Nur weil er zu Bronze geflogen ist, hebt er noch lange nicht ab. «Ruf einfach an», heisst es, als wir Weitsprung-Überflieger Simon Ehammer (22) zum WM-Interview bitten. Der Appenzeller ist gerade mit Freundin Tatjana Meklau (22) im Auto unterwegs, als Blick ihn auf dem Handy erreicht. Die Skicrosserin hört über die Freisprech-Anlage mit – und wird sich ab und zu ebenfalls einschalten.
Simon Ehammer, vor der WM haben Sie für Blick mit einem Adler posiert. In Eugene gabs dann Bronze im Weitsprung. Haben Sie sich das Fliegen beim Adler abgeschaut?
Simon Ehammer: Nein, ich bin ja auch schon weiter geflogen als an der WM (8,16 m, d. Red.). Beim Adler habe ich mir eher den kühlen, stechenden Blick abgeguckt (lacht). Ohne Scherz: Der Adler war schon als Kind immer mein Lieblingstier. Wenn ich gefragt wurde, welches Tier ich gerne wäre, war meine Antwort immer: «Adler!» Und als halber Tiroler habe ich mit dem Wappentier dieses Bundeslandes seit Geburt schon viel zu tun. Darum war das Shooting mit dem Adler sehr inspirierend für mich.
Fliegen Sie gerne?
Ja, vor allem, wenn es um den Weitsprung geht. Aber auch sonst, ich möchte in meinem Leben gerne noch etwas von der Welt sehen. Da wird schon noch der eine oder andere Flug dazukommen.
Der Zehnkämpfer aus dem Appenzell startet 2022 so richtig durch. Erst gibts an der Hallen-WM in Belgrad Siebenkampf-Silber. Im Mai bläst er in Götzis (Ö) zur Rekordjagd: Sein Monster-Satz auf 8,45 m im Weitsprung ist neuer Schweizer Rekord und bis heute der weiteste Sprung des Jahres weltweit. Zudem stellt Ehammer in Götzis einen neuen Zehnkampf-Schweizer-Rekord auf (8377 Punkte). An der WM in den USA holt er im Weitsprung Bronze, als erster Schweizer Mann seit Viktor Röthlin 2007 gelingt ihm ein Medaillengewinn. Nächstes Ziel für den zweifachen Junioren-Europameister (U23: Weitsprung; U19: Mehrkampf, dazu U20-WM-Bronze im Mehrkampf): Die EM in München im August, wo Ehammer im Zehnkampf antreten wird.
Der Zehnkämpfer aus dem Appenzell startet 2022 so richtig durch. Erst gibts an der Hallen-WM in Belgrad Siebenkampf-Silber. Im Mai bläst er in Götzis (Ö) zur Rekordjagd: Sein Monster-Satz auf 8,45 m im Weitsprung ist neuer Schweizer Rekord und bis heute der weiteste Sprung des Jahres weltweit. Zudem stellt Ehammer in Götzis einen neuen Zehnkampf-Schweizer-Rekord auf (8377 Punkte). An der WM in den USA holt er im Weitsprung Bronze, als erster Schweizer Mann seit Viktor Röthlin 2007 gelingt ihm ein Medaillengewinn. Nächstes Ziel für den zweifachen Junioren-Europameister (U23: Weitsprung; U19: Mehrkampf, dazu U20-WM-Bronze im Mehrkampf): Die EM in München im August, wo Ehammer im Zehnkampf antreten wird.
Für viele Passagiere ist Fliegen in diesen Tagen kein grosser Genuss. Wie war eigentlich Ihr Flug nach Hause?
Ich habe extrem Glück gehabt. Mein erster Flug von Portland nach Chicago war extrem angenehm, nach drei Stunden Aufenthalt folgte der Flug über den Atlantik. Da hatten andere Kollegen wie Sprinter William Reais viel mehr Pech, er hat für die Reise von Eugene nach Zürich mehr als 48 Stunden gebraucht. Zum Glück ist er ein Typ, der solche Sachen locker nehmen kann, aber das war sicher nicht mehr witzig.
Was macht der Jetlag?
Der ist schon weg! Der Dienstag war hart. Da musste mich meine Freundin Tatjana mehrmals mit ein paar Spritzern aus der Wasserflasche wecken, ich musste schliesslich bis abends wach bleiben, um am nächsten Tag wieder ins Training einsteigen zu können.
Mit der Wasserflasche?
Ehammers Freundin Tatjana Meklau hört auf der Freisprech-Anlage im Auto mit und schaltet sich ein.
Meklau:(Lacht.) Ich musste ein paar Mal eingreifen, weil er eingenickt war.
