Ihren Halbfinal übersteht Mujinga Kambundji, ohne zu zittern. Doch dann droht die Bernerin den 100-Meter-Final an der EM in Rom dennoch zu verpassen. Der Final wird wegen eines Fehlstarts abgebrochen, die Systeme machen Kambundji als Verursacherin aus, auch die TV-Kamera nimmt sie bereits ins Bild.
«Als die Kamera auf mir war, machte ich mich schon bereit, um zu protestieren», sagt Kambundji nach dem Rennen, das sie auf Rang 8 beendet – und dennoch zufrieden ist. Dazu später mehr. Denn zuerst zittert die Bernerin, ob sie tatsächlich wegen Fehlstarts disqualifiziert wird. «Ich wusste, dass ich nicht zu früh dran war.» Schon am Vortag gab es einige Irritationen im Stadio Olimpico mit vermeintlichen Fehlstarts. Auch Kambundjis Fall bleibt rätselhaft. Die Jury belässt es bei einer Verwarnung, sie ist beim zweiten Startversuch wieder ganz normal dabei.
Persönliche Saisonbestleistung im Halbfinal
«Fehlstarts nehmen einem immer etwas den Fokus, besonders wenn man selber betroffen ist», sagt die Olympia-Finalistin in der Königsdisziplin. Ganz so gut wie im ersten Versuch kommt sie nicht weg, danach auf der Bahn mischt die Schweizerin nicht im Medaillenkampf mit. 11,15 Sekunden, das Duell mit Amy Hunt auf Rang 7 verliert sie um fünf Tausendstelsekunden. Aber in ihren zehnten EM-Final in Serie (!) ist Kambundji dank Saisonbestleistung (11,09 Sekunden) eingezogen. Endlich gehen die Zeiten in die Richtung, die sich die Bernerin wünscht.
Kambundji: «Es war ein harziger Saisonstart, bis heute hat nie alles zusammengepasst. Jetzt passte es. Noch ist nicht alles super, aber darauf kann ich aufbauen.»
Sie verzichtete in dieser Olympia-Saison auf die Hallen-Wettbewerbe, stieg stattdessen früh in die Diamond-League-Serie ein. Doch das gute Gefühl, das fand sie weder bei den beiden Rennen in China noch in Marrakesch. Jetzt aber in Rom. «Ich bin mit einer Ungewissheit hierher gekommen. Ich konnte nicht einschätzen, was ich in Rom leisten kann. Jetzt bin ich froh, dass erstmals alles passte, und trotz des achten Rangs zufrieden.»
Vor zwei Jahren in München sprintete die Schweizerin noch zu Silber – und über 200 Meter zu Gold. In den Stadionkatakomben versichert Kambundji, dass sie zur Titelverteidigung antreten werde (Halbfinal und Final am Dienstag). «Dort beginnt es bei null. Doch das 100-Meter-Rennen gibt mir nun neue Zuversicht.»