Die Szenen lassen den türkischen Fussball auch nach zehn Tagen nicht in Ruhe: Der Faustschlag von Klubpräsident Faruk Koca (59), mit dem der Schiedsrichter Halil Umut Meler nach der Partie Ankaragücü gegen Rizespor (1:1) niedergestreckt wurde, überschattet den Profibetrieb im Land noch immer.
Für Schiri Meler endete der Abend im Spital. Er hatte Glück im Unglück. Trotz des Faustschlags und mehreren Tritten gegen den Kopf und Oberkörper kam der 37-Jährige «nur» mit einem kleinen Knochenbruch und blauen Flecken davon.
Im Interview mit der türkischen Zeitung «Hürriyet» redet Halil Umut Meler jetzt ausführlich über den hässlichen Angriff. Und er sagt auch klar, wer für ihn der Hauptschuldige ist an der Eskalation im Stadion.
Wenig Genugtuung für das Opfer
«Ich werde ihm nicht vergeben. Niemals!», sagt Meler an die Adresse von Faruk Koca. Ankaragücüs Ex-Präsident ist für seinen Schlag mittlerweile vom Verband mit einer lebenslangen Sperre belegt worden. Für das Opfer ist das eine kleine Genugtuung. Vergessen werde er das Geschehene deswegen aber trotzdem nie.
Der Schlag gegen den Kopf war für den Referee aber nicht das Schlimmste an der Attacke. «Woran ich mich den Rest meines Lebens erinnern werde, ist der Moment, als ich am Boden lag und trotzdem noch weiter auf mich eingetreten wurde», sagt Meler im Interview weiter. «Ich werde all denen nicht verzeihen, die das gemacht haben. Und ich verzeihe denen nicht, die das Ganze provoziert hatten.»
«Die Spieler wollten mir eigentlich die Hand schütteln»
Wer damit gemeint ist, ist für Meler klar: Emre Belözoglu (43). Der ehemalige türkische Nationalspieler (101 Spiele, neun Tore), der unter anderem für Teams wie Inter, Fenerbahce und Atlético Madrid auflief, ist mittlerweile Trainer bei Ankaragücü. Geht es beim Faustschlag-Skandal um die Rolle Emres, wird Schiri Meler deutlich: «Die Spieler wollten mir nach dem Schlusspfiff eigentlich die Hand schütteln. Doch Emre Belözoglu gestikulierte wie wild.» Der Trainer habe demnach eine entscheidende Rolle gespielt, weshalb es überhaupt zur Eskalation kam.
Emres Klub Ankaragücü weist derweil jegliche Anschuldigungen gegen den Trainer zurück. Die Mannschaft werde stattdessen rechtliche Schritte überprüfen.
Mittlerweile ist Halil Umut Meler wieder zu Hause bei seiner Familie. Wenige Tage vor dem Angriff war Meler zum zweiten Mal Vater geworden. Ob und wann er wieder als Schiedsrichter auf dem Platz stehen wird, lässt er offen. «Die EM 2024 und die WM 2026 waren mein grosses Ziel als Schiedsrichter. Ich bin jetzt aber erstmal raus. So lange, bis diese Gewalt ein Ende hat.» (cat)