Die Swiss League war irgendwann mal die Nationalliga B. Oder die «Nati B», wie man auf Stehrampen und an den Stammtischen sagte. Als aus der Nationalliga A die «National League» wurde, folgte bald ein finanzieller Quantensprung. Bei der Nati B als Swiss League? Nicht so sehr.
Die mächtigen Bosse der NL-Klubs diktieren mit ihrer Stimm(en)gewalt seither den Kurs, der Verband wird vom ehemaligen Taktgeber zum Befehlsempfänger degradiert. TV-Vertrag, Vermarktung, Spielregeln. Alles auf die National League zugeschnitten. Nur reicht das den immer mehr Geld verschlingenden NL-Klubs nicht, also wählt man die totale Selbstbestimmung und gründet eine Aktiengesellschaft. Ein alles verschlingender Moloch.
Und die Nati B? Muss sofort reagieren. Jetzt erfindet sich die zweithöchste Liga des Schweizer Eishockeys gerade neu. Die Swiss League wird ab 2022/23 das tun und lassen, was man in Olten, Visp, Langenthal, Thurgau oder Sierre, in Winterthur, Kloten, La Chaux-de-Fonds oder im Pruntruter Zipfel für richtig hält. Hier ziehen alle am gleichen Strick, während sich die Bosse der National-League-Klubs gegenseitig kaum noch über den Weg trauen und hinter jedem Vorstoss der Konkurrenz eine verschwörerische Volte wittern.
Abschottung im Oberhaus, offene Türen in der Swiss League
Die SL-Klubs haben ihre Geschicke in die Hände von Jean Brogle (54) gelegt. Der ehemalige SRG-Jurist und Experte für Sportvermarktung hat als operativer Verwaltungsrat der AG den Auftrag, das passende Vermarktungskonzept zu schneidern: «Von aussen kommend führe ich quasi ein Start-up-Unternehmen. Ein Beginn auf der grünen Wiese, mit allen Möglichkeiten, Risiken und Chancen. Wir können in Zukunft auf der ganzen Klaviatur der Vermarktungsmöglichkeiten spielen und diese für uns nutzen. Dabei stellen wir den Fan als Kunden ins Zentrum, wir bieten Durchlässigkeit, wir machen den Sport für Fans und Sponsoren erlebbar.»
Während sich die National League immer weiter von der Basis entfernt und im Stil der Formel 1 Abschottungspolitik betreibt (Trainings hinter verschlossenen Türen, Interview-Embargos während den Playoffs und eine tendenzielle «Nein»-Kultur bei Medienanfragen), geht die Swiss League entschlossen in die andere Richtung und öffnet sinnbildlich die Kabinentüre. Und wird so zu einem attraktiven Produkt, das für klassisch schweizerische Werte wie Bodenständigkeit und Transparenz steht. Dass gar die aufstiegsambitionierten EHC Kloten mit Mike Schälchli und der EHC Visp mit Stefan Volken eine aktive Rolle darin spielen, demonstriert die Einigkeit unter den Traditionsklubs.
In Zukunft mit Namenssponsor
Die Swiss League kann sich ab 2022/23 neu nach selbst gemachten Regeln vermarkten und muss nicht mehr nach der SIHF/NL-Pfeife tanzen. «Wir bündeln die Rechte zentral und suchen einen Namenssponsor. So haben wir die Möglichkeit, neue Wege in der zunehmend digitaleren Welt zu gehen, denn das Verhalten der Konsumenten hat sich gewandelt und die Swiss League will zugänglicher und digitaler werden. Es können Gesamtpakete für Sponsoren geschnürt werden, die eine hohe Sichtbarkeit erreichen werden, immer dort, wo die Swiss League in Erscheinung tritt.»
Ein paar sportliche Richtlinien sind in Stein gemeisselt: Durchlässigkeit wird garantiert. Expansion ist möglich (Arosa und Basel haben Interesse signalisiert), Gästefans sind willkommen. Es wird weiterhin mit zwei Fachkräften aus dem Ausland gespielt – und die reinen Ausbildungsmannschaften (EVZ Academy und die Ticino Rockets) spielen in der heutigen Ausprägung für die weitere Planung keine Rolle mehr. Ein zentraler und notwendiger Schritt für eine unabhängige, eigenständig vermarktbare zweite Liga.
Die Farmteams sind raus
Der Langenthal-Präsident Gian Kämpf, neben Marc Thommen vom EHC Olten eine treibende Kraft hinter den Reformplänen, zum Thema Ausbildungsmannschaften: «Ich habe grundsätzlich nichts gegen die Philosophie der Farmteams, aber man hat wohl versucht, die gesamte Ausbildungsproblematik des Schweizer Eishockeys bei der Swiss League abzuladen. Die steht für Spielerentwicklung, aber weiterhin nur im Rahmen eines Gesamtkonzepts im Schweizer Eishockey, das allen etwas bietet.»
Die zweithöchste Liga gewinnt an Souveränität und Selbstbestimmung, verliert aber auch einen Teil der Planungssicherheit. Vor allem finanziell: Der bisherige Anteil pro Klub am Verkauf der Medienrechte und kommerziellen Rechte (total 365 000 Franken pro Jahr) fällt weg. Dafür können neue Einnahmequellen erschlossen werden.
Kämpf: «Wir gehen raus in den Wind, müssen versuchen, die Segel richtig zu setzen, aber unser Produkt ist dieses Risiko wert.» Und die Planungssicherheit? «Schön und gut, aber die sollte im Sport nicht über allem stehen. Vielleicht sind wir ja wie bei einem Start-up etwas zu optimistisch. Aber viel kann man uns aufgrund der heutigen Konstellation nicht nehmen.»
In letzter Konsequenz entscheidet der Publikumszuspruch über den Erfolg der Profi-Ligen. Möglicherweise treffen die Swiss-League-Dirigenten den richtigen Ton. Wer bisher nach Bern ging, könnte vielleicht bald in Langenthal anzutreffen sein. Oder in Olten, dort hat man das Stadion bereits schmuck saniert. In Langenthal und La Chaux-de-Fonds werden bald neue Arenen gebaut. In Visp und Ajoie sind sie bereits so weit. Die regionale Verankerung ist für die Swiss League weiterhin ein Kernpunkt.
Mannschaft | SP | TD | PT | ||
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1 | EHC Basel | 28 | 41 | 62 | |
2 | HC La Chaux-de-Fonds | 28 | 41 | 61 | |
3 | HC Thurgau | 29 | 29 | 59 | |
4 | EHC Visp | 29 | 8 | 50 | |
5 | HC Sierre | 29 | 20 | 48 | |
6 | EHC Olten | 29 | -17 | 36 | |
7 | EHC Chur | 29 | -27 | 36 | |
8 | GCK Lions | 29 | -21 | 34 | |
9 | EHC Winterthur | 29 | -23 | 32 | |
10 | Bellinzona Snakes | 29 | -51 | 14 |