Noch vier Stunden bis zum Spiel. Aus der SCB-Kabine sind Hits der 80er-Jahre zu hören. Ganz nach dem Geschmack von Beat Gerber. Soeben hat er alle Match-Leibchen an die Plätze der Spieler gehängt. Schon bald soll der Erste eintreffen. Der Tscheche Martin Frk wird es sein, verrät Gerber.
In den letzten 20 Jahren war es meistens er selbst, der vor den Spielen als erster Berner in der Garderobe gesessen ist. Der Kult-Verteidiger hat sich gerne Zeit gelassen bei den Vorbereitungen. Heute aber drängt die Zeit für Gerber, der nun als Materialwart fürs Wohl der Spieler – darunter viele seiner Ex-Teamkollegen –, verantwortlich ist. Nur zwei Wochen Ferien gönnt sich der 41-Jährige nach dem Saison- und Karriereende, bevor er seine Räumlichkeiten am anderen Ende des Garderobengangs bezogen hat.
«Es ist meine Leidenschaft»
Gerber richtet sie sich nach seinen eigenen Ideen etwas anders ein und als gelernter Schreiner hat er die Tische in der Schleif-Ecke sowie eine Theke beim Eingang selbst gebaut. «Als das erste Mal an der Spieler-Garderobe vorbeilaufen musste, war es schon ein spezieller Moment.» Mit Hilfe seiner Frau Nadina (39) schafft er sich seine neue «Garderobe». Dass er sich nach 24 Jahren als Hockey-Profi keinen Beruf mit normalen Arbeitszeiten gesucht hat, ist keine gute Nachricht für sie.
«Meine Frau war zuerst nicht so glücklich darüber», gesteht er, «es wäre für sie auch mal schön gewesen, wenn ich an Wochenenden zu Hause wäre.» Doch der Vater von Enzo (20), Aurora (18) und Giovanni (15) ergänzt sogleich: «Wir haben lange darüber diskutiert. Wir sind seit 24 Jahren zusammen, sie kennt nichts anderes. Aber Präsenzzeit und Rhythmus sind schon nochmals extremer als als Spieler.» Und fast schon entschuldigend: «Es ist meine Leidenschaft.»
Er meint das Schleifen der Schlittschuh-Kufen, seine zweite Passion nach dem Hockey. Den Morgen dieses Matchtages, an dem er seit 7 Uhr in der Postfinance-Arena ist, hat er damit verbracht. Im Koffer liegen fein säuberlich aufgereiht die frisch geschliffenen Kufen aller Spieler. Es ist eine Wissenschaft für sich, Gerber hat sie sich selbst beigebracht. «Ich kaufte mir eine Schleifmaschine wegen meiner Söhne.» Er übt, wird besser, und irgendwann kommen auch die eigenen Schlittschuhe dran.
Mit dem Einkaufswagen in die Schiri-Kabine
Der einstige Nationalspieler zeigt kurz seine Fertigkeiten, doch viel Zeit bleibt dafür nicht, es stehen noch einigen Aufgaben an. Er lässt einen Kontrollblick durch die SCB-Kabine schweifen, bevor er alles Nötige in die Schiedsrichter-Garderobe bringt: Tücher, Getränke, Riegel, Bananen. Dann übergibt er Martin Keller, seinem Berufskollegen bei Kloten, die Tücher für die Gästekabine.
Rund eineinhalb Stunden vor dem ersten Bully richtet der SCB-Rekordspieler die Spielerbank ein. Er räumt die Stöcke raus, bereitet den Materialkoffer vor, stellt die Bidons hin. «So langsam finde ich meinen Ablauf.» Nach dem Warm-up lassen ihm die Spieler ihre Helme da. Jedes Visier putzt Gerber fein säuberlich und reiht die Helme fast schon andächtig auf der Bande auf. Seit dieser Saison kommen die Spieler neuerdings ohne Helm aufs Eis.
Die Wünsche und Besonderheiten der Spieler hat der neue Materialwart bereits intus. Gerber merkt sich, wer seine Handschuhe auf welchem Föhn getrocknet haben will. «Die Routine kommt mit der steigenden Anzahl Partien.» Er selbst sei als Spieler unkompliziert gewesen, habe es einfach geschätzt, wenn alles immer am gleichen Ort versorgt ist. Trotzdem unterhält er sich den Sommer über mit Materialchefs anderer Klubs und holt sich Tipps. In seinem Reich macht er nun dennoch sein eigenes Ding – und ist überglücklich damit.
Dass er nach dem nahtlosen Übergang vom Spieler zum Materialwart noch zu so manchem Akteur eine enge Beziehung hat, versteht sich von selbst. Plötzlich muss er ihnen nun Stöcke und Nastücher reichen. «Es gibt sicher spezielle Momente», so Gerber, «aber bis jetzt waren alle hochanständig und sind dankbar», schmunzelt er, «das schätze ich.»
Im Material- statt im Teambus
Im Spiel gegen Kloten ist Gerber angespannt und fokussiert auf der Bank. Drei Kufen-Wechsel stehen an, alles läuft glatt. Will er nicht am liebsten selber noch über die Bande springen? «Nein, das Eis vermisse ich überhaupt nicht.» Der grösste Unterschied sei für ihn, dass er nicht mehr mit dem Teambus an die Spiele fahre, sondern mit dem Materialbus voraus. «Da brauchte ich auch schon ein Navi, um richtig zur Halle zu fahren», grinst er.
Nach dem 2:1-Sieg gegen Kloten geht Gerbers Arbeitstag noch weiter. Ein Berg Wäsche wartet, bevor ein weiterer 18-Stunden-Tag in der Eishalle für ihn endet. Mit einem Lachen, weil er immer noch den Hockey-Puls fühlt.
Mannschaft | SP | TD | PT | ||
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1 | Lausanne HC | 31 | 12 | 59 | |
2 | ZSC Lions | 28 | 31 | 58 | |
3 | HC Davos | 32 | 25 | 58 | |
4 | SC Bern | 31 | 18 | 55 | |
5 | EHC Kloten | 32 | -1 | 54 | |
6 | EV Zug | 30 | 20 | 49 | |
7 | SCL Tigers | 30 | 4 | 44 | |
8 | EHC Biel | 30 | 2 | 42 | |
9 | SC Rapperswil-Jona Lakers | 32 | -11 | 42 | |
10 | HC Ambri-Piotta | 31 | -18 | 41 | |
11 | HC Fribourg-Gottéron | 31 | -12 | 39 | |
12 | Genève-Servette HC | 28 | -3 | 36 | |
13 | HC Lugano | 30 | -23 | 36 | |
14 | HC Ajoie | 30 | -44 | 26 |