CS-Chef über den Schritt zu höheren Frauen-Prämien
«Lias Worte haben mich nachdenklich gestimmt»

Seit fast dreissig Jahren engagiert sich die Grossbank Credit Suisse für den Fussball. CS-Chef André Helfenstein kickte selber in der dritten Liga. Ein Gespräch über seine Begegnung mit Nati-Captain Lia Wälti, den Kampf um Lohngleichheit und das neue Prämienmodell.
Publiziert: 25.06.2022 um 11:00 Uhr
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Aktualisiert: 25.06.2022 um 11:15 Uhr
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CS-Chef André Helfenstein. Die Credit Suisse mischt seit Jahrzehnten im Schweizer Fussball mit: Die Grossbank hat das Namensrecht an der Super League der Männer. Gleichzeitig unterstützt sie die Axa Women's Super League und die Nationalmannschaften.
Foto: BENJAMIN SOLAND

Sie sind FCZ-Fan. Haben Sie beim Playoff-Final der Frauen mitgefiebert?
André Helfenstein:
Ich muss ehrlich sein, ich habe erst in der Aufzeichnung mitgefiebert. Ich konnte leider nicht live dabei sein. Das hatte allerdings nichts mit den Frauen zu tun, das passiert mir auch mit den Spielen der Männer. Die Dramaturgie des Spiels war super und der Sieg im Penaltyschiessen grosse Klasse!

Bei einem Fototermin (für «Interview by Ringier») haben Sie neulich Nati-Captain Lia Wälti kennengelernt.
Genau, das war sehr inspirierend und richtig cool.

Was hat Sie im Gespräch mit ihr am meisten beeindruckt?
Sie ist ein absoluter Profi! Mit Arsenal bewegt sie sich auf einem sehr hohen Level. Sie ist eine Leaderin und zeigt grosse Leidenschaft. Und sie beschäftigt sich auch stark damit, wie sich der Frauenfussball entwickelt.

Was haben Sie von Lia Wälti über Frauenfussball gelernt?
Wir haben über Lohngleichheit gesprochen. Ich habe gemerkt, wie differenziert sie dieses Thema behandelt. Lia Wälti stellt nicht einfach die Forderung in den Raum «Wir müssen auf den Rappen gleich viel verdienen wie die Männer! Und zwar jetzt!». Sie weiss, dass der Frauenfussball diese Entwicklung Schritt für Schritt angehen muss. Und: Lia hat mir erzählt, dass ihre Kolleginnen, die in der Schweiz spielen, bei weitem nicht vom Sport leben können. Das hat mich schon nachdenklich gestimmt.

Die CS hat diese Woche kommuniziert, dass man die Prämien der Frauen, denen der Männer angleicht. War das Ihr Input nach dem Gespräch mit Lia Wälti?
Das Gespräch hatte wohl tatsächlich einen gewissen Einfluss – aber die Grundidee dieser Anpassung, die existierte bei uns im Team schon länger, und wir waren bereits im Austausch mit dem SFV. Nach dem Interview mit Lia Wälti hat mich dieses Thema beschäftigt. Ich glaube, dass wir deshalb noch rascher gehandelt haben. Die Prämienanpassung war für uns einfach ein logischer Schritt.

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Ihre Branche, das Banking, hatte lange Jahre mit schlechten Frauenquoten an der Spitze und mit Vorwürfen von Ungleichbehandlungen zu kämpfen. Stecken der Fussball und die Credit Suisse gewissermassen im gleichen Lernprozess?
Hm, das würde ich so nicht sagen. Wenn, dann zeitlich sehr verschoben. Die Credit Suisse gibt seit vielen Jahren klare Richtlinien zur fairen Entlöhnung vor und führt in der Schweiz alle 3 Jahre Untersuchungen zur Umsetzung der Lohngleichheit zwischen Frauen und Männern durch. Dafür haben wir mehrere externe Gütesiegel dafür erhalten, die auch vom Eidg. Büro für Gleichstellung und unseren Sozialpartnern anerkannt werden - beispielsweise das «Fair Pay» Label.

