Vor knapp zwei Jahren fing alles an
Das Protokoll des Bayern-Zerfalls

Die Trainersuche der Bayern wird immer mehr zum Debakel, die Aussendarstellung des Rekordmeisters ist kaum noch zu unterbieten. Seit zwei Jahren reiht sich ein Peinlich-Kapitel ans andere. Nur die Champions League gibt derzeit Hoffnung.
Publiziert: 03.05.2024 um 16:59 Uhr
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Aktualisiert: 04.05.2024 um 15:51 Uhr
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Sorgenfalten bei den Münchner Verantwortlichen wie etwa Max Eberl.
Foto: DUKAS

Klar, der Spitzname FC Hollywood ist beim FC Bayern schon seit den 90er-Jahren Programm. Geschichten, die sich mehr um das Geschehen neben als auf dem Rasen drehen, haben längst Tradition. Die jüngsten Entwicklungen an der Säbener Strasse sind dennoch ein neuer Tiefpunkt. 

Mit Ralf Rangnick hat nun schon der dritte Trainer ein Angebot der Münchner abgelehnt. Die Trainersuche wird für den so stolzen Rekordmeister immer peinlicher – und ist das neuste Kapitel des allmählichen Bayern-Zerfalls, der vor fast genau zwei Jahren begann.

Nagelsmann-«Leaks»

Schon der Übergang von Hansi Flick (59) zu Julian Nagelsmann (36) war alles andere als geräuschlos. Den Startschuss zu den letzten beiden Debakel-Jahren gab aber eigentlich eine Privatsache. Während der Sommerpause 2022 tauchten Bilder auf, die Nagelsmann zusammen mit der «Bild»-Bayern-Reporterin Lena Wurzenberger zeigen. Der Verein hatte mässig Freude an der Partnerschaft und befürchtete, dass so Internas zur Zeitung geraten könnten. Wurzenberger wurde versetzt, erst später zeigte sich: Die vielen Medien-Leaks beim Rekordmeister gingen wohl nicht über Wurzenberger-Nagelsmann.

Das Katar-Theater

Fans und Verein lagen sich wegen des Katar-Sponsoringdeals schon länger in den Haaren. Im Jahr 2021 brach an der Hauptversammlung das Chaos aus, im Jahr 2022 verlief sie zuerst friedlich und versöhnlich. Bis Uli Hoeness (72) den Mund aufmachte. «Ihr Auftritt war peinlich! Das ist der Fussballklub Bayern München und nicht die Generalversammlung von Amnesty International», meinte Hoeness in Hörweite mehrerer Journalisten zum Fan-Vertreter Michael Ott, der zuvor viel Kritik geäussert hatte.

Neuers Ski-Drama

Kurz nach dem peinlichen Vorrunden-Aus des deutschen Nationalteams an der WM 2022 fuhr Torhüter Manuel Neuer (38) in die Skiferien. Bei einem Unfall brach er sich den Unterschenkel, die Saison war gelaufen. Die Suche nach einem Ersatz ging ähnlich dilettantisch vonstatten, wie die aktuelle nach einem Trainer. Letztlich kam Yann Sommer (35) zum Handkuss. Der Schweizer Nati-Goalie wurde in München nicht glücklich, wurde zudem wegen seiner Körpergrösse des Öfteren kritisiert.

Entlassung von Torwarttrainer Toni Tapalovic

Apropos Torhüter: Dort gabs trotz eigentlich geregeltem Ersatz weitere Probleme. Dem ZDF erzählte der damals an Monaco ausgeliehene Alexander Nübel (27), dass Torwarttrainer und Neuer-Kumpel Toni Tapalovic (43) sich nicht wirklich um ihn kümmere. Für Nagelsmann und Sportchef Hasan Salihamidžić (47) war klar, dass Talaovic macht, was er will – und das vor allem im Interesse von Neuer. Tapalovic wurde im Januar 2023 rausgeschmissen. «Ich hatte das Gefühl, mir wird mein Herz rausgerissen. Mich hat das richtig umgehauen», sagte Neuer in einem vom Klub nicht autorisierten Interview. Zwischenzeitlich schien gar sein Abschied möglich.

