War da ein harziger Saisonstart? Jedenfalls ist davon im 200-Meter-Rennen nichts zu sehen. Mujinga Kambundji (31) macht an der EM in Rom Kambundji-Dinge! Sie läuft einmal mehr an einem Grossanlass zu Höchstform auf und zur grandiosen Titelverteidigung. Die Bernerin ist die erste Schweizer Leichtathletin überhaupt mit mehr als einer EM-Goldmedaille. Selbst Kugelstoss-Legende Werner Günthör (63) besitzt keine zwei.
Fast schon normal ist hingegen, dass die Familie Kambundji mehrfach abräumt. Wie vor zwei Jahren in München gibts auch in Rom für beide Schwestern Medaillen: Hürdensprinterin Ditaji (22) holt am Samstag Silber, nun legt die zehn Jahre ältere Mujinga mit Gold nach. Status quo? Nicht ganz. Denn Ditaji ist längst nicht mehr nur die kleine Schwester der etablierten Mujinga. Sie hat sich in zwei Jahren enorm entwickelt und selbst in der Weltspitze etabliert. Böse Zungen könnten sogar behaupten, in Rom habe man eher von Ditaji als von Mujinga eine Medaille erwarten können.
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«Wir stehen uns sehr nahe»
Doch jetzt haben die schnellsten Schwestern der Schweiz beide völlig überzeugt. Und beide haben auch gegenseitig Anteil am Erfolg der anderen: Denn die Schwestern sind ein fast unzertrennliches Duo und trainieren auch gemeinsam. «Wir können viel voneinander profitieren und lernen voneinander», sagt die neue, alte 200-Meter-Europameisterin kürzlich, «es ist auf jeden Fall cool, im Training nicht alleine zu sein. Es ist schön, zu sehen, dass sie Fortschritte macht.»
Es gibt Familien, in denen Geschwister mit zehn Jahren Altersunterschied sich wegen des Abstands von einer halben Generation nicht viel zu sagen haben. Ganz anders bei den Kambundjis. «Wir sind beste Freundinnen», sagt Mujinga. «Wir stehen uns trotz Altersunterschied sehr nahe», sagt Ditaji. Die Silber-Heldin ist die jüngste von vier Schwestern, Mujinga ist die Zweitälteste.
Olympia mit der Familie auf der Tribüne
Es liegt aber in der Natur der Sache, dass es eher die Jüngere ist, die die Ältere bei Leichtathletik-Fragen um Rat fragt und nicht umgekehrt. «Sie kommt eher auf mich zu», bestätigt Mujinga, «doch sie soll und muss auch ihren eigenen Weg gehen.»
Jetzt warten auf die schnellen Schwestern in Paris die zweiten gemeinsamen Olympischen Spiele. Doch die Ersten mit ihrer Familie auf der Tribüne. Der familieninterne Fanklub um Mutter Ruth und Vater Safuka ist nun auch in Rom dabei – doch Tokio 2021 fand wegen Corona ohne Fans statt. «Alle Flüge waren schon gebucht», erinnert sich Ditaji. Nun reicht eine Zugfahrt, um erstmals beide Schwestern olympisch im Einsatz zu sehen.