Auf einen Blick
Blick: Stéphane Henchoz, der Enthusiasmus rund um Lausanne-Sport ist riesig. Wie nimmt der Sportchef diese erstaunliche Entwicklung wahr?
Stéphane Henchoz: Dass es die letzten zwei Monate der Vorrunde derart gut funktionierte, hat auch uns überrascht. Allerdings war der Saisonstart auch überraschend – in die andere Richtung.
Kein Wunder, wenn man in vier Spielen zwölf Tore kassiert. Das ist der Schnitt eines Absteigers.
Drei Gegentore pro Spiel. So holt man keine Punkte. Wir haben die Spieler für die Defensivarbeit sensibilisiert, ihnen klargemacht, dass es so nicht weitergehen kann, und hart daran gearbeitet, stabiler zu stehen. Das hat geklappt. Danach haben wir weniger als ein Gegentor im Schnitt kassiert.
Stéphane Henchoz wird am 1. September 1974 in Billens-Hennens FR geboren. Er beginnt mit dem Fussball beim FC Fétigny FR. Über Gruyère FR und Bulle FR kommt er zu Xamax, wo der Innenverteidiger den Durchbruch schafft, was ihm einen Vertrag beim HSV ermöglicht. Danach gehts zu Blackburn und 1997 zu Liverpool. Mit den Reds hat er eine überragende Saison. 2000/01 gewinnen sie alles ausser der Meisterschaft: Uefa-Cup, europäischer Supercup, FA-Cup, Ligacup, englischer Supercup. 2005 kommt die Champions League hinzu. So wird er am Mersey zur Legende, macht 205 Spiele. Danach verlässt er die Reds, geht zu Celtic Glasgow, Wigan und zum Karriereende nochmals zu Blackburn. Für die Nati läuft Henchoz 72 Mal auf, nimmt an der EM 1996 und 2004 teil. Als Trainer hat er weniger Glück. Er startet bei Bulle, trainiert zwei Mal Xamax und ganz kurz auch den FC Sion. Zwei Jahre lang ist er Scout für Olympique Lyon, bevor er 2023 zu Lausanne geht. Zuerst als Sportkoordinator; seit letztem Sommer ist er Sportchef.
Stéphane Henchoz wird am 1. September 1974 in Billens-Hennens FR geboren. Er beginnt mit dem Fussball beim FC Fétigny FR. Über Gruyère FR und Bulle FR kommt er zu Xamax, wo der Innenverteidiger den Durchbruch schafft, was ihm einen Vertrag beim HSV ermöglicht. Danach gehts zu Blackburn und 1997 zu Liverpool. Mit den Reds hat er eine überragende Saison. 2000/01 gewinnen sie alles ausser der Meisterschaft: Uefa-Cup, europäischer Supercup, FA-Cup, Ligacup, englischer Supercup. 2005 kommt die Champions League hinzu. So wird er am Mersey zur Legende, macht 205 Spiele. Danach verlässt er die Reds, geht zu Celtic Glasgow, Wigan und zum Karriereende nochmals zu Blackburn. Für die Nati läuft Henchoz 72 Mal auf, nimmt an der EM 1996 und 2004 teil. Als Trainer hat er weniger Glück. Er startet bei Bulle, trainiert zwei Mal Xamax und ganz kurz auch den FC Sion. Zwei Jahre lang ist er Scout für Olympique Lyon, bevor er 2023 zu Lausanne geht. Zuerst als Sportkoordinator; seit letztem Sommer ist er Sportchef.
Was ist da passiert, dass es plötzlich klick gemacht hat? Man spricht von einer Henchoz-Brandrede.
Nach der Niederlage gegen Zürich, als wir bei drei Punkten aus vier Spielen standen, waren wir eine Niederlage vom letzten Tabellenplatz entfernt. Weil sich die Spieler zu wenig einbrachten. Da musste ich den Spielern und dem Staff bewusst machen, dass wir mehr machen müssen, damit die Details auf unsere Seite kippen. Wir haben ein schönes Leben in der Schweiz. Gerade hier in Lausanne, mit dem See. Das Salär ist an jedem 25. pünktlich auf dem Konto. Der mediale Druck ist überschaubar. Und im Stadion sind keine 60'000, die dich auspfeifen, wenn du verlierst. Wenn wir vor unseren 5000, 6000 Fans schlecht spielen, geht das Leben unverändert weiter. Da ist es menschlich, in die Komfortzone zu fallen. Ich habe ihnen zu verstehen gegeben, dass wir diese sofort verlassen müssen.
