Der Corona-Slalom durch die verrückteste Saison ist vorbei – oder 17 Rennen in 23 Wochen. Vom 5. Juli in Spielberg bis zum 13. Dezember in Abu Dhabi. Bei Alfa-Sauber zieht der Zürcher Sportdirektor Beat Zehnder (54) Bilanz: «Das war oft ein Wahnsinn. Das ganze Team musste sehr viel auf sich nehmen. Wir konnten nur immer an die Vernunft und die Eigenverantwortung appellieren. So kamen wir am Ende sehr gut durch diese Corona-Zeit. Ich bin stolz auf das tolle Team!»
Der ungekrönte Formel-1-Regel-König Zehnder hatte vor dem ersten Geisterrennen wochenlang mit der FIA, der FOM und den Teams am Sicherheitskonzept gearbeitet. «Wir mussten es immer wieder korrigieren und anpassen. Das war fast ein Meisterwerk!» Seit Jahren hatte er sich mit Frau Nadine und Freunden am Strand von Phuket über den Jahreswechsel erholt. «Jetzt sind es eben die Walliser Alpen», lacht der Mann, der seit Februar 1988 in Hinwil arbeitet.
Zehnder öffnet die geheim Corona-Akte
Beat Zehnder Öffnet erstmals die Geheimakte «Corona». Bei über 80'000 Tests mit der Formel 1, 2 und 3, dem Porsche Cup, den Streckenhelfern und Medien wurden offiziell nur 94 positive Fälle gemeldet. Darunter sind die GP-Fahrer Hamilton, Stroll und Pérez.
Werk in Hinwil strikt abgeschottet
Bei Alfa-Sauber führte Zehnder über jeden Test im Rennteam genau Buch: «Bis zum Finale in der Wüste wurden bei unserer Mannschaft an der Strecke und auch vor den Rennen in Hinwil 3242 Tests durchgeführt. Ich selbst kam in 24 Wochen auf 40 Tests! Das Werk in Hinwil haben wir strikt vom Rest getrennt.» Seit September herrscht dort Maskenpflicht. Zehnder:
«Getestet wurde aber nur, wenn jemand Symptome hatte.» Es sollen vier positive Fälle aufgetaucht sein.
Russen nicht vorbildlich mit Corona-Vorschriften
Und die 3242 Tests? Zehnder: «Wir hatten sieben positive Fälle. Allein vier nach Sotschi, wo diese Russen nicht gerade vorbildlich mit den Sicherheitsvorschriften umgingen. Einige drängten sich im Hotel sogar ohne Maske auf, mit mir ein Selfie zu machen. Kein Wunder, dass alle vier positiven Fälle bei uns im Catering auftauchten! Am Rennmorgen in Portugal erwischte es jemanden in unserem Hospitality-Bereich. In Bahrain wurde ein Ingenieur positiv getestet – er kam in die Isolation und wurde in Abu Dhabi durch einen eingeflogenen Ersatzmann ausgetauscht. Den siebten Fall hatten wir nach einem freien Wochenende.»
Sauber-Deal mit Edelweiss
General Zehnder gelang 2020 der grösste Coup allerdings in der Luft. Am Boden hatte er stets ein 20-köpfiges Ersatzpersonal, das immer aktuell getestet wurde, bereit. Aber wie kam man durch die Luft? Zehnder: «Wir können der Firma Edelweiss nur danken, dass sie uns überall hinflogen – und das zu einer vernünftigen Offerte.» Das konnten sich die englischen Teams nicht leisten. Und hätte man auf der Insel der Formel 1 nicht eine Sonderbewilligung bei der Aus- und Einreise zugestanden, die Formel 1 wäre nicht weit gekommen.
Zehnder dagegen lernte den Kantönligeist kennen: «Da unsere Leute aus acht Kantonen kommen, musste ich oft wegen der Quarantäne mit den Gesundheitsämtern verhandeln. Zwei sagten immer Nein!» Welche? Bleibt geheim!