wagen gespannt und ist hinaus aufs Feld. Dann war nichts mit Schule», sagt Christoph.

Unweit des grosselterlichen Bauernhofs gibts eine Kiesgrube. Dort wird Motocross gefahren. Christoph hat auf dem Bau schon etwas Geld verdient und kauft sich mit 17 Jahren seinen ersten Cross-Töff. Seine Solokarriere führt ihn in die erweiterte Weltspitze, in Russland fährt er Rennen vor 70'000 Zuschauern. Sein Bruder Andreas wird einer der besten «Plampis», wie man die Passagiere im Seitenwagensport nennt.

Bereits im gesetzten Alter entscheiden sie sich, gemeinsam als Gespann an den Start zu gehen. Sie bauen auf der Wiese der Grosseltern eine Trainingspiste, trainieren einen ganzen Winter pickelhart und steigen 1987 in die WM ein. Das Kontingent der Schweiz ist ausgefüllt, sie starten für Liechtenstein.

Im ersten Jahr werden sie WM-Fünfte, in den beiden Jahren danach werden sie Weltmeister. Bei schlammigen Verhältnissen sind sie eine Klasse für sich. «Wir sind mit unserem Bus und einem zum Wohnmobil umgebauten Anhänger durch ganz Europa gefahren. Es gab tausend Franken Startgage und tausend Franken für jeden Laufsieg. Nach den WM-Läufen in Holland oder Tschechien oder Deutschland ging es sofort zurück, damit wir am Montag um sechs Uhr wieder bei der Arbeit waren.»

Vor ihnen und nach ihnen haben auch Bollhalder/Büsser, Bächtold/Fuss und zuletzt Fuhrer/Käser bei den Seitenwagen für Furore und ein goldenes Zeitalter im Motocross gesorgt.

Zum Ende ihrer Karriere organisieren sie Rennen in ihrer Heimat. Als ein Österreicher auf dem Renngelände Christoph Hüsser den Tipp gibt, mit mobilen Toiletten könne man wohl Geld verdienen, ist seine Geschäftsidee geboren. Weit mehr als 1000 Hüsser-WCs stehen mittlerweile auf Baustellen und Festplätzen in der Nordwestschweiz. Irgendwie ist er dem Schlamm treu geblieben.

Die Hüsser-Buben haben es zu sportlichem Erfolg und Wohlstand gebracht. Mit Fleiss und Durchsetzungsvermögen, mit eisernem Willen, der nicht zuletzt auf die entbehrungsreiche Jugend zurückzuführen ist.

Was sich in all den Jahren nicht geändert hat, ist die tiefe Verbundenheit zueinander. «Wenn Andreas krank ist, dann spüre ich das. Dann brauche ich ihn nicht mal anzurufen», sagt Christoph. Und zuckt mit den Schultern. «So ist das halt, bei eineiigen Zwillingen.»

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