Nati-Evergreen holt WM-Rekord
«Der Ambühl von heute ist der Ambühl von damals»

Am Samstag gegen Kanada holt sich Andres Ambühl (38) den Weltrekord. Er steht zum 120. Mal bei einem WM-Spiel auf dem Eis. Alles begann 2004 in Prag. Teamkollegen von damals erinnern sich.
Publiziert: 20.05.2022 um 13:58 Uhr
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25. April 2004 in Prag: Mathias Seger (l.) gratuliert Andres Ambühl bei dessen WM-Debüt gegen Frankreich zum 6:0.
Foto: EQ Images
Stephan Roth, Dino Kessler und Marcel Allemann

Schon der Start war verheissungsvoll. Beim 6:0 gegen Frankreich in Prag stand der Stürmer 2004 bei allen sechs Treffern auf dem Eis, leitete das 1:0 ein und erzielte das 6:0 im Powerplay selbst. Und nach seinem ersten WM-Spiel schrieb die «Südostschweiz» über den damals 20-Jährigen: «Andres Ambühl spielt schneller und pointierter, als er spricht.»

Es war der Anfang einer bisher 18 Jahre langen WM-Reise, die am Samstag im Spiel gegen Kanada in einen Weltrekord münden wird. Am Mittwoch gegen die Slowakei zog «Büeli», wie ihn jeder nennt, mit seinem 119. WM-Einsatz mit dem deutschen Rekordmann Udo Kiessling gleich.

«Mir ist klar, das ist etwas Spezielles. Momentan steht für mich aber der Erfolg mit der Mannschaft im Vordergrund, keine persönlichen Dinge. Mit der Bedeutung dieser Rekordmarke kann ich mich dann später beschäftigen, das ist etwas für die Erinnerung», sagt der Dauerbrenner, vor dem der eingeläutete Verjüngungsprozess in der Nati bisher haltgemacht hat.

Meiste WM-Spiele
  • 1. Andres Ambühl (Sz) 120
  • 2. Udo Kiessling (De) 119
  • 3. Jiri Holik (Tsch) 109
  • 4. Alexander Maltsew (Russ) 108
  • 5. Ville Peltonen (Fi) 107
  • 6. Dieter Hegen (De) 106
  • Oldrich Machac (Tsch) 106
  • Mathias Seger (Sz) 106
  • 9. Boris Michailow (Russ) 105
  • Waleri Charlamow (Russ) 105
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  • 2. Udo Kiessling (De) 119
  • 3. Jiri Holik (Tsch) 109
  • 4. Alexander Maltsew (Russ) 108
  • 5. Ville Peltonen (Fi) 107
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  • Mathias Seger (Sz) 106
  • 9. Boris Michailow (Russ) 105
  • Waleri Charlamow (Russ) 105

HCD-Veto verhinderte 2018 zweite WM-Medaille

Seit 2004 hat Ambühl nur eine WM verpasst: 2018 entging ihm so eine zweite Silbermedaille. «Das war wegen einer kaputten Sehne am Sprunggelenk, ich war aber wieder fit und wollte natürlich trotzdem mit an die WM, aber der HCD hat sein Veto eingelegt. Im Nachhinein natürlich sehr schade, aber es ist, wie es ist», sagt der 38-Jährige.

Beim WM-Debüt des Bauernsohns aus dem Sertig stand auch Patrick Fischer noch auf dem Eis. Der jetzige Nati-Coach kannte ihn schon aus der gemeinsamen HCD-Zeit. «Beim ersten Titel in Davos unter Del Curto (2002, die Red.) war Büeli knapp 20 Jahre alt und spielte in der vierten Linie, aber man staunte schon damals mit offenem Mund, wie gut er die wichtigen Sachen im Griff hat», erinnert sich der 46-Jährige. «Was mich sehr beeindruckt, ist seine Ruhe. Der Mann hat nie Stress. Egal, was wir vorhaben, Büeli ist zehn Minuten vorher schon bereit. Das wirkt sich auf alles aus, darum ist er wohl auch kaum einmal verletzt. Die harte Arbeit nimmt er wohl gar nicht als solche wahr, für ihn ist das Spiel immer vor allem Spass.»

Biel-Verteidiger Beat Forster (39), damals gegen Frankreich ebenfalls Torschütze, sagt über seinen langjährigen WG- und Teamkollegen: «Der Ambühl von heute ist der Ambühl von damals, ob auf dem Eis oder daneben. Büeli ist Büeli. Wir waren in der Nati Zimmerkollegen, wenn wir TV geschaut haben, hatte sich der Erste, der ins Zimmer kam, die Fernbedienung gesichert. Oder wir haben Playstation gespielt, immer NHL. Einen Zapfenstreich haben wir nie verpasst, das war für uns kein Thema.»

Seger: «Büeli spielt nicht für Rekorde»

Der Wirbelwind sei von Anfang an bei allen gut angekommen, erinnert sich Mathias Seger (44), der den Assist zu Ambühls erstem von 22 WM-Toren gab. «Einen mit seiner Art und seinem Arbeitseifer, der 60 Minuten wie ein Wiesel abgeht, hat jeder gerne in der Mannschaft. Wir haben uns gegenseitig immer sehr geschätzt. Ich habe viel von ihm gelernt.» Ambühl sei ein Mensch, dem man «zu 100 Prozent vertrauen» und «auf den man sich immer zu 100 Prozent verlassen» könne.

Das 3:1 der Schweiz ist eine Augenweide
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Bertschy und Ambühl zaubern:Das 3:1 der Schweiz ist eine Augenweide

«Ich finde es cool, dass Büeli all diese Rekorde holt, es freut mich für ihn», sagt Seger. «Doch ihn wird es nicht gross kümmern, er spielt nicht für Rekorde.»

Der Ostschweizer ist der einzige Schweizer, der (noch) mehr Länderspiele (305) als Ambühl (293) bestritten hat. «Ich bin mir sicher, dass er mich auch noch als Rekordnationalspieler ablösen wird, und das ist auch gut so. Dieser Motor, den er jedes Mal anwirft, der ist einfach unglaublich! Wenn die Autoindustrie wüsste, wie dieser läuft, dann hätte sie schon lange auf Büeli-Motoren umgestellt», so Seger.

Ambühls erste WM endete übrigens mit dem Viertelfinal-Out gegen die Slowakei (1:3). Diesmal lautet das Ziel: Halbfinals.

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Patrick Fischers WM-Team 2022:
Foto: keystone-sda.ch





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