Schweizer Ja zur WM in Saudi-Arabien
«Wir geben unsere Zustimmung nur mit einem Aber»

Trotz Sorge um die Lage der Menschenrechte: Der Schweizerische Fussballverband sagt ja zu einer WM in Saudi-Arabien. Und hat eine Forderung.
Publiziert: 10.12.2024 um 10:30 Uhr
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Aktualisiert: 10.12.2024 um 11:04 Uhr
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Der Schweizerische Fussballverband gibt seine Stimme für die WM-Bewerbung von Saudi-Arabien 2034.
Foto: TOTO MARTI

Auf einen Blick

  • Schweizer Fussballverband stimmt für WM in Saudi-Arabien trotz Menschenrechtskritik
  • Dialog statt Boykott: Fussball kann Fortschritte bei Menschenrechten beschleunigen
  • 80'000 Frauen spielen Fussball in Saudi-Arabien, Verband hat 40 Prozent Mitarbeiterinnen
Die künstliche Intelligenz von Blick lernt noch und macht vielleicht Fehler.
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Florian RazReporter Fussball

Blick: Dominique Blanc, es gibt schwere Kritik von Menschenrechtsorganisationen an einer Vergabe der WM nach Saudi-Arabien. Warum stimmt der Schweizerische Fussballverband trotzdem für die Saudis?
Dominique Blanc: Wir haben die Bewerbung und den Bericht der Fifa ohne Vorurteile sehr genau angeschaut. Wir haben uns mit Nichtregierungs-Organisationen, mit dem Eidgenössischen Departement für auswärtige Angelegenheiten und mit dem saudischen Verband ausgetauscht. Wir haben gesehen, dass es gerade im Bereich der Menschenrechte deutliche Kritik an der Ist-Situation gibt. Es gibt aber auch sehr viele Versprechen vonseiten Saudi-Arabiens, sich zu verbessern. Der Fifa-Bericht hat uns Sicherheiten gegeben.

Selbst die Fifa schreibt, «erhebliche Anstrengungen und viel Zeit» seien nötig, damit die Standards bei Menschenrechten erreicht werden.
Menschenrechte sind für uns ein zentraler Punkt. Wichtig ist, dass wir unsere Zustimmung nur mit einem Aber geben. Wir verlangen von der Fifa, dass sie unabhängige Kontroll- und Rekurs-Instanzen einsetzt. Es kann nicht sein, dass sich Saudi-Arabien am Ende selbst kontrolliert. Wir sind bereit, uns auch einzubringen.

Die Schweiz könnte auch ein Zeichen setzen und sich der Stimme enthalten.
Am Ende sind wir ein Sportverband, der über eine Sportveranstaltung entscheidet und keine Nichtregierungsorganisation. Die Fifa verlangt in ihren Statuten, dass Veranstalter Standards bei Menschenrechten einhalten. Wir pochen darauf, dass das auch umgesetzt wird. Dialog statt Boykott. Der Fussball wird die Probleme dieser Welt nicht lösen. Aber ich bin überzeugt, dass er die Fortschritte bei Menschenrechten beschleunigen kann.

Hat das im Fall von Katar 2022 funktioniert?
Schauen Sie, was sich nur schon im Bereich des Arbeitsrechts getan hat: ein Mindestlohn, die Abschaffung des Kafala-Systems, das Arbeitnehmer an ihre Arbeitgeber bindet, bessere Arbeitszeiten. Und eben erst hat die Fifa zusammen mit Katar einen Fonds mit 50 Millionen geschaffen, die für die soziale Entwicklung auch ausserhalb von Katar eingesetzt wird.

Noch immer warten Menschen auf Lohn und Entschädigungen für ihre Arbeit rund um die WM 2022. Das muss Sie enttäuschen: Sie selbst sitzen im Fifa-Unterkomitee, das den Bericht dazu in Auftrag gegeben hat.
Wir erwarten von der Fifa, dass sie einen zusätzlichen Fonds für diese Arbeiter eröffnet.

Der saudische Bericht über die Menschenrechtslage wirkt oft recht vage. Die Rechte der LGBTQI+-Community etwa werden nirgends erwähnt. Frauen sind gesetzlich einem männlichen Vormund unterstellt.
Wir haben das saudische Organisationskomitee direkt gefragt, was mit Lesben und Schwulen geschieht, die die WM besuchen wollen. Es wurde uns gesagt, alle Menschen würden mit einem Lächeln empfangen. Frauen durften bis vor zehn Jahren in Saudi-Arabien nicht einmal in ein Fussballstadion. Heute spielen 80’000 Frauen Fussball. Und der Fussballverband hat 40 Prozent weibliche Mitarbeiterinnen. Wir beim Schweizer Verband kommen nur auf 35.

Lässt sich der Fussball von Saudi-Arabien kaufen? Es gibt ja keine Gegenkandidatur.
Die Endrunden werden abwechselnd an die Kontinentalverbände vergeben. 2034 ist Asien dran. Und dort gab es nur einen Kandidaten.

Aber das war doch ein Taschenspielertrick der Fifa. Die WM 2030 wird an Länder in Südamerika, Afrika und Europa vergeben, damit nur noch Asien übrig bleibt.
In Uruguay war 1930 die erste Fussball-WM der Geschichte, Marokko wollte schon fünfmal die WM und hat sie nie bekommen. Ich würde sagen: gut gespielt.

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