Ordnung statt Chaos. Integrität statt Korruption. Transparenz statt Vertuschung. Diese Schlagworte sollen neu zum grossen Manifest des Deutschen Fussballbunds werden. In den vergangenen Monaten und Jahren war das Gegenteil der Fall. Verhärtete Fronten in der Führung führten zu tiefem Hass und heissen Intrigen.
Das Fass zum Überlaufen brachte DFB-Präsident Fritz Keller mit seinem Nazi-Richter-Vergleich an die Adresse von Erzrivale und DFB-Vize Rainer Koch. Die Konsequenz: Shitstorm und Rücktritt von Keller. Wer den Trümmerhaufen als höchster Fussballfunktionär nun übernehmen könnte, ist völlig unklar.
Gleichheit der Geschlechter
Klar ist, das aus dem greisen Kreis der Führungsetage alle Herren mit ihren hehren Absichten, den DFB skandalfrei in die Zukunft zu führen, längst gescheitert sind. Das Chaos im Verband hat den scheidenden Spitzenschiedsrichter Manuel Gräfe dazu bewogen, im ZDF Sportstudio seine ehemalige Kollegin Bibiana Steinhaus vorzuschlagen.
Die erste Bundesliga-Schiedsrichterin der Geschichte steht bereit, die Forderung nach Gleichheit der Geschlechter beim DFB durchzuboxen – und sie ist nicht allein. Ganze neun Frauen haben ein Konzept vorgelegt, das den grössten Einzelsportverband der Welt (ca. 7 Millionen Mitglieder) reformieren soll.
► Bibiana Steinhaus-Webb (42) Ex-Bundesliga-Schiedsrichterin
► Katja Kraus (50) früher Vorstandsmitglied HSV, aktuell Geschäftsführerin Jung von Matt Sports
► Claudia Neumann (57) ZDF-Reporterin
► Gaby Papenburg (61) früher Sat.1-Moderatorin, aktuell Kandidatin Vorsitz des Berliner Fussballverband
► Almuth Schult (30) Wolfsburg-Goalie und EM-Expertin ARD
► Helen Breit (34) Vorsitzende der Fanorganisation «Unsere Kurve»
► Jana Bernhard (40) Geschäftsführerin der Sponsorenvereinigung S20
► Katharina Kiel (29) Geschäftsführerin «talentzone»
► Sandra Schwedler (41) Aufsichtsratsvorsitzende FC St. Pauli
Aus dem Positionspapier der feministischen Gruppe geht klar hervor, dass sich die Frauen als Schlüssel zum Glück sehen. «Wir alle sind Exotinnen gewesen, oder sind es noch. Wir wollen deutlich mehr Frauen in allen Bereichen des Fussballs gibt, die in Spitzenpositionen wirken und ein zeitgemässes Bild des Fussballs zeichnen.»
30 Prozent Frauen
Konkret umschreibt die Reform einen Anteil von 30 Prozent Frauen in Präsidium, Vorstand und Geschäftsführung bei Verbänden in den nächsten drei Jahren. Hinzu kommt die Forderung, dass in jedem Profiverein im Aufsichtsrat mindestens eine Frau sitzt. Eine eher defensive Ausrichtung sei das, meint Gaby Papenburg, «weil selbst 30 Prozent die Vorstellungskraft von vielen übersteigt».
Aktuell werden Regional- und Landesverbände in Deutschland ausschliesslich von Männern geführt. Im DFB-Präsidium gibt es seit 2007 mit Hannelore Ratzeburg (61) tatsächlich eine Frau. Die Vorkämpferin war vor über 50 Jahren die treiben Kraft, dass das Verbot für Frauenfussball aufgehoben wird. «Es hat sich viel getan in den fünf Jahrzehnten, sagt sie, «aber wir können und wollen noch mehr.»