«Weltfremd und diskriminierend»
Nur drei Super-League-Klubs wollen Gratisgeld vom Bund

Juhui, es gibt Gratisgeld! Wo der normale Reflex ein Jubelschrei sein müsste, ist das Gegenteil eingetreten: Grosse Skepsis. Nur drei Super-League-Klubs haben A-fonds-perdu-Beiträge angefordert. Warum?
Publiziert: 10.02.2021 um 13:09 Uhr
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Aktualisiert: 02.04.2021 um 17:16 Uhr
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Nur drei Super-League-Klubs wollen von Schweizer Staatsgeldern profitieren: Der FCZ, Basel und Sion.
Foto: Urs Lindt/freshfocus
Alain Kunz

Der FCZ, Basel und der FC Sion. Nur gerade drei von neun Superligisten – Vaduz kann als Klub aus dem Liechtenstein nicht von Schweizer Staatsgeldern profitieren – haben die Eingabe gemacht, um für das erste Corona-Jahr 2020, konkret für die wegfallenden Einnahmen vom 29. Oktober bis 31. Dezember, entschädigt zu werden.

Nachdem der Bund – auf Druck der Vereine - erkannt hat, dass Sportorganisationen mit Darlehen nicht nachhaltig geholfen werden kann (solche hatte kein einziger Klub beantragt!), hat er das Mitte November geändert und Gratisgeld in Aussicht gestellt. Dies allerdings an Bedingungen geknüpft, welche sich als teils nicht erfüllbar herausgestellt haben. Vor allem die Senkung der Löhne ist eine für viele Vereine realitätsfremde Forderung.

Schäfer: «Alle zehn Klubs haben Schäden»

In der Botschaft zur Änderung des Covid-19-Gestzes heisst es: «Die (…) Klubs haben Löhne und weitere Entschädigungen von Mitarbeitenden, die den Höchstbetrag des versicherten Verdienstes nach UVG (148'200 Franken) übersteigen, zu senken. Die Senkung erfolgt auf diesen Höchstbetrag oder um mindestens 20 Prozent. Das angepasste Lohnniveau ist nach der Senkung für fünf Jahre aufrechtzuerhalten. Basis bilden die jeweiligen Gehälter, wie sie in der Saison 2018/2019 ausgerichtet worden sind. Die Klubs haben daher die ausgerichteten Löhne und weiteren Entschädigungen offenzulegen.»

«Wenn man diese Hürden anschaut, ist das keine Überraschung, dass nur drei die Gelder beantragt haben», sagt Liga-CEO-Claudius Schäfer auf SRF. Und weiter: «Schade, denn eigentlich wären diese Gelder ja da, um die Schäden im Bereich Ticketing zu decken, und diese Schäden haben alle zehn Klubs. Nicht bloss die drei, die beantragt haben.»

Greuel: «Weltfremde und diskrimierende Lösung»

Die Lohnreduktion ist für YB-CEO Wanja Greuel der Hauptgrund, weshalb es für den Meister nicht möglich sei, Bundesgelder zu beantragen: «Diese Lösung ist keine Lösung. Wir haben in den letzten Jahren wirtschaftlich und vernünftig gearbeitet. Unsere Löhne sind auf einem marktgerechten Niveau. Eine Senkung wäre rechtlich nicht umsetzbar. Das ist eine weltfremde und diskriminierende Lösung.» Mit der Pandemie verliert YB, das 2018/19 fast 26'000 Fans im Schnitt hatte, einen zweistelligen Millionenbetrag. In den beiden letzten Jahren vor der Krise hatte die Schweizer Nummer eins 17 (2018) respektive 21 (2019) Millionen Franken Gewinn erwirtschaftet. Erschwerend kommt für YB hinzu, dass die Spieler vor allem deshalb sehr gut verdienten, weil die Prämien für internationale Erfolge hoch sind. Im Gegensatz zu den Grundlöhnen. Doch die Prämien spielen für die Bemessung der Bundesgelder keine Rolle. YB müsste also seine nicht allzu hohen Grundlöhne massiv senken. Das versteht Greuel unter «diskriminierend».

