Es war der Wahnsinn von Paris. An das Resultat des letzten WM-Duells 2017 gegen Slowenien kann sich Thomas Rüfenacht nicht mehr genau erinnern. «Haben wir im Penaltyschiessen verloren – oder haben wir gewonnen?», fragt er. Es war ein Sieg. Aber einer, der sich wie eine Niederlage anfühlte. Die Schweiz hatte 4:0 geführt, gegen den Aussenseiter aber noch den Ausgleich hinnehmen müssen und dann im Penaltyschiessen gewonnen.
Doch noch mehr als dieser «skandalöse Sieg», wie ihn der Sonntagsblick betitelte, bleibt eine Szene in Erinnerung, über die Rüfenachts Teamkollege Reto Schäppi hinterher sagte: «Das war schon etwas kriminell. Zum Glück ist Rüfi noch unter uns.»
Der Stürmer, der diese Saison nach langwierigen Knieproblemen noch mal sein Comeback bei Ambri gab, hatte damals gar nicht gemerkt, dass ihn Ziga Jeglic beinahe mit einem Schlittschuh-Tritt die Kehle aufgeschlitzt hatte.
Erst als der Slowene hinterher für nur zwei Spiele gesperrt wurde, erkannte er die Dramatik. «Ich hatte nur aus dem Augenwinkel etwas wahrgenommen. Ich dachte, es sei ein Faustschlag und bin zusammengezuckt. Deshalb hat mich die Kufe wohl nicht getroffen», sagt der 37-Jährige, der damals in einem Techtelmechtel mit Robert Sabolic beschäftigt war, als sich Jeglic über die Bande schwang und mit dem Schlittschuh nach ihm trat.
Rüfenachts Vergleich mit Happy Gilmore
«Ich hätte verbluten können», sagte Rüfenacht, der keinen Kratzer davontrug, damals. «Wenn er mich geschnitten hätte, wäre ich jetzt nicht mehr da.» Und über Jeglic: «Ich möchte ihn gar nicht mehr sehen. Das war Absicht, das sieht man im Video auch an seinem Gesichtsausdruck.»
Heute mag Rüfenacht nicht mehr darüber nachdenken, was hätte passieren können und sieht es gelassener. Jeglic habe ihn danach angerufen und sich entschuldigt. «Ich habe versucht, ihm bewusst zu machen, was er da gemacht hat. Ich denke, es war ein einmaliger Aussetzer. Ich glaube nicht, dass er mir den Hals aufschneiden wollte. Er hat sich entschuldigt und das Leben geht weiter. So eine Szene wird wohl einmalig bleiben.»
Der dreifache Familienvater verzichtete auch auf rechtliche Schritte gegen den Slowenen. «So etwas gehört zum Berufsrisiko. Ich hatte damals keine Albträume», sagt der Stürmer. Glück hatte er auch vor seinem Comeback bei Ambri, als ihn im Training die Ferse von Dominic Zwerger am Kopf erwischte und er mit einem Kieferbruch davon kam.
Inzwischen nimmt Rüfenacht den Wahnsinn von Paris mit Humor. An die üble Aktion von Jeglic denke er nur noch nach, wenn er mit Bekannten über den Film «Happy Gilmore» und die Szene spreche, in der Adam Sandler in der Rolle des ungehobelten und jähzornigen Ex-Hockey-Spielers und Golfers sagt: «Hey, ich habe einen Eishockey-Rekord. Ich habe meine Schlittschuhe ausgezogen und versucht, jemanden damit zu stechen. Ich bin der Einzige, der das je getan hat.»
Und während Rüfenacht noch offen lässt, ob er seine Karriere fortsetzen will, ist der 35-jährige Jeglic, der in der DEL bei den Fishtown Pinguins spielt, bei der WM in Riga dabei.