Blick: Sie stellen ja nach Schwanzlänge auf. Wie machen Sie das jetzt bei den Frauen?
Imke Wübbenhorst: Das liegt doch auf der Hand. Aber ich sollte keine solchen Sprüche mehr machen (lacht).
Ihr Spruch ging 2019 um die Welt. Sie antworteten als Trainerin der Cloppenburg-Männer auf die Frage, ob Sie mit einer Sirene auf dem Kopf in die Kabine gehen, um die Spieler zu warnen, dass eine Frau reinkommt: «Ich bin Profi. Ich stelle nach Schwanzlänge auf.»
So ist mein Naturell. Wer mich kennt, kann das gut einordnen. Nach meiner Antwort war das Thema für mich erledigt.
Nach drei Stationen im Männerfussball sind Sie nun bei den YB-Frauen Cheftrainerin. Warum die Rückkehr in den Frauenfussball?
Ich bin durch und durch Cheftrainerin. Letztes Jahr habe ich erstmals als Co-Trainerin gearbeitet. Da habe ich gemerkt, dass ich lieber in der Position bin, in der ich die Entscheidungen treffen kann.
Doch warum der Wechsel in die Schweizer Provinz?
Ich sehe die Schweiz nicht als Provinz. Ich möchte einfach in einem möglichst professionellen Umfeld arbeiten. Das wäre im deutschen Männerfussball ab der 3. Liga der Fall, doch dort habe ich realistisch gesehen keine Chance. In der Regionalliga (Cheftrainerin bei Lotte, d.Red.) habe ich gemerkt, dass die Strukturen nicht überall professionell sind. Hier bei YB sind sie grossartig.
Gab es keine Möglichkeit im deutschen Frauenfussball?
Es gab einige Gespräche. Aber die Strukturen in der Frauen-Bundesliga sind längst nicht bei jedem Verein gut. Daher wollte ich wieder als Lehrerin arbeiten. Doch dann habe ich die eine Stelle nicht bekommen. Zudem hatte ich mich von meinem Freund getrennt. Das nahm ich als Fügung, doch im Fussball zu bleiben, obwohl es schon spät für die neue Saison war. Also rief ich Martina an.
Sie meinen Martina Voss-Tecklenburg, die aus ihrer Nati-Zeit noch immer hervorragende Kontakte in die Schweiz hat?
Ja, sie hat mir YB schmackhaft gemacht (lacht).
Nun sind Sie tatsächlich in Bern.
Nach den Gesprächen mit YB stimmte mein Bauchgefühl so sehr, dass ich eine am selben Tag angebotene Lehrerinnenstelle in Düsseldorf abgesagt habe. Mit General Manager Sandra Betschart und Rolf Kirchhofer, dem sportlichen Leiter, habe ich viel Kompetenz um mich. Das ist grossartig. Zudem haben wir einen Goalie-Trainer, einen Co-Trainer, einen Video-Analysten, eine Teammanagerin, einen Mentalcoach, und wir dürfen die Physios, die Ärzte und die Analyse-Tools mit nutzen. Das ist einfach top.
Aber mit YB werden Sie kaum Meister, der FCZ und Servette sind die Liga-Giganten.
Es soll einfach eine Entwicklung sichtbar werden. Wir haben viele junge Spielerinnen, wir wollen besser sein als in der Vorsaison (Rang 7 in der Regular Season, d.Red.) und mit unseren Ergebnissen dafür sorgen, dass immer mehr Zuschauerinnen und Zuschauer zu unseren Spielen kommen.
Die YB-Frauen arbeiten oder studieren allesamt neben dem Fussball. Wie professionell können Sie da arbeiten?
Klar, man muss Kompromisse eingehen. Etwa gebe ich den Sonntag frei, obwohl der Montag besser wäre. Doch die Spielerinnen müssen auch mal einen ganzen Tag frei haben. Denn es gibt viele, die gehen um sechs Uhr aus dem Haus zur Arbeit, abends ins Training und fahren dann teilweise noch eineinhalb Stunden heim. Auch wenn wir den Spielerinnen finanziell nicht viel bieten können – in vielen anderen Bereichen bieten wir viel.
Wie gross ist der Unterschied, nun wieder Frauen zu coachen?
Spass macht beides. Bei den Frauen gibts mehr Eigenmotivation. Bei den Männern wird mehr an die Verträge gedacht, sie wollen nach oben und Geld verdienen.
Wie gut war Ihre Akzeptanz im Männerfussball?
Es ist alles von der Persönlichkeit abhängig und nicht vom Geschlecht. Ich hatte am Anfang sicher weniger Kredit als beispielsweise ein ehemaliger Nationalspieler. Aber selbst er würde ein Team schnell verlieren, wenn er Müll erzählt und seine Matchpläne nicht aufgehen. Bei mir haben die Jungs rasch gemerkt, dass ich genauso gute Trainings wie ein Mann machen kann.
Wollen Sie zurück in den Männerfussball?
Nein. Ich fühle mich total wohl in Bern. Die Arbeit ist toll, und ich bin in eine tolle, kleine Wohnung gezogen. Mein Dalmatiner hat bereits das Aareschwimmen gelernt. Mich hats damals in den Männerfussball gezogen, weil ich es leid war, im Frauenfussball immer um alles kämpfen zu müssen. Dinge wie in einer Jugendherberge zu übernachten oder am Spieltag acht Stunden in Autos ans Auswärtsspiel zu fahren, sind bei den Männern undenkbar. Mit solchen Dingen muss ich mich bei YB nicht mehr herumschlagen.
Mannschaft | SP | TD | PT | ||
---|---|---|---|---|---|
1 | Servette FC Chenois | 13 | 21 | 30 | |
2 | FC Basel | 12 | 21 | 28 | |
3 | FC Zürich | 13 | 10 | 26 | |
4 | BSC Young Boys | 13 | 17 | 24 | |
5 | FC St. Gallen 1879 | 12 | 16 | 23 | |
6 | Grasshopper Zürich | 12 | 5 | 18 | |
7 | FC Aarau | 12 | -9 | 14 | |
8 | FC Luzern | 12 | -14 | 8 | |
9 | FC Rapperswil-Jona | 13 | -32 | 4 | |
10 | Frauenteam Thun Berner Oberland | 12 | -35 | 2 |