Bewegende Worte von Freund Jean Todt
Schumi: Zehn Jahre im eigenen Körper gefangen

Es ist und bleibt eine der traurigsten Geschichten im Spitzensport. Und seine unzähligen Fans streiten sich seit dem Skiunfall am 29. Dezember 2013 darüber, ob die Familie schweigen soll, wie es Michael Schumacher (54) geht.
Publiziert: 28.12.2023 um 23:59 Uhr
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Aktualisiert: 29.12.2023 um 09:09 Uhr
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Vor zehn Jahren verunfallte Michael Schumacher schwer.
Foto: Bongarts/Getty Images
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Roger BenoitFormel-1-Experte

Einig werden sich seine Fans auch nach zehn Jahren oder 120 Monaten nicht: «Wir haben ihn jahrelang begleitet, also wollen wir auch wissen, wie es um ihn steht.» Oder: «Lasst endlich die Familie in Ruhe.»

So bleiben weiter nur die Spekulationen im Raum, auch wenn die Hoffnung längst ein leeres Wort ist.

522 Wochen ohne Hoffnung

Der frühere Ferrari-Wegbegleiter von Schumi und Ex-FIA-Präsident Jean Todt (77) ist einer der wenigen Menschen, die den siebenfachen Weltmeister regelmässig besuchen können.

Und auch der langjährige Optimist («Wir werden Michael sicher wieder an den Rennstrecken begrüssen») hat nach 522 Wochen eine Besserung von Schumis Gesundheitszustand praktisch ausgeschlossen.

«Er ist ein anderer Michael»

Todts bewegende Worte auf dem Formel-1-Portal: «Er ist nicht länger der Michael, den wir aus der Formel 1 kennen. Aber er ist hier, also vermisse ich ihn nicht!» Der Franzose, der im Juli 2023 Oscar-Preisträgerin Michelle Yeoh (62) in Genf geheiratet hat: «Michael ist jetzt anders, zum Glück wird er daheim wunderbar von seiner Familie begleitet und beschützt!»

«Als ich ihn kennenlernte, war er grün hinter den Ohren»
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Jean Todt über Schumacher:«Als ich ihn kennenlernte, war er grün hinter den Ohren»
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Todt: «Unglücklicherweise hat das Schicksal vor zehn Jahren zugeschlagen. Michael ist ein anderer Mensch – und ich habe das Privileg, einige Momente mit Michael zu teilen. Das ist alles, was es zu sagen gibt.»

Keine «Wunder» mehr

Zum Glück sind die dummen Artikel aus dem Netz und dem bunten Blätterwald verschwunden: «Er ist nicht mehr unter uns!» – «Er kann wieder gehen!» – «Weltsensation: das erste Interview!». Die Anwälte der Familie Schumacher hatten in den letzten zehn Jahren genug Arbeit.

Aber wir erinnern uns auch vor seinem Unfall, als es der 91-fache GP-Sieger jahrelang den Medien verboten hat, die Namen seiner zwei Kinder Mick (24) und Gina Maria (26) zu nennen. Und mit Anwälten drohte.

Die Krankenakte und der Tod

Viele Ärzte haben sich mit dem «Fall Schumacher» beschäftigt – und die Folgen seines Sturzes auf einen Stein blieben geheim. Ja, zu Beginn wurde sogar die Krankenakte des Wahlschweizers in Lausanne gestohlen – und für 50'000 Euro den Medien angeboten. Niemand schlug zu.

Bald wurde ein deutscher Kadermitarbeiter der Rega verdächtigt. Und einen Tag nach seiner Verhaftung erhängte sich der 54-jährige Mann am 5. August 2014 im Zürcher Polizeigefängnis.

Wachkoma oder Locked-In-Syndrom

Was stand in diesen Akten? Die Spekulationen, durch das Schweigen der Familie Schumacher nie zum Stoppen gebracht, begrenzen sich seit Jahren auf ein Wachkoma oder das Locked-In-Syndrom.

Während beim Wachkoma die Funktionen des Grosshirns schwer beeinträchtigt sind, ist der Hirnstamm weitgehend intakt. Beim Locked-in-Syndrom ist es genau umgekehrt. Hier sind die Grosshirn-Funktionen erhalten. Dagegen liegen schwere Schädigungen des Hirnstammes vor.

Massa: «Michael blinzelte!»

Die vielen Mediziner, Physiotherapeuten sowie Pflegerinnen und Pfleger von Michael Schumacher mussten sich verpflichten, nach aussen zu schweigen. Auch die wenigen Besucher, wie vor einigen Jahren Schumis Ferrari-Teamkollege Felipe Massa (42).

Der Brasilianer sagte nach seiner Begegnung mit Michael: «Irgendwie hatte ich das Gefühl, er habe mir zugeblinzelt!» Ein Satz, dem damals niemand eine grosse Bedeutung schenkte.

Stift in der Schädeldecke?

Doch das würde zum Locked-in-Syndrom passen: Da ist eine fast vollständige Lähmung vorhanden … Aber die Patienten können ihre Augen nach oben und unten bewegen. Und blinzeln.

Vor zehn Jahren hielten Michael Schumacher, der 17 schwere Formel-1-Unfälle mit einem Beinbruch (1999 in Silverstone) überlebte, zwei Notoperationen am Leben. Beim Drama vor 3652 Tagen in Méribel (Fr) soll sich ein Stift seiner Helmkamera in die Schädeldecke gebohrt haben.

Kaum mehr Anteilnahme

Was ist nach zehn Jahren von der weltweiten Bestürzung und Anteilnahme noch übrig? Fast nichts mehr. Die «Keep Fighting»-Kleber auf den GP-Autos sind längst verschwunden.

Das grosse Mitleid ist in der Schublade der Gleichgültigkeit abgelegt. Schumi kämpft jetzt fast allein mit seiner Familie, die mit Doku-Filmen auf Netflix und jetzt in der ARD den Namen des früheren Helden nicht vergessen lässt. Nur den Gesundheitszustand will man weiter geheim halten.

Wird er bei Alpine glücklich?

Und Sohn Mick kann seinen Traum («Ich will wie mein Vater auf Ferrari Weltmeister werden») nach zwei durchzogenen Haas-Jahren (2021/2022) begraben. Wie vor einem Jahr lag auch vor wenigen Tagen kein neuer Formel-1-Vertrag unter dem Christbaum.

Der junge Mann, der vor zehn Jahren beim Skiunfall dabei war, muss sich in die Langstrecken-WM (mit dem Klassiker Le Mans) zu Alpine verabschieden. Den Job als Ersatzpilot bei Mercedes darf man als Vermächtnis seines Vaters Michael Schumacher ansehen.

Schumi wird bald 55

Am 3. Januar 2024 hat Michael Schumacher Geburtstag. Er wird 55 Jahre alt. Und ein Satz von Mick von 2022 wird die Tragödie bis ans Ende begleiten: «Ich würde alles geben, um mit meinem Papa zu reden!»

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