Am Tag nach dem Befreiungsschlag gegen die Türkei sitzt Haris Seferovic (29) entspannt im Hotel in Baku, bevor es am Montag-Vorabend zurück ins Camp nach Rom geht. Er sagt über die Stunden nach dem Spiel: «Die Last ist weggefallen. Alle waren froh, überglücklich und auch müde. Wir hätten zwar ein, zwei Tore mehr schiessen können. Aber das ist das einzige, was man kritisieren kann.»
Seferovic war es, der mit seinem Tor schon früh die Weichen auf den Dreier gegen die Türken stellte. Sein satter Schuss ins lange Eck öffnet ein Ventil – der ganze Druck muss beim Jubeln raus! Seferovic hält sich zuerst den Finger an den Mund, dann schreit er etwas unverständliches in die TV-Kamera.
Irrer Schrei-Jubel in die Kamera
Was war seine Botschaft? «Ich kann mich nicht mehr erinnern, was ich gesagt habe, das waren einfach die Emotionen», sagt der Stürmer, der danach auch noch mit Granit Xhaka einen Brüll- und Kopf-an-Kopf-Jubel hinlegt. Seferovic: «Es ist um sehr viel gegangen, deshalb ist das so intensiv gewesen.»
Die Psssst-Geste zeigt dann auch Xherdan Shaqiri nach seinem ersten Tor. Die Botschaft scheint klar: Wir haben die Kritiker zum Schweigen gebracht. Aber Seferovic wiegelt ab. «Nicht nur die Kritik hat uns angespornt, sondern auch wir uns selber. Wir hatten ein sehr gutes Gespräch im Mannschaftsrat. Gegen Italien waren wir eher als Einzelkämpfer unterwegs, gegen die Türken als echtes Team. Das war der Schlüssel zum Erfolg.»
Familie verpasste erstes EM-Tor
Einer der Kritiker, speziell von Seferovic, war Blick-Experte Kubilay Türkyilmaz. Kubi hätte den Benfica-Knipser auf die Bank gesetzt. «Kubi kann kritisieren, wie er will», sagt der Nati-Stürmer, «er ist nicht der Trainer. Am Ende war ich auf dem Feld, habe abgeliefert und bin glücklich, dass ich dem Team helfen konnte. Jetzt will ich auch im Achtelfinal ein Tor schiessen.»
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Eigentlich war geplant, dass seine Frau Amina und Tochter Inaya sein erstes EM-Tor live in Baku miterleben. Aber nachdem seine Liebsten beim Auftakt in Aserbaidschan und in Rom im Stadion waren, liess sich ein erneuter Trip nach Baku nicht organisieren. «Kein Problem. Wenn wir im Achtelfinal sind, sind sie auf jeden Fall wieder dabei», sagt Seferovic vor dem Anpfiff der Montag-Partien. Zu diesem Zeitpunkt hat er auch einen Wunschgegner: «Belgien mit meinem Benfica-Teamkollegen Jan Vertonghen!»