Ehammer: Aber es hat funktioniert, am Mittwoch gings schon besser. Jetzt bin ich wieder voll im Training.
Sie gelten in der Schweizer Leichtathletik als Überflieger. Setzt Sie das unter Druck?
Es erfüllt mich mit Stolz. Klar sind die Erwartungen hoch. Von mir, aber auch von aussen, das ist der Lohn dafür, dass ich bereits gute Leistungen zeigen konnte. Ich freue mich, dass ich diese erfüllen konnte und dass ich Schweizer Leichtathletik-Geschichte schreiben konnte.
Sie sind seit Viktor Röthlin 2007 der erste Schweizer Mann, der eine WM-Medaille nach Hause bringt.
Das ist verrückt. Besonders schön war zu sehen, wie gross die Freude von Viktor war, dass ich das geschafft habe. Er war beim TV als Experte dabei, als ich ins Studio kam, da haben wir uns kurz unterhalten. Er hat sich aufrichtig für mich gefreut. Jetzt will ich einfach weiter im Überflieger-Modus bleiben.
Was bedeutet das?
Ich habe einfach einen Lauf. Es ist im Moment für mich wirklich wie Fliegen. Ich will das so weiterziehen, solange es geht, mit dieser Lockerheit. Das ist ein tolles Gefühl, es macht ein bisschen süchtig. Und es gibt einen angenehmen Nebeneffekt, mit der WM-Medaille habe ich etwas Druck weggenommen für München. Ich kann jetzt ein bisschen entspannter an die EM fahren.
Im ersten Moment waren Sie mit Ihrer WM-Weite nicht zufrieden.
Mittlerweile ist es für mich okay. Sie ist ja nicht schlecht: 8,16 m wäre der zweitbeste Sprung eines Schweizers jemals gewesen, wenn es meine beiden Sätze auf 8,45 und 8,30 dieses Jahr nicht gegeben hätte. Dazu waren die Bedingungen schwierig. Alle zwölf Final-Athleten hatten eine Saisonbestleistung von mehr als 8,15, nur die beiden vor mir sind deutlich darüber hinausgesprungen. Ich bin also zufrieden.
Apropos Fliegen: Viele Sportler machen irgendwann den Pilotenschein. Sie auch?
Das glaube ich nicht. Mein Fokus liegt dafür viel zu stark auf dem Sport. Wenn ich Zeit habe, gehe ich lieber auf die Ski.
Wie Ihre Freundin, die Skicrosserin?
Ich bin sofort dabei, so einen Skicross-Kurs mal zu fahren. Bei Tatjana weiss ich, dass ihre Bretter gut laufen, von daher würde ich den Sprung beim Ziel auch packen. Wie die Landung dann aussieht, das ist eine andere Frage.
Meklau: (Lacht.)
Wie war es eigentlich für Sie, Tatjana, aus der Ferne mitzufiebern?
Meklau: Wir haben die Nacht durchgemacht. Mit Simons Schwester, seinem besten Freund und zwei Trainingskollegen haben wir uns daheim einen gemütlichen Abend gemacht, mit Snacks und Spielen, bis es irgendwann 3.20 Uhr war. Da ist es teilweise schon lautstark zu und her gegangen. Wir hatten ja schliesslich auch etwas zu jubeln. Und ich habe mich sehr gefreut, dass ich Simon nach allen Medienterminen und der Doping-Kontrolle um 6 Uhr früh noch ans Telefon bekommen habe.
Jetzt sind Sie beide wieder vereint.
Ehammer: Na ja, am Sonntag fahre ich schon wieder ins Kurz-Trainingslager nach Stuttgart. Am Mittwoch komme ich zurück, dann gehts am Sonntag wieder ins Trainingslager nach St. Moritz. Von daher sehen wir uns nicht so oft, wie wir gerne würden. Ich habe es gerne, wenn sie im Training dabei ist. Sie ist wichtig für mich und unterstützt mich bei allem, was ich leisten kann.
Meklau: Wenn er sich freut, freue ich mich mit ihm, wenn es nicht so läuft, kriege ich es manchmal ab. Das ist umgekehrt aber auch so. Ich habe das Gefühl, dass es ihm guttut. Aber das Wichtigste ist, dass es für ihn passt. Ich hoffe, das bleibt so (lacht).
Wie viel Weitsprung trainieren Sie noch bis zur EM, Simon?
Ich glaube gar nicht mehr.
Sie machen keinen einzigen Satz mehr?
Vielleicht gibts noch einmal ein Training in St. Moritz oder eins in Teufen in der Woche vor München. Aber der Fokus liegt jetzt auf den anderen Zehnkampf-Disziplinen.