Nein, lange Zeit brauchte Servette-Coach René Weiler (50) nicht, um die Katze aus dem Sack zu lassen, was seine Zukunft anbelangt. Es hatte schon länger Gerüchte gegeben, dass der Zürcher in der neuen Saison Servette nicht mehr trainieren würde. In der Tat: Schon in den TV-Interviews sagte er, das der Cupfinal seine Dernière auf der Bank der Grenats gewesen sei. «Aber ich bleibe in Genf», fügte er hinzu. «Und das ist ja das Schöne, dass ich hierbleibe.»
Hoppla! Die SRF-Leute Rainer Maria Salzgeber und Beni Huggel waren einigermassen perplex, als Weiler das verkündete. Und die nächste Frage folgte auf dem Fuss: Als was bleibt er? «Sicher nicht als Greenkeeper», so Weiler. An der Medienkonferenz sagte er später: «Vielleicht als Sportchef, vielleicht als Mentalcoach, vielleicht als Berater. Wir müssen das noch genau diskutieren.»
Servette tanzt auf vielen Hochzeiten erfolgreich
Es passt ihm nicht, wie Servette derzeit aufgestellt ist. Aber er spürt ein Riesenpotenzial im Klub, der von den Millionen der Stiftung 1890 (Rolex) alimentiert wird. Vieles, so kann man zwischen den Zeilen lesen, sei amateurhaft. Diese Feststellung mag brutal sein in Anbetracht der Erfolge des polysportiven Klubs. Im Eishockey ist man Champions-League-Sieger, war im Jahr zuvor Schweizer Meister. Das Rugby-Team spielt mangels valabler Konkurrenz in Frankreich und ist eben dort in die vierte Liga aufgestiegen. Und die Servette-Fussballerinnen haben das Double geholt.
Was fehlt, ist die letzte Durchschlagskraft im Männer-Fussball. «Ich habe einen super Trainerstaff. Aber sonst habe ich keine Leute auf meinem Niveau im Klub. Ich bin alleine. Die Frage ist nun: Holt der Klub einen neuen Sportchef? Oder mache ich das?» Weiler hat mit Lucien Favre Gespräche darüber geführt, um ihm den Posten eines Sportdirektors schmackhaft zu machen. Doch die Servette-Legende hat keinen Bock mehr auf das Haifischbecken Profi-Fussball. Auch nicht für seinen Freund Weiler. Also ist für den Winterthurer klar: Dann macht er das halt selbst.
Eine Mannschaft soll her, die um den Titel spielt
«Ich möchte dem Klub helfen, weiterzuwachsen. Das Ziel ist, nächste Saison eine Mannschaft zu haben, die um den Titel spielen kann. Dafür muss man etwas tun, man kann nicht nur träumen.» Und man darf auch nicht vergessen, Mails rechtzeitig abzuschicken. Dass ihm in der Rückrunde bei einem quantitativ bescheidenen Kader zwei Spieler fehlten, weil sie nicht auf die Kontingentsliste gesetzt worden waren, hat er bis heute nicht verdaut. Am Ende kostete das wohl Platz zwei.
Und, ja, es braucht einen neuen Trainer. Der könnte durchaus Bojan Dimic heissen, Weilers bisheriger Assistent.
Weiler hat den Goalie-Wechsel nicht besprochen
Bleibt nur noch etwas aufzuklären: das Spielchen mit den Goalies. Es ist «ein typischer Weiler», ist man geneigt zu sagen. Der Coach erklärt den Wechsel Mall für Frick in der letzten Minute der Nachspielzeit so: «Joël ist bei Penaltys der bessere Goalie. Ich habe mir das schon für das Penaltyschiessen bei Victoria Pilsen überlegt.» Damals, im Achtelfinal der Conference League, wechselte Weiler dann doch nicht. Servette schied in der Kurzentscheidung aus. «Diesmal überlege ich es nicht», so Weiler. «Und so wechselte ich.»
Und war das mit dem Trainerstaff besprochen? Der Coach: «Ich bespreche Dinge nie, die man nicht voraussehen kann. Als sich das Elferschiessen anbahnte, gab ich dem Goalietrainer einen kleinen Hinweis. Aber als Trainer ist man oft alleine. Da muss man den Entscheid alleine fällen. Einsam.» So funktioniert Weiler. Funktionierte.