Zwischen 2008 und 2009 wird mitten in Bukarest das Steaua-Stadion abgerissen. Unter dem Trümmerhaufen liegen auch die Hoffnungen der Schweiz auf die EM 1992 begraben. Im letzten EM-Quali-Spiel unterliegt die Truppe von Uli Stielike am 13. November 1991 in Rumäniens Hauptstadt 0:1. Es ist das Ende des Deutschen als Nati-Coach – und auch die letzte und 118. Partie des Rekord-Nationalspielers Heinz Hermann.
Auf dem gleichen Areal wird bis zur Eröffnung 2011 die National Arena mit 54'000 Sitzen gebaut. Ein Stadion mit Faltdach. Innert 15 Minuten ist die Arena gedeckt. Die Regenwahrscheinlichkeit für Montag, wenn die Schweiz hier ihren Achtelfinal gegen Weltmeister Frankreich austrägt, liegt bei 40%.
Kilometerlange Staus vor Tankstellen
1991, beim letzten Schweizer Besuch in Bukarest, liegt das Land wirtschaftlich in Trümmern. Diktator Nicolae Ceausescu und seine Gattin Elena sind zwei Jahre zuvor von einem Gericht im Schnellverfahren zum Tode verurteilt und am 25. Dezember 1989 kurz vor 15 Uhr von drei Offizieren erschossen worden. Die Vorwürfe unter anderen: Völkermord und Schädigung der Volkswirtschaft.
Unvergessen die Bilder von damals: Vor den Tankstellen bilden sich auch in der Nacht kilometerlange Schlangen. Die Autos werden zum Tanken geschoben, um Benzin zu sparen. Die Schweizer Fans besteigen ohne Passkontrolle und mit freier Sitzwahl die Charter-Flieger Richtung Zürich. Ein Schweizer Anhänger stirbt auf dem Rückflug an einem Herzinfarkt.
Ceausescus Erbe steht noch
Von Ceausescus Erbe ist heute noch der gigantische Parlamentspalast, gebaut zwischen 1983 und 1989, zu bestaunen: 365'000 m2 bebaute Fläche, nur das Pentagon in Washington DC (610'000 m2) ist noch grösser. Ceausescu lässt für seinen Prunkbau Mietskasernen mit 40'000 Wohnungen einreissen, 12 Kirchen und vier Synagogen verschwinden. Das ehemalige «Haus des Volkes» ist heute Sitz der Abgeordnetenkammer.
Von der Historie werden Xhaka, Shaqiri & Co. in den letzten Tagen bis zum Achtelfinal wenig bis gar nichts mitbekommen. Doch sie können am Montag auf dem Rasen Geschichte schreiben: Es winkt der erste Viertelfinal seit 67 Jahren und zwei Tagen.
4,7 Liter Bier pro Tag und Kopf
Für die Schweizer Fans ist gesorgt. Der Bier-Nachschub funktioniert. Obwohl die 4000 nord-mazedonischen Fans laut dem rumänischen Online-Portal «makfax» vor ihrem Gruppenspiel gegen Österreich innert vier Tagen 75'000 Liter Bier getrunken haben (4,7 Liter pro Tag und Kopf!) haben, fliesst der Gerstensaft. 4dl Bier gibts für weniger als vier Franken.
Und – zu Ceausescus Zeiten undenkbar: In der Fussgängerzone entdecken wir einen Shop, der ausschliesslich Schweizer Hanf-Produkte feilbietet.
Letztmals bei einem grossen Turnier im Viertelfinal steht die Schweiz am 26. Juni 1954 an der WM im eigenen Land. In der Hitzeschlacht von Lausanne gibts eine 5:7-Pleite (nach 5:4-Pausenführung) gegen Österreich. Bis heute die trefferreichste Partie an einer WM. Doch seither lastet ein mittlerweile 67-jähriger Fluch auf den Eidgenossen. Zeit, Geschichte zu schreiben.