Bei Rücktritten von Sportlern fliessen oft Tränen. Sie aber wirken gefasst!
Tom Lüthi: Es ist ja noch nicht vorbei. Es kommen noch sieben Rennen, die ich voll motiviert anpacke. Der Ehrgeiz ist da, möglichst gute Resultate zu holen. Beim letzten Rennen in Valencia werde ich dann sicher traurig sein, es wird emotional werden.
Wann haben Sie sich zum Rücktritt nach 19 Jahren im GP-Sport entschieden?
Nach dem Rennen in Spielberg letzten Sonntag.
Also nach dem besten Ergebnis dieser Saison?
Es musste einfach eine Entscheidung her. Für mich, für mein Team und für die Leute, die bei meiner beruflichen Zukunft involviert sind. Es war mir wichtig, dass ich es selber bestimmen konnte.
Blicken Sie mit Stolz auf ihre Karriere mit dem WM-Titel als erst dritter Schweizer Solo-Töff-Pilot?
Der WM-Titel ist und bleibt das Highlight. Ich kann mit meiner Karriere wirklich zufrieden sein, als Schweizer ist sowas nicht selbstverständlich. Stolz bin ich auch auf die jüngere Vergangenheit, in der Moto2 war ich jahrelang konstant vorne und habe aktuelle MotoGP-Fahrer besiegen können.
Mit dem Tod ihres Rennfahrerkollegen Jason Dupasquier hat der Rücktritt nichts zu tun?
Überhaupt nicht. Das war für seine Familie und auch für mich ein extremer Schicksalsschlag, aber der Rücktritt ist ein separates Thema.
Wie sehr werden Sie das Adrenalin vermissen?
Das werde ich erst nächstes Jahr wissen. Aber ich werde weiterhin Motorrad fahren, einfach keine Rennen mehr.
Eigentlich hätten sie auch für 2022 einen Vertrag gehabt.
Es war ein sportlicher Entscheid, jetzt aufzuhören. Wie es auch Valentino Rossi bei seinem Rücktritt sagte: Am Ende brauchst du einfach die entsprechenden Resultate, um weiter dabei zu sein. Mein Anspruch war immer, um Siege zu kämpfen. Ich bin nicht der Typ Rennfahrer, der einfach ein bisschen mitfährt. Dann höre ich lieber auf. Und ich darf aufhören, ich bin ja alt genug.
Apropos Rossi. Er wird nun nach dem Rücktritt Vater, seine Freundin ist schwanger. Ein Plan, den Sie kopieren wollen?
(lacht) Nein, da kann ich keine Angaben machen. Auch eine Hochzeit ist nicht geplant, falls das ihre nächste Frage ist.
Bleiben wir zumindest bei der Familie ihrer Freundin Noelle Dettwiler. Sie werden künftig Manager ihres Bruders Noah. Warum?
Mit der Freundin hat es nichts zu tun, Noah ist ein grosses Schweizer Talent und hat das bereits bewiesen. Ich will mithelfen, dass auch künftig Schweizer Fahrer in der WM dabei sind. Bevor ich in die WM kam, gab es ein riesiges Loch. Es wäre sehr traurig, wenn der Schweizer Töff-Sport wieder in der Anonymität versinkt.
Ihr Hauptjob ist aber Sportchef im deutschen Prüstel-Team in der Moto3-WM. Bringen Sie Dettwiler dort unter?
Er ist eher für das Prüstel-Juniorteam ein Thema. Was alles mein neuer Job genau beinhaltet, wird erst noch geklärt. Aber ich werde mich sicher um die Piloten des Teams kümmern, sie auf ihrem Weg begleiten und meine Erfahrung einbringen. Ich freue mich, weiterhin im Fahrerlager dabei zu sein.
Werden sie auch im neuen Job Weltklasse sein?
(schmunzelt) Ich war immer mutig. Nun gehe ich auch mutig ins neue Berufsleben rein. Ich kenne das Business. Aber mir ist bewusst, dass es kein Selbstläufer wird und ich viel lernen muss.