Ronaldo polarisiert in Riad
«Jetzt können wir ihn nicht mehr mögen!»

Er ist das Aushängeschild der Saudi-Transferoffensive. Doch in Riad gehen die Meinungen über Cristiano Ronaldo weit auseinander: Die einen vergöttern ihn, die anderen verspotten ihn. Einig sind sich die Fans nur in einem Punkt.
Publiziert: 10.12.2023 um 12:48 Uhr
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Aktualisiert: 11.12.2023 um 07:57 Uhr
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Was Cristiano Ronaldo hier wohl zu hören bekommt? Der Superstar erfährt in Riad nicht nur Liebe.
Foto: STEFAN BOHRER

Dass Cristiano Ronaldo bei seiner Vorstellung bei Al-Nassr von einer neuen Herausforderung «in Südafrika» statt in Saudi-Arabien sprach, hat man im Wüstenstaat längst vergessen – oder grosszügig überhört.

Ronaldo ist im Land in aller Munde. Egal ob Taxifahrer, Kellner oder Geschäftsmann. Den portugiesischen Superstar lässt keinen kalt. «Er hat hier auf einen Schlag alles geändert. Dank ihm konnten wir die Raketenstiefel anziehen und einfach davondüsen», sagt auch Carlo Nohra, Geschäftsführer der Saudi Pro League (SPL). Sein Bürokollege Michael Emenalo, seinerseits Technischer Direktor der Liga, bezeichnet Ronaldo als «Katalysator» des Mega-Projekts in Saudi-Arabien. Und in der Tat: Auf CR7 folgte eine regelrechte Schwemme an Top-Stars, die in den Mittleren Osten wechselten.

Seit dem 1. Januar steht der 38-Jährige bei Al-Nassr unter Vertrag. 33 Tore in 40 Spielen hat er seither geliefert. Doch in Riad ist die Beziehung zu ihm spezieller als im Rest des Landes: Hier polarisiert er. Die Al-Nassr-Fans lieben, ja vergöttern ihn. Kurz nach seiner Vorstellung waren sämtliche Ronaldo-Trikots vergriffen, Strassenverkäufer berichteten von einem 20-mal so grossen Umsatz als vor der Ankunft des Superstars. «Ronaldo ist der Grösste, der Beste aller Zeiten», sagt der 16-jährige Faisal vor dem Stadtderby gegen Al-Hilal. Sein gleichaltriger Kollege Mishary pflichtet ihm bei.

Wenn man aber Al-Hilal-Anhänger fragt, ist es schnell vorbei mit dem Lobgesang. Mohammed (18) spricht Klartext: «Wir alle mochten Ronaldo davor, doch nun spielt er bei unserem grossen Rivalen: Jetzt können wir ihn nicht mehr mögen! Das ist unmöglich.» Ein vorbeilaufender Fan schreit: «Riad ist blau!» Die Gelben von Al-Nassr verpönen sie, Ronaldo hin oder her. Mohammed erklärt: «Diese Rivalität ist grösser als ein einzelner Spieler.»

Als Ronaldo später fürs Aufwärmen im King Fahd Stadium den Platz betritt, gibts zunächst Pfiffe aus der Al-Hilal-Kurve. Und dann ohrenbetäubend laute «Meeeeeesssi, Meeeeeesssi»-Rufe. Die Al-Hilal-Supporter lassen keinen Zweifel daran, wer in ihren Augen der Grösste aller Zeiten ist. Ronaldo reagiert derweil gelassen. Er lacht und schickt einen Luftkuss in die Kurve. Er nimmts mit Humor.

Wenn es allerdings darum geht, dass die Liga dank Ronaldo einen Aufschwung erlebt, sind sich die Fans in Riad plötzlich wieder einig. Al-Nassr-Anhänger Faisal sagt: «Er macht beste Werbung für uns.» Und Mohammed mit dem blau-weissen Trikot fügt an: «Er ist jetzt Teil der Saudi-Kultur, durch ihn sieht die Welt den Fussball in diesem Land.» Womit der Teenager natürlich recht hat: Immer mehr TV-Stationen aus aller Welt übertragen die Partien der SPL.

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Die Strahlkraft der Saudi Pro League wird immer grösser – TV-Stationen zeigen die Partien auf der ganzen Welt.
Foto: STEFAN BOHRER

Ausserdem ist Ronaldo der grösste Influencer des Landes. 613 Millionen Follower hat der frühere Spieler von Sporting, Manchester United, Real Madrid und Juventus auf Instagram. Ein paar positive Worte über Saudi-Arabien – und der Post geht um den ganzen Globus. Der Beitrag mit dem international umstrittenen, aber im eigenen Land von vielen Jungen geliebten Kronprinzen Mohammed bin Salman bekam über elf Millionen Likes.

Klar, die Saudis lassen sich für ihre berühmten Werbeträger auch nicht lumpen. Gerüchten zufolge verdienen Stars, die etwas Nettes über den Wüstenstaat posten, einen ebenso netten Betrag. Doch die Macht der durch die Ölgeschäfte reich gewordenen Saudis lässt sich am besten am gigantischen Vertrag von Ronaldo ablesen. Für die momentan festgelegten zweieinhalb Jahre soll er eine halbe Milliarde Euro kassieren. 200 Millionen pro Saison.

Einquartiert wurde Ronaldo nach seinem Wechsel nach Riad zunächst im schicken Four-Seasons-Hotel, das sich im spektakulären Kingdom Tower befindet. Dort soll er in der Präsidentensuite gehaust und für seine ganze Entourage insgesamt 17 Zimmer gemietet haben. Kostenpunkt: 280’000 Euro im Monat. Das war zu Beginn des Jahres. Mittlerweile soll er in einem geheimen Resort im Raum Riad leben. Abgeschottet, aber nicht weniger luxuriös. Da überrascht es nicht, hat er für ein paar Messi-Provokationen nur ein mildes Lächeln übrig.

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