Der Griff in den Schritt. Eine Geste, die in den letzten Tagen die Gemüter erhitzte. Ausgeführt von Nati-Captain Granit Xhaka. Er zeigte sie der Serbien-Bank während des entscheidenden Gruppenspiels um den WM-Achtelfinaleinzug am letzten Freitag.
Auch im Kosovo wirft die Aktion hohe Wellen. Die kosovarische Feministin Zana Avdiu kritisiert dort den Nati-Captain scharf. «Granit Xhakas Akt ist eine Schande. Ein Akt eines Strassenjungen», schreibt sie in einem Facebook-Post.
«Geste symbolisiert sexuellen Übergriff»
Kurz nach der Veröffentlichung dieser Worte tritt Avdiu am Sonntagabend in einer Sport-Talkshow des privaten kosovarischen Senders T7 auf. Dort macht Zana Avdiu in einer sonst reinen Männerrunde nochmals klar, was sie von Xhakas Aktion hält. Die Diskussion wird hitzig. Immer wieder wird Avdiu unterbrochen. «Was sagt das über unsere Gesellschaft aus, wenn wir eine solche Geste abfeiern?», fragt sie. «Als allererstes verstehst du die Emotionen eines Fussballers nicht», lautet die Antwort. Zudem verstehe sie die Geste halt einfach nicht. Avdiu erwidert: «Ich erkläre es euch: Die Geste von Granit Xhaka symbolisiert einen sexuellen Übergriff.»
Dann meldet sich Ragip Xhaka, Granits Vater, zu Wort. Per Telefon wird er live zugeschaltet. Er ist emotional und wütet gegen die Feministin, spricht sie nur in der dritten Person an: «Wenn sie Granit Xhaka einen Strassenjungen nennt, dann ist das eine grosse Schande! Die Frau, die in dieser Sendung sitzt und weder eine Ahnung von Sport, Emotionen, noch dem Albanertum hat.»
Ragip Xhaka geht auf die Provokationen ein, denen sein Sohn ausgesetzt war: «Diese Menschen beleidigen seine Mutter, seine Ehefrau und seine Kinder, machen etliche Gesten, skandieren ‹Tötet die Albaner!›, ‹Kosovo ist Serbien!› und sie nennt Granit einen Strassenjungen.»
Das albanische Wort, das Avdiu benutzte, um Granit Xhaka als Strassenjunge zu bezeichnen, habe eine sehr negative Konnotation, erklärt Watson. «Die Bezeichnung steht für einen Jungen, der kein fürsorgliches Elternhaus hat und auf den Strassen rumlungert», heisst es.
«Du kennst die Familie Xhaka nicht»
Dies ist wohl der Grund dafür, warum sich Ragip Xhaka kaum beruhigen kann. Er redet sich weiter in Rage: «Die Familie Xhaka hat sich nie ergeben und ergibt sich nicht. Granits Geste war weder politisch noch sexistisch. Granit ist Granit. Er hat diese Geste nicht gemacht, um jemanden zu beleidigen.» Zudem setze sich sein Sohn im Kosovo für Frauen ein, so Papa Xhaka weiter. «Er setzt seine Karriere aufs Spiel und sagt der Welt, wer unsere albanischen Mütter, Schwestern und Kinder vergewaltigt hat – über 20'000 Opfer.» Gemäss Watson meint er hier Vergewaltigungsopfer des Kosovokrieges.
Watson hat den Wortlaut der Sendung professionell transkribiert und zitiert Papa Xhaka so: «Ich warne sie noch einmal: Sie soll aufpassen, was sie über die Familie Xhaka schreibt.» Avdiu bleibt unbeeindruckt: «Sonst passiert was?», fragt sie zurück. Xhaka antwortet mit irritierenden Worten: «Ich erzähle dir nachher, was passiert. Du wirst dich in jeder Hinsicht verantworten müssen. Aber wenn es so weit ist, wird es schon zu spät sein, das garantiere ich dir mit meinem Leben. Denn du kennst die Familie Xhaka nicht.»
Die Familie und das Management von Granit Xhaka wollten zum Talkshow-Auftritt des Vaters auf Anfrage von Blick keine Stellung nehmen. Laut Informationen aus dem Umfeld prüft die Familie Xhaka rechtliche Schritte gegen Zana Avdiu. (mam)