«Noch ein Schritt in die richtige Richtung»
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Geben Sie uns einen Einblick in den Prozess, den Sie mit Ihrer Mannschaft durchgemacht haben?
Gern. Mein persönliches Schlüsselerlebnis war der Vortrag eines Hirnforschers. Er zeigte auf, wie voreingenommen wir denken und handeln. Du brauchst ein Bewusstsein für eine Problemstellung. Das ist die Basis. Aber dann wirds erst richtig ernst: Du musst in alle Prozesse eingreifen. Rekrutierung, Salärstruktur, Talentförderung. Alles ist betroffen. Sei es in Form von mehr Frauen in der Führungsriege oder in Form von – eben – Lohngleichheit.

Neben der Angleichung der Prämien unterstützt die Credit Suisse ja auch die Kandidatur der Schweiz für die Frauenfussball EM 2025. Wie muss man sich das konkret vorstellen?
Wir unterstützen die Kandidatur vor allem finanziell, damit der SFV Mittel zur Verfügung hat, um diese Kandidatur zu finanzieren. Im Weiteren werden wir wo sinnvoll unsere Kommunikationskanäle zur Verfügung stellen und die Kandidatur so unterstützen.

Was erhofft sich die Credit Suisse vom verstärkten Engagement im Bereich Frauenfussball für die eigene Marke?
Natürlich wirkt sich unser Fussballengagement – Frauen, Männer und Nachwuchs – allgemein positiv auf unsere Marke aus. Eine globale Sportart mit grosser Emotionalität. Das tut uns gut, macht uns nahbar. Oft werden wir ja als Bank für grosse und vermögende Kunden wahrgenommen – obwohl wir in der Schweiz rund 1,5 Millionen Kundinnen und Kunden haben! Dank dem Frauenfussball stehen wir auch fürs Moderne und für eine Offenheit gegenüber Veränderungen. Wir haben hierfür die Initiative #ChangeTheGame ins Leben gerufen. Dazu passt natürlich auch die Diskussion rund um Equal Pay, die wir diese Woche durch unsere Prämien-Anpassung angestossen haben.

Wie gross ist Ihrer Meinung nach das Potenzial des Frauenfussballs?
Die USA zum Beispiel machten im Frauenfussball schon sehr früh grosse Schritte. Der Frauen- und Mädchenfussball begeistert dort die Breite. Jetzt ziehen andere Nationen nach. Zum Beispiel Brasilien oder eben auch die Schweiz. Wir sind in einer Phase des Aufschwungs.

Auf dieser Welle reitet jeder Sponsor gerne mit ...
Klar. Zumal der Frauenfussball sehr frisch daherkommt. Zum Teil im Gegensatz zum Männerfussball, der bisweilen sehr gross und abgeklärt geworden ist.

Braucht es im Sport gezielte Frauenförderung oder soll das der Markt regeln?
Das mit dem Markt klappt erst dann, wenn man die erste Bewegung erzeugt hat. Erst dann wird auch der Frauensport in vielen Disziplinen zu einem Selbstläufer. Bald wird es Nachahmer geben: Sponsoren, die auch mitmachen wollen, das Zuschauerinteresse wird steigen sowie das Medieninteresse, die Lohnsummen, der Professionalisierungsgrad und die Leistungsentwicklung der Spielerinnen. So entsteht schliesslich eine positive Spirale.

In zwei Wochen gehts los mit der Frauenfussball-EM in England. Wo werden Sie sich die Spiele anschauen?
Am TV. Das erste Spiel der Schweiz gegen Portugal ist an einem Samstag, das habe ich mir schon notiert. Das schauen wir!

Sie haben selber Fussball gespielt. Schauen Sie heute Spiele mit einem Blick auf die Taktik oder eher aus der emotionalen Fan-Optik?
In bin eher der Fan. Ich habe ja auf bescheidenem Drittliga-Niveau gespielt. Ich bin nicht der Analytiker. Zumal sich der Fussball in den letzten Jahren enorm entwickelt hat.