Hüppi: «Die Auflagen könnten existenzbedrohend werden»

Ähnlich tönt es beim FC St. Gallen. Die Espen haben bislang keine Beiträge beantragt. Allerdings schliesst Präsident Matthias Hüppi nicht aus, diese Strategie für die zweite Tranche für die Monate Januar bis März 2021 zu ändern. «Das werden wir aber zuerst mit unseren Aktionären besprechen. Wir versuchen beim FCSG weiter alles, um aus eigener Kraft durch diese schwierige Zeit zu kommen.» Der Gründe sind klar: Nur wenige Spieler verdienen in der Ostschweiz mehr als 148’00 Franken. Das sind die Leistungsträger und deren Löhne müssten nun um 20 Prozent gekürzt werden. «Wenn wir dies nun tun, besteht die Gefahr, dass die Schlüsselfiguren gehen, wir so an Konkurrenzfähigkeit verlieren und vielleicht in unserer Existenz bedroht werden», so Hüppi Mitte Januar im Tages-Anzeiger. Kommt hinzu, dass diese Löhne fünf Jahre lang eingefroren bleiben, es also auch bei grossem sportlichem Erfolg keine Lohnerhöhungen geben kann.

Die Haltung der Klubs versteht die Politik nicht: «Wir haben genau das gemacht, was die Klubs und die Ligen wollten. Jetzt rufen immer noch ein paar aus. Dafür habe ich wenig Verständnis», sagt zum Beispiel SP-Nationalrat Mathias Aebischer, der an der Ausarbeitung des Gesetzesentwurf mitgewirkt hat, gegenüber SRF. Man habe sich in diesen politischen Prozess wohl einbringen können, kontert Schäfer, «aber wir haben nicht alles erreichen können, was wir wollten. Die Lohnreduktion zum Beispiel haben wir immer in Frage gestellt. Denn nun sieht man den Nachteil, nämlich das gewisse Klubs da runterfallen.»

CC hat eigens Spieler verscherbelt

Doch warum konnten drei Klubs dennoch Bundesgelder beantragen?

  • Beim FCB ist dies möglich, weil die Basler ihre horrende Lohnsumme von über 50 Millionen Franken (YB: 33), die sie 2019 noch auswiesen, weshalb sie 20 Millionen Verlust machten, bereits vor Covid-19 nachhaltig zu senken begonnen haben. Sie erfüllen also die Voraussetzungen zum Bezug von Bundesgeldern quasi hausgemacht.
  • FCZ-Präsident Ancillo Canepa zeigt in schwierigen Zeiten Humor: «Wir können die Fixkosten wie auch die Personalkosten, die zum grössten Teil weiter anfallen, nicht mit Schoggitalern finanzieren. Auch sind unsere Debitoren teilweise mit ihrer Zahlung uns gegenüber im Verzug. Mit den A-fonds-perdu-Beiträgen kann der finanzielle Schaden teilweise kompensiert werden. Wir haben den Antrag auch gestellt, weil wir die Auflagen erfüllen.»
  • Und Sion? Präsident Christian Constantin hat die Lohnsumme mit dem Abgeben zweier Grossverdiener kurz vor Deadline am 31. Januar drastisch senken und die Auflagen erfüllen können: «Ich habe geschwitzt, aber es hat geklappt, indem ich Yassin Fortune an Angers verkaufen und Raphael nach Polen ausleihen konnte. Ich bin froh um die Beiträge, aber die Verordnung muss zwingend nachgebessert und gelockert werden.»

Österreich kennt keine Lohnreduktionen

Das ist auch genau das, was alle Klubs erwarten. Auch damit man zu Verhältnissen wie in Österreich kommt, wo ausser Gigant Red Bull Salzburg alle (der zwölf) Bundesligisten Staatsgelder erhalten haben – ohne Lohnreduktionen!

«Sieben von zehn Klubs verzichten auf Geldgeschenke. Dann ist doch offensichtlich etwas falsch am Mechanismus», schliesst Greuel. Immerhin: FDP-Nationalrat Christian Wasserfallen tönt an, dass man Lösungen finden müsse, sollten diese Kriterien derzeit nicht konkret angewendet werden können. Es besteht also Hoffnung. Und, ja: Österreich ist in Europa die Nummer 10. Wir die 17 …

Wie der FC Vaduz vorgeht

Dem FC Vaduz stehen die À-fonds-perdu-Beiträge des Bundes als Vertreter aus dem Fürstentum Liechtenstein nicht zur Verfügung. Wie verhält sich der Klub in der momentanen Situation? Das Super-League-Schlusslicht lässt gegenüber BLICK ausrichten: «Aktuell prüft der FC Vaduz mit dem Amt für Sport in Liechtenstein die Möglichkeiten von einem ähnlichen Konzept auf Basis des Schweizer Modells. Danach wird der FC Vaduz die Situation beurteilen und entscheiden, ob man entsprechende Unterstützungsgelder beantragen wird. Dies hängt natürlich auch von den entsprechenden Rahmenbedingungen ab.»

