Darum gehts
- VAR-Kontroverse im Cup-Halbfinale zwischen Biel und YB um entscheidenden Penalty
- Schiedsrichter Dudic verteidigt umstrittene Elfmeter-Entscheidung abenteuerlich
- Biel gewinnt 1:0 nach Verlängerung und zieht als erster Drittligist ins Finale ein
Estadio de la Cartuja, Sevilla, Samstagabend. 2:2 stehts in der letzten Minute der Nachspielzeit, als es zwischen Reals Raul Asencio und Barcelonas Raphinha zum Zweikampf kommt. Auf den ersten Blick: klarer Elfer für Barça. Entsprechend zeigt der gut postierte Referee Ricardo de Burgos Bengoechea auf den Punkt.
Doch dann meldet sich der VAR. Der Schiedsrichter, den Real Madrid vor dem Spiel aufs Unflätigste angegriffen hatte, geht zum Schirm. Sieht, dass die Berührung minimal war und der Sturz von Raphinha gesucht. Also: grösstenteils Schwalbe. So nimmt er den Penalty korrekterweise zurück und verwarnt den Barcelona-Brasilianer lächelnd. Und er erklärt allen, die es wissen wollen, warum.
Die Bilder zeigen: klarer Fehlentscheid
Tissot-Arena, Biel, am selben Abend. Verlängerung. YB-Goalie David von Ballmoos stürmt in der 96. Minute aus dem Tor. Wild, ungestüm. Und säbelt so Biels Socka Bongué um. Auch hier ist der Schiedsrichter, Alessandro Dudic (36), gut platziert. Auch hier entscheidet er – allerdings nach einem leichten Zögern – auf Elfmeter. Und auch hier werden die Bilder zeigen: klarer Fehlentscheid. Kaum Kontakt. Grösstenteils Schwalbe.
Der VAR müsste den Ref an den Schirm rufen, weil der Entscheid falsch ist. Doch hier passiert … nichts. Der Entscheid bleibt stehen. Malko Sartoretti verwandelt seinen sechsten von sechs Saison-Penaltys. Und YB ist draussen.
Dreimal schreitet der VAR ein
Primär wegen einer unterirdischen Leistung. Am Ende des Tages aber halt doch auch wegen des VAR. Der kassiert zwei YB-Tore. Virginius’ 1:0 wegen einer vorangehenden Offsideposition von Itten. Und Tsimbas Last-Second-Ausgleich wegen eines Handspiels des Torschützen. Und beide Entscheide sind korrekt. Auch die Rücknahme des Penaltys von Biel ist vertretbar, beginnt doch Imeris Foul an Coulibaly ausserhalb der Box, auch wenn es sich bis in den Strafraum hineinzieht.
Warum aber VAR Sven Wolfensberger im Fall Von Ballmoos nicht interveniert, bleibt ungeklärt. SRF-Kommentator Dani Kern kriegt sich fast nicht mehr ein, sagt: «Ich verstehe diese Sportart nicht mehr.» Und in der Zusammenfassung ist die Rede von einer «dreisten Schwalbe».
Dudic: «Ich arbeite mit Fakten»
Blick hätte gerne bei Dudic nachgebohrt. Doch der Berner stellt sich einzig bei SRF vors Mikrofon. «Ein Interview reicht», sagt der Schiedsrichter, der auch über das Anwaltspatent verfügt. Gegenüber dem TV-Sender erklärt sich Dudic so: «Ich habe einen Kontakt wahrgenommen und sogar einen Kontakt gehört.»
Gehört? Nur wenige Meter entfernt von den lauten Gäste-Fans? «Ein Kontakt mit dem Körper, dass er zu spät kommt», präzisiert Dudic. Und dann sagt er noch, nachdem er die Bilder gesehen hat: «Ich würde genau gleich entscheiden. Ich weiss, was ich wahrgenommen habe auf dem Platz. Ich arbeite mit Fakten.»
Biel weiss um seinen Riesendusel
Und doch zeigen die Bilder: Dudics Wahrnehmung war falsch. So falsch wie jene von vielen Fans in der Tissot-Arena. So falsch wie jene von Bengoechea im fernen Sevilla. Darum hätte der VAR die richtigen Fakten schaffen müssen, mit denen Dudic hätte arbeiten müssen.
Ein Versagen des Systems, das nun Biel in den Final bringt. «Wir haben Riesendusel gehabt mit dem VAR oder eben Nicht-VAR», sagen die Biel-Verantwortlichen, wenn auch nur hinter vorgehaltener Hand. Denn hätte es schon im Viertelfinal einen VAR gegeben, hätte Dzonlagics klares Offside-Tor zum 1:0 gegen Lugano nicht gezählt. Vorausgesetzt, er hätte denn überhaupt eingegriffen.