Und dann gabs dieses 1:1 im Wankdorf gegen YB.
Das war ein sehr gutes Spiel von uns. Die erste Halbzeit gar exzellent. Darauf haben wir aufbauen können. Und das Team begann zu realisieren, dass wir jede Mannschaft schlagen können und dass wir selbst in Lugano gewinnen können.
Nun ist Lausanne einen Punkt vom Platz an der Sonne entfernt ...
Ja, ja. Ein Punkt von der Leaderposition entfernt. Aber auch nur vier Punkte über dem Strich. Das sind zwei Niederlagen – und du bist am Strich. Deshalb sprechen wir nicht vom Titel. Wir bleiben bei unserem ursprünglichen Ziel: Top 6. So wie wir auch nach dem miserablen Start daran festgehalten haben. Vier Plätze über dem Strich sind nämlich für Basel, YB, Lugano und Servette reserviert. Das ist für mich fix. Also schlagen sich Luzern, Zürich, St. Gallen, Sion und wir um die beiden verbliebenen Plätze.
Und das wird ein Gemetzel.
Das wird ein harter Fight. Alle fünf Teams werden alles unternehmen, um in den Top 6 zu sein. Bei uns wird die grosse Frage sein: Können wir die Dynamik der zweiten Vorrundenhälfte beibehalten? Das ist eine echte Reifeprüfung.
Was nach wie vor nicht gelingt: Die Fans für euch zu mobilisieren.
Klar hätten wir gerne mehr Zuschauer. Gegen den FCZ zum Beispiel hätten wir nach vier Heimsiegen in Serie gerne mehr als 7000 Fans gehabt. Es ist in Lausanne nach wie vor keine Gewohnheit, ins Stadion zu gehen. Anders als in St. Gallen, Basel oder Bern. Handkehrum darf es auch nicht verwundern, wenn man sieht, wie lange wir auf einen Titel warten. Dazu gabs zwei Abstiege. Einen Konkurs. Die Gewohnheit, Lausanne-Sport als Wochenendunterhaltung schauen zu gehen, ist verloren gegangen.
Und dann ist da noch die Konkurrenz von National-League-Spitzenreiter HC Lausanne.
Die Konkurrenz durch das Eishockey ist stark, ja. Die gibts in vielen Städten wie Basel, St. Gallen, Luzern und Sion nicht. Und der HC Lausanne war zuletzt auch erfolgreicher als wir.
Welchen Anteil am Höhenflug hat der Sportchef? Immerhin sind Sie erst seit dieser Saison im Amt. Und es ist bisher die beste von Lausanne seit Jahrzehnten.
Schwierig zu sagen. Ich verstehe mich mit Trainer Ludovic Magnin sehr gut. Ich versuche, ihm zur Hand zu gehen. Das klappt vielleicht auch dank meiner eigenen Erfahrung recht gut. Ich war Spieler unter anderem in einem grossen Klub wie Liverpool. Ich war Assistenztrainer. Ich war Coach. Ich war im Scouting eines grossen Klubs wie Lyon. Am Ende habe ich versucht, eine kompetitive Mannschaft auf die Beine zu stellen.
Welche Ihrer Transfers hat Sie besonders befriedigt?
Teddy Okou ist in Luzern nicht auf Touren gekommen. Bei uns schon. Alban Ajdini, der von Stade-Lausanne-Ouchy kam, hat seine Spielminuten, macht seine Tore. Und dann gibts jene, von denen wir wussten, dass sie Zeit brauchen würden, wie Koba Koindredi, der von Sporting Lissabon kam. Für Kevin Mouanga, der von Annecy kam, und Konrad de la Fuente von Marseille gilt dasselbe. Wir hoffen, dass die in der zweiten Saisonhälfte durchstarten werden.
Kommt noch jemand?
Das Primärziel ist es, das Team zusammenzuhalten. Auf der einen oder anderen Position könnten wir uns aber verbessern. Zumal Simone Pafundi zu Udinese zurückgekehrt ist.
Da ist natürlich vor allem ein Name zu nennen: Alvyn Sanches, den viele Topklubs auf dem Radar haben.
Unser Wunsch ist es, dass er bis Ende Saison bleibt, um dann den richtigen Transfer zu machen.
Der Spieler selber und sein Agent sagen dasselbe.
Das ist so. Es ist sein Wunsch. Es wäre das Beste für alle. Aber ein Klub wie Lausanne muss Spieler verkaufen, um das Budget im Griff zu haben. Auch wenn wir potente Klubbesitzer haben. Wenn das richtige Angebot hereinschneit, kann es sehr schnell gehen. Allen Beteuerungen zum Trotz. Wenn ein Spieler plötzlich konkret den Namen eines grossen Klubs sieht, der ihn sofort will, kann sich der Wunsch schnell ändern. Bis zum internationalen Transferschluss am 31. Januar werden wir nicht superruhig schlafen können.