Entlassung von Nagelsmann

Sportlich lief es über längere Zeit nicht optimal, Bayern verlor die Tabellenführung an Dortmund. Nagelsmann tauchte ab, fuhr während der Natipause in die Skiferien, was Präsident Kahn und Sportchef Salihamidžić missfiel. Salihamidžić suchte während Nagelsmanns Skiferien nach Alternativen und fand schnell Thomas Tuchel (50). Nagelsmann musste den Hut nehmen, erfuhr davon aber zuerst von Journalisten – während er noch im Zillertal weilte. Nicht die feine Art.

Kabine stellt sich hinter Nagelsmann

Lange wurde berichtet, dass Nagelsmann die Kabine verloren habe. So zumindest die Behauptung von Kahn und Salihamidžić. Dem widersprachen Führungsspieler wie Joshua Kimmich (29) und Leon Goretzka (29). Plötzlich gerieten CEO Kahn und Sportchef Salihamidžić in die Kritik.

Kabinenschlägerei

Die sportliche Talfahrt konnte nur bedingt gestoppt werden. In der Kabine knallte es. Der im Sommer als Superstar 2022 geholte Sadio Mané (32) schlug Leroy Sané (28) in der Kabine gar ins Gesicht, die geschwollene Lippe war unübersehbar. Mané wurde mit 350’000 Franken gebüsst.

Kahn- und Salihamidžić-Entlassung

Vor allem Oliver Kahn geriet bei den Fans und auch intern immer mehr in die Kritik. Es sickerte durch, dass Kahn ersetzt werden solle. Vor dem letzten Spieltag wurde dies Tatsache. Uli Hoeness lud sowohl Kahn als auch Salihamidžić in seine Wohnung ein, teilte ihnen dort die Trennung mit. Salihamidžić akzeptierte das, Kahn rastete aus. Die Bayern wurden plötzlich doch noch sensationell Meister, doch das grosse Thema blieb das Feuer in der Teppichetage.

Der Transfersommer

Zwar landete man mit der Verpflichtung von Harry Kane (30) einen echten Knaller und wurde gleichzeitig Unruhestifter Sadio Mané los, doch erfolgreich war der Münchner Transfersommer trotzdem nicht. Die Verpflichtung des gewünschten Sechsers João Palhinha (28) scheiterte in letzter Sekunde. Mit Pavard, Hernandez und Stanisic (leihweise) verliessen gleich drei Aussenverteidiger die Bayern. Dort war man in der Folge – wie eigentlich im ganzen Kader – stark unterbesetzt.

Das Tuchel-Missverständnis

Zuerst die deutliche Niederlage im Supercup gegen Leipzig, dann das blamable Pokal-Aus gegen Drittligist Saarbrücken. In der Liga wurde man von Eintracht Frankfurt mit 5:1 deklassiert, es folgten weitere schmerzliche Niederlagen gegen Bremen, Leverkusen und Bochum. Während Konkurrent Leverkusen immer weiter davonzog, sprach Tuchel schon über ein mögliches nächstes Engagement im Ausland, speziell Spanien, wo etwa Xavi (44) zwischenzeitlich bei Barça vor dem Aus stand. Am 21. Februar war klar: Thomas Tuchel verlässt die Bayern Ende Saison.

Das Hoeness-Gepoltere

Die Meisterschaft ist dahin, aber die Chance auf den Henkelpott ist noch immer da! Während sich die Mannschaft auf das Champions-League-Spiel gegen Real konzentrieren will, sorgt Uli Hoeness für Störfeuer. Er schmeisst Trainer Tuchel öffentlich verbal unter den Bus, wirft ihm vor, dass er die Jungen nicht fördern und entwickeln würde. Und das, obwohl Hoeness eigentlich nur noch Ehrenpräsident ist.

Das Trainersuch-Debakel

Nach der vereinbarten Trennung im Februar machten sich die Bayern auf die Suche nach einem Nachfolger. Ziel: Xabi Alonso, der mit Leverkusen die Bundesliga dominiert. Vom Spanier gibts eine Absage. Man will Nagelsmann zurückholen, legt ihm eine Offerte hin – und auch dieser sagt letztlich ab. Man findet in Rangnick den neuen Trainer, bis sich auch dieser – trotz grundsätzlicher Einigung – Anfang Mai doch noch zurückzieht. Die Suche beginnt nun von neuem. Ob der nächste Schuss sitzt und das zweijährige Chaos in München endlich ein Ende findet? 

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