Eine Familie, zwei Schwestern, drei Medaillen: Die Kambundjis sind die schnellste Familie Europas.
Ein EM-Märchen, für dessen letztes Kapitel Ditaji Kambundji (20) besorgt ist. Die jüngere Schwester von 200-m-Europameisterin Mujinga Kambundji (30) sprintet am Sonntagabend über 100 m Hürden zu Bronze und macht den Medaillensatz der Familie komplett. «Es war klar, dass sie um die Medaillen laufen kann», sagt Mujinga, die neben EM-Gold über 100 m Silber holte, am Montagmittag am Telefon. Die beiden sind schon wieder auf dem Weg zurück in die Schweiz, bereits am Freitag geht es in Lausanne in der Diamond League weiter.
Dann werden beide im Einsatz stehen. Am Sonntag waren die Rollen für einmal vertauscht: Während Ditaji jahrelang mit Familie und Freunden an die grossen Rennen mitreiste, ist es diesmal Mujinga, die auf der Tribüne mitfiebert. «2018 bei der EM in Berlin habe ich mir gedacht: ‹Ich hoffe, ich kann das auch einmal erleben›», sagt Ditaji. Vier Jahre später ist es so weit. «Ein riesiges Erlebnis.»
Mujingas Einfluss und der grosse Moment
Was sie auch im bisher grössten Erfolg ihrer Karriere betont: Den Einfluss von Mujinga. «Ich habe ihr sehr viel zu verdanken», sagt sie. «Wenn du drei ältere Schwestern hast, die dich überallhin mitnehmen, kriegst du viel mit», sagt die grosse Schwester. «Nicht nur im Sport. Darum war sie früher schon ein bisschen reifer als andere. Mittlerweile ist sie längst nicht mehr die Kleine.»
Im Gegenteil: Mit gerade mal 20 Jahren trumpft sie im Hürden-Final auf. «Dass sie in diesem grossen Moment so reüssieren kann, sagt viel über sie aus», sagt ihr Coach Adrian Rothenbühler. «Das ist eine grosse Leistung.»
Die Bruchteile nach dem Zieleinlauf sind Ditaji immer noch präsent: «Ich habe mich voll reingestreckt und gedacht: ‹Vielleicht reichts, ah nein, wohl nicht.› Die Wartezeit kam mir ewig lang vor. Als ich meinen Namen auf Platz 3 gesehen habe, dachte ich nur noch ‹Oh Gott! Hoffentlich ändern sie das nicht mehr.›»
Ein neues Level ist diese Saison noch möglich
Die Schritte, die sie in den letzten Monaten gemacht hat, sind augenfällig. Weit weg scheinen die Stürze an der U20-WM und der Hallen-WM. Rothenbühler: «Sie ist jetzt deutlich stabiler.» Was für Kambundji, persönliche Bestzeit 12,70 Sekunden, im restlichen Saisonverlauf möglich ist? «Ich wünsche ihr, dass sie jetzt noch mindestens ein schönes Rennen erwischt: Ein lauer Sommerabend, guter Rückenwind und Vollgas. Dann kann sie noch einmal ein neues Level erreichen.»
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Der Jubel im Kambundji-Block wäre wohl ähnlich gross wie am Sonntagabend. Oder? «Dass wir als Familie einen ganzen Medaillensatz gewonnen haben, freut meine Eltern sicher», sagt Ditaji. «Aber die haben sich auch riesig gefreut, wenn ich mit zehn Jahren irgendwo auf dem Land in einem Sprintfinal ein gutes Resultat gemacht habe.»