Vom abgestürzten Jugendlichen zum WM-Helden
Aufgepasst auf diesen Siebe-Ziyech

Strassenfussballer Hakim Ziyech ist als Teenager abgestürzt und auf der Strasse gelandet. Nun führte er Marokko sensationell in den WM-Viertelfinal.
Publiziert: 10.12.2022 um 13:04 Uhr
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Aktualisiert: 10.12.2022 um 14:15 Uhr
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Hakim Ziyech, bei Chelsea nur Ersatz, ist mit Marokko in Katar überragend.
Foto: Getty Images
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Michael WegmannStv. Fussballchef

Erst Platz 1 in der Gruppe mit Kroatien, Belgien und Kanada – und nun Spanien, den heissen Titelfavoriten, aus dem Turnier gekegelt. Marokko überrascht in Katar die ganze Fussball-Welt.

Angeführt wird das Land von einem «Siebe-Siech»! Hakim Ziyech (29), Edel-Reservist bei Chelsea, Dickschädel, Trickser, Freigeist, Reizfigur. Mit seinen Füssen verzaubert er, mit seiner Art eckt er an. Immer wieder mal gern bei Trainern, Klubs und Fans. «Ich sage, was ich denke», sagte er einst der holländischen Zeitung «De Volkskrant», «schwierige Typen setzen sich meistens durch. Die Ja-Sager schaffen es nicht.»

Das jüngste von neun Kindern einer marokkanischen Einwanderer-Familie in der holländischen Stadt Dronten hats geschafft. Dass er das Kicken auf der Strasse lernte, sieht man. Instinkt und Technik sind seine Waffen geblieben.

«Ich gab einen Scheiss auf diese Welt»

Dabei wäre dieser wunderbare Kicker dem Fussball fast entglitten. Als Zehnjähriger verliert er seinen Vater. «Es war kurz nach Weihnachten», erzählte Ziyech im «Algemeen Dagblad», «mein Vater lag sehr krank im Wohnzimmer. Ich wollte bei ihm bleiben, ging erst um Mitternacht ins Bett. Stunden später hörte ich meine Familie weinen. Da war mein Vater tot.»

Den Verlust spürt er erst Jahre später, als er bei den Junioren von Heerenveen spielt und andere Väter sieht, wie sie mit ihren Kindern mitfiebern. Der Teenager gerät auf die schiefe Bahn. «Ich gab einen Scheiss auf diese Welt. Ich ging nicht mehr zur Schule. Fussball interessierte mich nicht mehr. Ich war total verloren.» Er soll in dieser Zeit Drogen konsumiert, viel geraucht und getrunken haben. Mit Hilfe seiner Jugendtrainer und Aziz Doufikar, dem ersten marokkanischen Fussballprofi in Holland und Ziyechs Mentor, findet der Hochbegabte zurück auf den Fussballplatz.

Zyech: Lieber Marokko als Holland

Mit 19 debütiert er bei den Profis von Heerenveen. Weil ihn danach aber Trainer und Hollands Fussball-Ikone Marco Van Basten wieder in den Nachwuchs schickte, legte er sich mit ihm an. «Van Basten ist ein grosser Name, aber kein Top-Trainer …», sagt Ziyech als 20-Jähriger.

Über Twente Enschede wechselt Ziyech 2016 zu Ajax Amsterdam. Da hat er endlich die Mitspieler, die er sich wünscht. Ajax gewinnt 2019 das Double und stösst in der Champions League bis ins Halbfinale vor. Dass er sich 2015 für Marokko und gegen Holland entscheidet, kommt nicht überall gut an. Van Basten wettert: «Wie kann man so blöd sein und Marokko Holland vorziehen?» Ziyech spricht von einem Herz-Entscheid.

Dennoch hätte Ziyech fast diese WM verpasst. Denn Anfang Jahr verzofft er sich mit Marokkos Nationaltrainer Vahid Halilhodzic. Doch weil im August der Bosnier durch Walid Regragui ersetzt wird, kehrt der begnadete Linksfuss für die WM zurück.

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