Kribbeln, Wechselduschen, Scheisstore, Routinen und Vertrauen
Ein Blick hinter die Goalie-Masken

Was beschäftigt einen Torhüter während den Playoffs? Das bekommt man von ihnen in der heissesten Saisonphase nur selten zu hören, weil sie sich zurückziehen. Deshalb sagen Genoni, Reideborn, Berra & Co. vor dem Start, welche Gedanken die Playoffs bei ihnen auslösen.
Publiziert: 10.03.2024 um 20:00 Uhr
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Aktualisiert: 11.03.2024 um 07:54 Uhr
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Fribourg-Keeper Reto Berra ist dankbar, dass die Saison so gut verlaufen ist für ihn.
Foto: Estelle Vagne/freshfocus

Leonardo Genoni (36, Sz, Zug): «Alles ist anders – ausser ich»

«Playoffs, wir sind noch mehr mit dem Team unterwegs, noch mehr in der Garderobe. Alles wird komprimiert. Es geht um sehr viel, man merkt das Kribbeln. Also, ich bei mir nicht, aber bei meinen Teamkollegen. Ich bin der Beobachter und spüre in der Kabine, wie nochmals ein Ruck durch die Mannschaft geht. Weil ich genau weiss, dass das passieren wird, freue ich mich immer extrem auf die Playoffs. Ich geniesse richtig, was dann im Team abgeht. Mir wird bewusst, wie stark jeder mit den Playoffs beschäftigt ist. Das Spiel ist eigentlich ein Spiel wie jedes andere – aber in einer anderen Sportart.

Alles ist anders – ausser ich. Denn für mich gilt es, einen kühlen Kopf zu bewahren, sonst könnte ich mein Spiel nicht spielen. Als Goalie muss man in den Playoffs nicht den Hampelmann machen. Mit unserer Körpersprache haben wir viel Einfluss, sie gibt meinem Team Vertrauen, es zählt auf mich.

Als ich 2008 in Davos mit 21 die Playoffs spielte, habe ich viel von den damaligen Teamleadern gelernt. Man wusste: Wenns hart auf hart ging, waren sie präsent. Das war eindrücklich, diese Ausstrahlung versuchte ich zu kopieren.»

Sandro Aeschlimann (26, Sz, Davos): «Meine erste Playoff-Serie hielt alles bereit»

«Aus Respekt ist Freude geworden. Ich erinnere mich noch genau an meine Nervosität vor dem Playoff-Debüt vor zwei Jahren gegen die Lakers. Diese Serie hielt wirklich alles bereit für mich. Von Scheisstoren über einen Shutout bis hin zum siebten Spiel, das wir nach einem 0:3-Rückstand in der Serie gewinnen konnten. Wenn ich mich jetzt zurückerinnere, war für mich das Game 7 weniger schlimm als mein erstes Viertelfinal-Spiel. Da wollte ich einfach zu viel.

Ich versuche mittlerweile, alles rundherum so gut wie möglich auszublenden. Es wird emotionaler, aber ich darf mich nicht darauf einlassen. Ich gehe sowohl in der Regular Season als auch in den Playoffs mit dem Motto ins Spiel, dass es das letzte meines Lebens sein könnte. Man weiss ja nie, was passiert. So kann ich es auch irgendwie geniessen. Das hilft mir, nicht in einen Überdruck zu geraten. Ich versuche für mich selber die ganze Situation zu relativieren und mein Leben genau gleich zu leben.»

Reto Berra (37, Sz, Fribourg): «Dankbar, das Vertrauen in den Körper gefunden zu haben»

«Vertrauen. Eine Stärke, ein Wort, das diese Saison, diese Playoffs für mich prägt. Hätte man mir Anfang August prophezeit, dass ich 41 Quali-Partien bestreite und gute Leistungen abliefere, das hätte ich sofort unterschrieben. Denn damals hatte ich Zweifel.

Die letztjährigen Pre-Playoffs bestritt ich noch unter Schmerzen, als ich nach meiner Rückenverletzung zurückgekehrt war. Das hat mich im Sommer zum Umdenken gezwungen. Ich muss besser auf mich achten als früher. Ich trainiere nun viel bewusster und fokussierter, sonst wirds gefährlich für meinen Rücken. Ich habe Yoga und Pilates intensiviert und bin sehr diszipliniert in meinen Abläufen, auch was Ernährung, Regeneration und Schlaf betrifft. Ich weiss, wie ich mit meinem Körper umgehen muss.