Stand heute liegt diese Offerte aber nicht auf dem Tisch.
Sagen wir es so: Es sind sehr viele Interessenten vorhanden, die den Preis des Spielers kennen. Was sie aber nicht wirklich abschreckt.
Das Portal Transfermarkt schätzt diesen auf neun Millionen, womit er der teuerste Super-League-Spieler ist. Das wird wohl das absolute Minimum sein.
Im Sommer lag der Preis bei vier, fünf Millionen. Danach hat Alvyn richtig Gas gegeben. Dies und der Fakt, dass ihn viele Klubs wollen, hat den Preis in die Höhe getrieben.
Er ist also jetzt näher bei zehn als bei fünf.
Klar.
Apropos Geld: Wo liegt das Budget von Lausanne-Sport?
Ich nenne keine Zahlen. Aber YB und Basel haben weit höhere Budgets. Seit einigen Jahren auch Lugano. Renato Steffen ist der bestbezahlte Spieler der Liga nach Xherdan Shaqiri. Lugano kann Transfers machen, die für uns nicht drinliegen. Auch Servette zahlt weit höhere Saläre als wir. Wir sind im Mittelfeld. Im Bereich von St. Gallen, Luzern und Sion. Sechs bis zehn Millionen für die 1. Mannschaft.
Man hört immer wieder, dass Ineos das Interesse an Lausanne verlieren könnte.
Ich habe nichts in diese Richtung gehört. Drei Klubs verschiedener Dimension zu besitzen, kann sehr interessant sein. Einen Weltklub wie Manchester United, einen Topverein wie Nizza und eine kleinere Organisation wie Lausanne-Sport eröffnet Optionen zum Spieleraustausch. Unser Besitzer hat keinen Anlass, sich von einem der Klubs zu trennen.
Kann Lausanne auch von ManUtd profitieren?
Ich hoffe es. Auch die Engländer können allenfalls profitieren. Drei Talente der Red Devils haben eine Woche mit uns trainiert, begleitet von einer Delegation aus Manchester. Sie waren positiv überrascht von unserer Arbeit. In jedem Fall kann Lausanne eine Option für Spieler von ManUtd sein, die noch reifen müssen.
Apropos England. Werden Sie beim nächsten Legendenspiel von Liverpool dabei sein?
Im März spielen wir gegen Chelsea. Mal schauen. Wenn ich mich loseisen kann, gehe ich sehr gerne.
Wie stehts denn um Ihre Form, seit Sie «Bürogummi» sind?
Sie ist natürlich nicht auf Topniveau. Das Gewicht habe ich recht gut im Griff. Ich spiele oft Paddel. Das schon lange, bevor das Spiel in der Schweiz ankam. Denn mit 50 ist es hart, Fussball zu spielen …
Wird es 2024 in Liverpool eine Meisterfeier geben?
Ja. Ich habe grosse Lust zu sagen: Ja.
Dann hat sich Intimus Stéphane Henchoz geirrt, als er sagte, Jürgen Klopp sei nicht ersetzbar.
Das hatte ich gedacht und auch gesagt, ja. Als er seinen Rücktritt gab, dachte ich: Okay, wenigstens unter die ersten vier kommen. Und nun sind die Reds Erste mit sechs Punkten Vorsprung. Und das quasi ohne Transfers. Arne Slot macht einen super Job, hat auch die drei Holländer zum Leben erweckt. Das hatte ich niemals erwartet.
Mannschaft | SP | TD | PT | ||
---|---|---|---|---|---|
1 | FC Lugano | 18 | 6 | 31 | |
2 | FC Basel | 18 | 21 | 30 | |
3 | FC Lausanne-Sport | 18 | 9 | 30 | |
4 | FC Luzern | 18 | 3 | 29 | |
5 | Servette FC | 18 | 2 | 29 | |
6 | FC Zürich | 18 | -1 | 27 | |
7 | FC Sion | 18 | 4 | 26 | |
8 | FC St. Gallen | 18 | 6 | 25 | |
9 | BSC Young Boys | 18 | -4 | 23 | |
10 | Yverdon Sport FC | 18 | -12 | 17 | |
11 | Grasshopper Club Zürich | 18 | -10 | 15 | |
12 | FC Winterthur | 18 | -24 | 13 |