Von wem sind Sie besonders Fan? Welches ist Ihre Lieblingsspielerin, von der Sie sich ein Shirt kaufen würden?
Auf Captain Lia Wälti liegt nach unserem Gespräch natürlich schon ein besonderes Augenmerk, weil ich sie kennen- und schätzen gelernt habe. Ich hoffe, sie wird schnell wieder gesund. Ihr habt ja geschrieben, sie sei verletzt.

Genau, sie musste diese Woche ein Training abbrechen. Zum Schluss, André Helfenstein: Was trauen Sie der Schweiz zu? Wagen Sie einen Tipp?
Die Gruppenphase überstehen wir! Das wäre angesichts der schweren Gruppe schon eine tolle Leistung. Und danach – wie oft an solchen Turnieren – ist ja bekanntlich alles möglich!

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Unsere Captain sollte eigentlich Eishockey spielen
2:27
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Gruppe A1
Mannschaft
SP
TD
PT
1
Italien
Italien
6
5
9
2
Niederlande
Niederlande
6
0
9
3
Norwegen
Norwegen
6
3
7
4
Finnland
Finnland
6
-8
5
Gruppe A2
Mannschaft
SP
TD
PT
1
Spanien
Spanien
6
13
15
2
Dänemark
Dänemark
6
6
12
3
Belgien
Belgien
6
-13
4
4
Tschechische Republik
Tschechische Republik
6
-6
4
Gruppe A3
Mannschaft
SP
TD
PT
1
Frankreich
Frankreich
6
1
12
2
England
England
6
3
11
3
Schweden
Schweden
6
2
8
4
Irland
Irland
6
-6
3
Gruppe A4
Mannschaft
SP
TD
PT
1
Deutschland
Deutschland
6
9
15
2
Island
Island
6
6
13
3
Österreich
Österreich
6
-2
7
4
Polen
Polen
6
-13
0
Gruppe B1
Mannschaft
SP
TD
PT
1
Schweiz
Schweiz
6
11
15
2
Türkei
Türkei
6
0
9
3
Ungarn
Ungarn
6
1
7
4
Aserbaidschan
Aserbaidschan
6
-12
4
Gruppe B2
Mannschaft
SP
TD
PT
1
Schottland
Schottland
6
12
16
2
Serbien
Serbien
6
7
13
3
Slowakei
Slowakei
6
-6
4
4
Israel
Israel
6
-13
1
Gruppe B3
Mannschaft
SP
TD
PT
1
Portugal
Portugal
6
12
16
2
Nordirland
Nordirland
6
1
10
3
Bosnien und Herzegowina
Bosnien und Herzegowina
6
-5
7
4
Malta
Malta
6
-8
1
Gruppe B4
Mannschaft
SP
TD
PT
1
Wales
Wales
6
15
14
2
Ukraine
Ukraine
6
7
11
3
Kroatien
Kroatien
6
-5
9
4
Kosovo
Kosovo
6
-17
0
Gruppe C1
Mannschaft
SP
TD
PT
1
Weißrussland
Weißrussland
6
19
18
2
Georgien
Georgien
6
-1
10
3
Litauen
Litauen
6
-5
7
4
Zypern
Zypern
6
-13
0
Gruppe C2
Mannschaft
SP
TD
PT
1
Slowenien
Slowenien
6
26
18
2
Lettland
Lettland
6
-8
9
3
Nordmazedonien
Nordmazedonien
6
-7
7
4
Moldawien
Moldawien
6
-11
1
Gruppe C3
Mannschaft
SP
TD
PT
1
Griechenland
Griechenland
6
13
16
2
Montenegro
Montenegro
6
11
10
3
Färöer
Färöer
6
2
9
4
Andorra
Andorra
6
-26
0
Gruppe C4
Mannschaft
SP
TD
PT
1
Rumänien
Rumänien
6
15
18
2
Bulgarien
Bulgarien
6
-2
7
3
Armenien
Armenien
6
-10
6
4
Kasachstan
Kasachstan
6
-3
4
Gruppe C5
Mannschaft
SP
TD
PT
1
Albanien
Albanien
4
4
9
2
Luxemburg
Luxemburg
4
-1
5
3
Estland
Estland
4
-3
2
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