In bin an einem Punkt, an dem ich einfach dankbar bin, dass ich so gut durch die Saison gekommen bin. Und dankbar dafür, das Vertrauen in den Körper wiedergefunden zu haben. Das gibt mir ein positives Gefühl. Deshalb freue ich mich extrem auf diese Playoffs, denn sie werden speziell sein für mich.»

Adam Reideborn (32, Sd, Bern): «Ich verpasste ein Halbfinal-Spiel wegen der Geburt meines Sohnes»

«In den Playoffs muss man dermassen fokussiert sein, dass man mental ermüdet, wenn man es nicht schafft, zwischen den Spielen zu entspannen. Einmal setze ich mich in der Halle aufs Rad, ein anderes Mal verbringe ich die Zeit mit meiner Frau Nathalie und unserem Sohn Ben. Er wird im April fünf Jahre alt. Wegen seiner Geburt verpasste ich das sechste Halbfinal-Spiel mit Djurgarden. Die Familie geht immer vor. Im siebten Spiel war ich wieder dabei, und wir erreichten den Final.

Zu meinen ersten Titeln kam ich aber erst mit ZSKA Moskau. Dabei war ich letztes Jahr in den ersten Spielen Ersatz, während Alexander Scharitschenko spielte. Weil es nicht so lief, wechselte Trainer Sergej Fjodorow, und ich spielte 25 Partien.

Abergläubisch bin ich nicht. Doch manchmal gibt es Dinge, die ich wiederhole, wenn es gut gelaufen ist. Vor allem in den Playoffs. Ich nehme dann zum Beispiel vor dem Spiel den gleichen Snack zu mir, weil es mir ein gutes Gefühl gibt.»

Connor Hughes (27, Sz/Ka, Lausanne): «Ich dusche vor dem Spiel erst warm, dann kalt»

«In den letzten Jahren war ich in Fribourg in den Playoffs hinter Reto Berra die Nummer 2. Da ging es darum, mich bereitzuhalten und für gute Laune zu sorgen. Ein Playoff-Spiel bestritten habe ich erst einmal: 2020 mit Langenthal, als ich in Olten im Stand von 0:6 für Philip Wüthrich eingewechselt wurde.

Ich werde nichts an meiner Routine ändern: Am Nachmittag schlafe ich noch ein wenig, spiele meist Video-Games und trinke meinen Kaffee. Zweieinhalb Stunden vor dem Spiel gehe ich in die Arena und binde die Stöcke ein. Nach dem Team-Meeting stecke ich meine Kopfhörer mit Technomusik ein und setze mich für genau acht Minuten aufs Rad. Es folgen meine Stretching-Routine und die Hand-Augen-Koordinations-Übungen.

In der Halle mache ich auf der Bank Visualisierungen, in denen ich Spielsituationen vor meinem geistigen Auge durchgehe. Dann nehme ich erst eine warme und eine kalte Dusche. Danach entspanne ich mich und plaudere auch gerne mit meinen Teamkollegen.»

National League 24/25
Mannschaft
SP
TD
PT
1
Lausanne HC
Lausanne HC
31
12
59
2
ZSC Lions
ZSC Lions
28
31
58
3
HC Davos
HC Davos
32
25
58
4
SC Bern
SC Bern
31
18
55
5
EHC Kloten
EHC Kloten
32
-1
54
6
EV Zug
EV Zug
30
20
49
7
SCL Tigers
SCL Tigers
30
4
44
8
EHC Biel
EHC Biel
30
2
42
9
SC Rapperswil-Jona Lakers
SC Rapperswil-Jona Lakers
32
-11
42
10
HC Ambri-Piotta
HC Ambri-Piotta
31
-18
41
11
HC Fribourg-Gottéron
HC Fribourg-Gottéron
31
-12
39
12
Genève-Servette HC
Genève-Servette HC
28
-3
36
13
HC Lugano
HC Lugano
30
-23
36
14
HC Ajoie
HC Ajoie
30
-44
26
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