Wehe, wenn Barella, Chiesa und Co. erwachen!
In den Italo-Stars schlummert grosses Potenzial

Aufgepasst, Schweiz! Leichtfertig könnte man uns aufgrund der Gruppenspiele zum Favoriten stempeln. Aber Italien hat grosses Steigerungspotenzial.
Publiziert: 27.06.2024 um 20:40 Uhr
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Aktualisiert: 27.06.2024 um 21:54 Uhr
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Bisher waren Italiens Leistungen mit Ausnahme der ersten Halbzeit gegen Albanien zum Haareraufen: Giovanni di Lorenzo und Federico Chiesa (v.l.).
Foto: Getty Images
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Alain KunzReporter Fussball

Immer, wenn Italien auf Reisen geht für eine WM (okay, das letzte Mal war 2014 …) oder EM, promoviert sich das Land auf sympathische Art und Weise. Das ist natürlich in Deutschland nicht anders, wo die Italiener eine «Casa Azzurri» auf die Beine gestellt haben, die gewaltig ist!

In der Mathias-Grothe-Halle stehen Bühne, Bar und Riesenbildschirm, draussen warten viele Spielmöglichkeiten für Kids und Junggebliebene, Stände aller Art, ein Superscreen mit Restaurant – kurz: Es ist jeden Tag Volksfest in Iserlohn. Mittendrin in diesem Trubel: das Mediencenter und der Mini-Pressekonferenz-Raum. Gleich daneben der Trainingsplatz der Italiener.

Doch der Friede-, Freude-, Eierkuchen-Eindruck täuscht. Da änderte auch der wundersame Ausgleich gegen Kroatien nichts. Zwischen Verband/Trainer Luciano Spalletti sowie den Journalisten herrscht Eiszeit, um nicht zu sagen Krieg. Die Schreiberlinge seien zu kritisch, denken die Verantwortlichen, das vom Team Gebotene rechtfertige jegliche Kritik, so die Meinung der Reporter.

«So wie ihr gegen Deutschland gespielt habt, das war besser als jedes Spiel unseres Teams», sagt Luigi Garlando, Edelfeder der «Gazzetta dello Sport». So brachte der Verband an den ersten Medientermin nach dem Weiterkommen nicht einen Protagonisten, sondern Reservist Stephan El Shaarawy. Dass der Römer kommen würde, wurde zudem erst fünf Minuten vor Konferenzstart bekannt.

Immerhin spricht der auch dann und wann Klartext: «Wir haben eine grosse Fussballgeschichte. Wir sind Titelverteidiger. Niemand spielt gerne gegen uns. Das hat man auch gegen Kroatien gesehen. Wir geben nie auf.»

Wir unsererseits kommen dann in Bedrängnis, wenn Italien sein Potenzial ausschöpft. Drei Namen dazu:

Nicolò Barella

Der Inter-Regisseur ist bislang ein Schatten seiner selbst. Kaum entscheidende Impulse. Und ohne diese ist Italien harmlos. «Nicolò hatte zwei Probleme», erklärt Garlando. Zum einen verletzte er sich zu Beginn des Zusammenzugs in Coverciano, sodass es bis einen Tag vor dem Spiel gegen Albanien unsicher war, ob er würde mittun können. Zum anderen leidet er am gleichen Problem wie einige Inter-Spieler. Die wurden am 22. April Meister und hatten fortan bloss noch Freundschaftsspiele. «Da fehlt der Rhythmus. Das sieht man auch bei Federico Dimarco.» Doch was, wenn Barella in den Flow findet?

Federico Chiesa

An der EM 2021 wurde er zu einem der besten Stürmer der Welt. Im Januar 2022 reisst er sich das Kreuzband, spätere Komplikationen inklusive. Seither ist er noch nicht wieder der Alte. Und dennoch der talentierteste Stürmer Italiens. Garlando: «Aber er reibt sich wegen seiner Position auf. Ex-Juve-Trainer Allegri sah ihn als zweiten Stürmer, Spalletti auf dem Flügel.» Doch er war derart schwach, dass er gegen Kroatien sogar Ersatz war. Aber wehe, er findet zu alter Form!

Jorginho

Wir würden Jorginho liebend gerne spielen sehen. Zum einen, weil er in die Jahre gekommen ist und träge wirkt. Zum anderen, weil es nicht ausgeschlossen ist, dass er wieder Penalty-Schütze sein würde. «Wir haben den Mister gefragt, aber keine Antwort erhalten», so Garlando. Zur Erinnerung: Wir haben uns für Katar 2022 nur qualifiziert, weil der Mittelfeldspieler in beiden Spielen je einen Elfer verschoss. Wie übrigens auch im EM-Final. Garlando sagt, Jorginho sei dann eine echte Waffe, wenn er Ersatz sei. «Wir brauchen keinen Verkehrspolizisten auf dem Platz, denn Jorginho macht doch nur noch das: die anderen zu dirigieren. Wir brauchen vife, dynamische, frische Spieler wie Nicolò Fagioli.» Gut möglich, dass dieser gegen die Schweiz beginnt.

So oder so: Wie schlecht die Leistungen der Azzurri bislang auch waren – es kann schnell auf die andere Seite kippen. Ganz schnell.

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