Diese Wohnlage in der Millionenmetropole Dschidda ist unschlagbar. Das Shangri-La-Hotel befindet sich in einem 65 Meter hohen Turm an der Küste zum Roten Meer – direkt daneben liegt der Jeddah Corniche Circuit, die 2021 in nur acht Monaten (!) erbaute Formel-1-Strecke der Stadt. Das Shangri-La gilt als das VIP-Hotel schlechthin. Hier wohnen immer wieder saudische Regierungsvertreter. Und seit dem Sommer auch: Ezgjan «Gjanni» Alioski (31).
Der nordmazedonische Nationalspieler, der in Wünnewil-Flamatt FR aufgewachsen ist und auch den Schweizer Pass besitzt, steht seit 2021 bei Al-Ahli unter Vertrag. Nach der Ausleihe zu Fenerbahce Istanbul in der letzten Saison fand er im Shangri-La eine ständige Bleibe. Alioski lacht bei der Begrüssung in der Lobby und meint: «Kommt mit hoch, da ist es ruhiger.» Kurz darauf öffnet er die Türe zu seiner Suite, hoch oben im Turm. Er wohnt hier in einer Art Apartment, mit drei Zimmern, einem Bad – und einem atemberaubenden Eckbalkon. Wenn er will, hat er Sicht auf die Stadt, in ein paar Schritten sieht er aber auch aufs weite Meer hinaus. Und: direkt auf die Formel-1-Strecke.
Die Stars wohnen alle unter einem Dach
«Klar, es lebt sich angenehm hier», meint der frühere Profi von Schaffhausen, Lugano und Leeds United fast schon verlegen. Der Preis für eine solche Suite bewegt sich für den Normalgast ab 1500 Franken aufwärts.
Fehlen tut es Alioski in diesem Luxusturm an nichts. Es gibt vier Restaurants, Pools, einen Spa-Bereich und (geschlechtergetrennte) Fitnesscenter. Und einsam fühlen muss er sich auch nicht – denn er kennt gefühlt die halbe Hotelbelegung persönlich. Seit die Saudi Pro League (SPL) mit ihrer Transferoffensive begonnen hat, checkt an der Rezeption ein Top-Star nach dem anderen ein. Karim Benzema, Riyad Mahrez, N’Golo Kanté, Fabinho oder Franck Kessié, alle wohnen sie mit Alioski unter einem Dach. Hin und wieder treffe man sich dann zu einem Kaffee oder einem gemeinsamen Abendessen, so Alioski. Er meint: «Manchmal komme ich mir vor wie an einer Fifa-Gala.»
Alioski muss hinten anstehen
Alioski fungiert in Saudi-Arabien oft als Übersetzer. Der Linksverteidiger spricht sieben Sprachen. Neben Deutsch und Mazedonisch auch noch Englisch, Italienisch, Spanisch, Französisch und Albanisch. «Mit Arabisch tue ich mich aber noch schwer», sagt er schmunzelnd.
Mit seinem persönlichen Fahrer kommuniziert er auf Englisch. Derweil er sich mit seinem Trainer (und ebenfalls Nachbar) Matthias Jaissle auf Hochdeutsch unterhält, wenn auch zuletzt nicht nur über erfreuliche Themen.
Denn trotz Millionen-Vertrag und schöner Unterkunft kann Alioski mit seiner sportlichen Situation nicht zufrieden sein. Seit dem Saudi-Kaufrausch im Sommer ist er ein überzähliger Ausländer im Team. Aktuell erhalten nur acht Spieler, die keinen saudischen Pass haben, eine Spielberechtigung. Und da Al-Ahli im Sommer mit Roberto Firmino, Gabri Veiga und Co. im grossen Stil eingekauft hat, bleibt Alioski vorerst aussen vor. Der Linksfuss zeigt einerseits Verständnis, sagt aber auch: «Natürlich bin ich traurig darüber. Wir werden im Winter zusammen mit dem Verein meine Situation neu anschauen.»
«Bei diesen Angeboten ist es schwierig, Nein zu sagen»
Alioski macht klar, dass er gerne in Saudi-Arabien bleiben würde und dass Al-Ahli auch signalisiert habe, ihn behalten zu wollen. Er gibt zu, dass der Lohn selbstverständlich auch eine Rolle spiele: «Bei diesen Angeboten ist es schwierig, Nein zu sagen.»
Sein Vertrag läuft noch bis Sommer 2025, weil ihm der Klub bei seiner Ausleihe zu Fenerbahce entgegengekommen ist und ein Jahr draufgelegt hat. Alioskis Hoffnung ist jetzt, dass die Regularien für Ausländer möglichst schon im Winter angepasst werden. Neun oder zehn Ausländer? Oder gar eine Regelung wie in der Türkei, dass noch mehr Ausländer in der Mannschaft sein dürften, aber immer mindestens drei Einheimische spielen müssten? «Es gibt gerade viele Gerüchte», sagt Alioski.
Klar ist: Tritt eine solche Anpassung in Kraft, würde der Saudi-Kaufrausch ganz sicher eine nächste Stufe erreichen. Als Blick in Riad den Technischen Direktor der SPL, Michael Emenalo, damit konfrontiert, gibt sich dieser bedeckt: «Aktuell fokussieren wir uns darauf, wie die Liga im Moment aussieht.»
Plötzlich ist auch Schweizer Tennis-Ass Stricker da
Trotzdem: Bei den gigantischen Ambitionen der Liga wird eine Aufstockung des Ausländerkontingents früher oder später eingeführt werden müssen. Denn Emenalo sagt auch klipp und klar: «Wir möchten eine wunderbare, konkurrenzfähige, aggressive und unterhaltsame Liga.»
Alioski würde es nicht überraschen, wenn es mit den Regeländerungen plötzlich schnell geht. Bis dahin aber ist er zum Zuschauen verdammt. Auch im gerade anstehenden Auswärtsspiel, das am nächsten Tag eine Flugstunde von Dschidda entfernt in Abha stattfindet.
Alioski fliegt spätabends mit dem Teammanager mit und muss deshalb schon wieder los. Er verabschiedet sich mit einer Empfehlung: «Unten im vierten Stock, da gibts ein gutes chinesisches Restaurant.» Es gehört auch zu Benzemas Lieblingslokalen, wie ein Kellner verrät. Und per Zufall ist es an diesem Abend auch die Wahl von Tennis-Ass Dominic Stricker, der in diesen Tagen während der NextGen-Finals ebenfalls im Shangri-La residiert.