Dem FC Vaduz stehen die À-fonds-perdu-Beiträge des Bundes als Vertreter aus dem Fürstentum Liechtenstein nicht zur Verfügung. Wie verhält sich der Klub in der momentanen Situation? Das Super-League-Schlusslicht lässt gegenüber BLICK ausrichten: «Aktuell prüft der FC Vaduz mit dem Amt für Sport in Liechtenstein die Möglichkeiten von einem ähnlichen Konzept auf Basis des Schweizer Modells. Danach wird der FC Vaduz die Situation beurteilen und entscheiden, ob man entsprechende Unterstützungsgelder beantragen wird. Dies hängt natürlich auch von den entsprechenden Rahmenbedingungen ab.»

Im Eishockey verzichtet nur Lausanne auf Bundesgelder

Im Gegensatz zum Fussball haben im Eishockey elf von zwölf NL-Klubs den Antrag auf A-fonds-perdu-Gelder gestellt. Nur Lausanne verzichtet. Die Waadtländer wollen mit den Milliardären Zdenek Bakala und Gregory Finger im Rücken ihre Vorwärtsstrategie weiterverfolgen, obwohl deren Statthalter Petr Svoboda zuletzt gegenüber der NZZ erklärte, dass man in dieser Saison einen Verlust von über 12 Millionen Franken einfahren werde.

Auch die NL-Klubs sind nicht einverstanden mit den Bedingungen der Bundesgelder. Im Gegensatz zum Fussball ist das Problem nicht, dass man die Löhne über 148 200 Franken während fünf Jahren um 20 Prozent senken muss. Schliesslich strebt die Liga bei den Reformplänen grossmehrheitlich eine Lohnsenkung an und plant eine Regulierung (Financial Fairplay). Problematisch ist aber, dass nicht die Summe, sondern der Schnitt dieser Löhne gesenkt werden muss, was angesichts bestehender Verträge nahezu unmöglich ist.

So kommt es auch zu bizarren Modellen: Wer einen Grossverdiener durch einen Spieler ersetzt, der weniger als 148 200 Franken jährlich verdient, kann damit den Schnitt höchstens minim verringern, da der Neue wegen des tiefen Lohness gar nicht für die Errechnung des Durchschnitts zählt.

Dennoch haben die elf Klubs A-fonds-perdu-Gelder vorerst beantragt. In der Hoffnung, dass das Parlament in der Frühlingssession noch einmal Korrekturen am Covid-Gesetz anbringt.

Falls sich das nicht realisieren lässt und die Klubs die Bedingungen nicht erfüllen können, müssten sie da Geld zurückzahlen.
Je nach Klub und dessen Zuschaueraufkommmen in der Saison 2018/19 gibt es pro Heimspiel ohne Zuschauer schätzungsweise zwischen 60 000 und 200 000 Franken. (Stephan Roth)

Im Gegensatz zum Fussball haben im Eishockey elf von zwölf NL-Klubs den Antrag auf A-fonds-perdu-Gelder gestellt. Nur Lausanne verzichtet. Die Waadtländer wollen mit den Milliardären Zdenek Bakala und Gregory Finger im Rücken ihre Vorwärtsstrategie weiterverfolgen, obwohl deren Statthalter Petr Svoboda zuletzt gegenüber der NZZ erklärte, dass man in dieser Saison einen Verlust von über 12 Millionen Franken einfahren werde.

Auch die NL-Klubs sind nicht einverstanden mit den Bedingungen der Bundesgelder. Im Gegensatz zum Fussball ist das Problem nicht, dass man die Löhne über 148 200 Franken während fünf Jahren um 20 Prozent senken muss. Schliesslich strebt die Liga bei den Reformplänen grossmehrheitlich eine Lohnsenkung an und plant eine Regulierung (Financial Fairplay). Problematisch ist aber, dass nicht die Summe, sondern der Schnitt dieser Löhne gesenkt werden muss, was angesichts bestehender Verträge nahezu unmöglich ist.

So kommt es auch zu bizarren Modellen: Wer einen Grossverdiener durch einen Spieler ersetzt, der weniger als 148 200 Franken jährlich verdient, kann damit den Schnitt höchstens minim verringern, da der Neue wegen des tiefen Lohness gar nicht für die Errechnung des Durchschnitts zählt.

Dennoch haben die elf Klubs A-fonds-perdu-Gelder vorerst beantragt. In der Hoffnung, dass das Parlament in der Frühlingssession noch einmal Korrekturen am Covid-Gesetz anbringt.

Falls sich das nicht realisieren lässt und die Klubs die Bedingungen nicht erfüllen können, müssten sie da Geld zurückzahlen.
Je nach Klub und dessen Zuschaueraufkommmen in der Saison 2018/19 gibt es pro Heimspiel ohne Zuschauer schätzungsweise zwischen 60 000 und 200 000 Franken. (Stephan Roth)

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