«Eigentlich bin ich ein Bergmensch», sagt Rennfahrer Ralph Boschung (25). Nun hat er den grössten Berg seiner Karriere endlich bestiegen: erster Sieg in der Formel 2. «Jetzt wird der Druck grösser, ich will vorne dabei bleiben.»
Der erste Sieg ist eine Erlösung – Boschung fährt schon seine siebte F2-Saison. Und das als Rennsport-Unikum. Der Waadtländer aus Montreux mit der Walliser Mutter und mit dem perfekten Schweizerdeutsch aus seiner Schulzeit in Fribourg ist sein eigener Manager, sucht sich sein Sponsorgeld selber zusammen.
Das bedeuten mehrere hunderttausend Franken pro Jahr. Sprich: Sein erster Sieg hat viele Millionen gekostet. «In meiner Karriere habe ich schon über 10 Millionen an Sponsorengeld reingeholt», sagt er. Reiche Eltern hat Boschung keine, er sagt: «Ich gebe nicht auf.»
Schriller Krypto-Star als potenter Sponsor
Aktuell sponsert ihn mit Casa Andrea eine Marke aus einem Reederei-Konzern. Und auf seinem Renner prangt ein lachendes Gesicht. Was soll diese Ulk-Werbung? Das Portrait zeigt den schwedischen Krypto-Millionär Carl «The Moon» Runefeld (28). «Ich habe ihn in Monaco getroffen und konnte ihn für dieses spezielle Sponsoring begeistern, er liebt Autorennen», sagt Boschung und fügt lachend an: «Er ist so verrückt wie ich.»
Nun hat das verrückte Duo einen verrückten Plan: Boschung in die Formel 1 bringen. Mit einem Team sei man in Gesprächen, aber für einen Aufstieg müsse vieles passen. Doch eigentlich kurvt der Schweizer schon viel zu lange im Formel-1-Vorhof herum. Viele seiner früheren Gegner wie Leclerc, Norris, Zhou, Tsunoda, Latifi, de Vries, Schumacher, Albon, Russell, Sergeant oder Piastri sind längst in die Königsklasse aufgestiegen.
Warum glaubt der ewige F2-Pilot noch immer an die F1? «Bisher bin ich kaum je eine volle Saison durchgefahren, ich hatte dafür nie das Budget gehabt. Erst jetzt passt alles.»
Eine Nackenverletzung bedrohte die Karriere
Tatsächlich sind die Jahre 2017 bis 2022 eine Ansammlung von Pleiten, Pech und Pannen. Immer wieder verpasst er Rennen, weil sein Geld nicht reicht. Im Corona-Jahr 2020 droht das Karriere-Aus, erst beim Saisonfinal kommt er als Notnagel zum Zug. Im spanischen Campos-Team, wo er bis heute fährt. Erst 2021 fährt dann Boschung eine ganze Saison durch und erstmals aufs Podest.
Doch dann droht 2022 wieder das Karriereende. Boschung bekommt ein Nackenproblem, kann das 620-PS-Monster nicht mehr bändigen und muss Rennen auslassen. Es ist eine körperliche Verschleisserscheinung, das sogenannte Facettensyndrom. Eine Reha hilft. Boschung gibt in Spa gegen den ärztlichen Rat sein Comeback, weil die Sponsoren Resultate sehen wollen. «Das Risiko hat sich gelohnt. Ich bin gleich aufs Podest gefahren und Beschwerden habe ich nur noch ab und zu morgens.»
Boschung beisst sich durch. Und träumt weiter von der Formel 1.