Ein typischer Wintertag in Ängelholm sei das, «extrem windig und deshalb trotz Plusgraden sehr kalt am Meer». Dan Tangnes muss es wissen. Die pittoreske Stadt an der Westküste Schwedens ist seit vielen Jahren die Wahlheimat des Norwegers. Auf dem Strand-Spaziergang hat der 44-Jährige ein Ritual mit Tango, dem Labradoodle-Rüden. Tangnes versteckt sich irgendwo in den Dünen hinter Sträuchern und Bäumen, und der Vierbeiner muss ihn suchen. Es dauert selten lange.
Tango tollt am Strand herum. Da deutet der EVZ-Trainer plötzlich auf Spuren im Sand. Die Pfotenabdrücke sind zu gross, als dass sie von einem Hund stammen könnten. «Das müssen Wolfsspuren sein», sagt Tangnes. Die Abdrücke der langen Krallen erkennt man deutlich. «In den letzten zwei Wochen wurde über mehrere Wolfssichtungen berichtet in den News», erklärt er.
Schnell weiter, denkt man da. Im Hintergrund taucht die Silhouette des über die Landesgrenzen hinaus bekannten Hotels und Restaurants Klitterhus auf. Es ist das beliebteste Foto-Sujet in den Dünen. Auch Tangnes hat eine besondere Erinnerung ans Klitterhus: «Hier haben meine Frau und ich 2017 unsere Hochzeit gefeiert.» Eine Traumkulisse. Und diese Liebe ist mit ein Grund, weshalb der Norweger in Schweden heimisch geworden ist: Anja Tangnes (39) stammt aus Ängelholm, hat bis auf vier Jahre in Zug immer dort gelebt.
Das Traumhaus war ein Spontankauf
Seit der letzten Saison wohnt sie mit Tochter Wilma wieder in ihrem Heimatort, weil die 13-Jährige die Oberstufe in Schweden absolviert. Tangnes besucht seine Liebsten wann immer möglich, in dieser Saison jeweils für wenige Tage in den drei Nati-Pausen sowie an Weihnachten. «Viele sehen nur den Glitzer und Glamour meines Trainerjobs. Aber dass nach vier gemeinsamen Jahren in Zug meine Familie plötzlich wieder weg ist, ist nicht immer einfach.» Mutter und Tochter besuchen ihn jedoch regelmässig in der Schweiz.
Ihr Traumhaus aber, das haben die Tangnes' in Ängelholm gefunden. «Es war ein Spontankauf», verrät der Meistertrainer (2022, 2021) grinsend. 2020 fährt er bei einem seiner Besuche in der Wahlheimat durch eine beliebte Wohngegend in der Nähe der Fussgängerzone der Stadt. In jener Strasse wohnt auch Rögle-Legende, Weltmeister, Olympia-Sieger und Ex-NHL-Verteidiger Kenny Jönsson (49), der Bruder von Ex-HCD-Assistenztrainer Jörgen Jönsson (51).
Tangnes weiss von Freunden, dass das gegenüberliegende Haus schon länger zum Verkauf steht, es aber kürzlich vom Markt genommen worden ist. Er sieht zufällig den Besitzer im Garten, hält an und spricht ihn an. «Er hatte es vom Markt genommen, weil er dachte, dass in der Corona-Krise niemand ein Haus kaufen möchte.» Tangnes will es. «Ich machte ihm ein Angebot. Er hatte 24 Stunden Zeit, um es sich zu überlegen, weil ich wieder nach Zug zurückmusste.» Der Verkäufer schlägt am nächsten Tag ein. Und die Tangnes’ sind stolze Besitzer eines traditionellen Stadthauses, Baujahr 1923.
Den Charme erhalten, einen modernen Touch verliehen
«Ich liebe dieses Haus», sagt der einstige Trainer von Ängelholms Stadtklub Rögle BK, kurz bevor er die Türe öffnet. Am Strand ist es zu garstig geworden, da springt sogar Tango sofort ins Auto und möchte nach Hause. Kurz die sandigen Pfoten geputzt und getrocknet, und rein gehts. Es ist beeindruckend schön. Die Familie hat ihr neues Zuhause über drei Jahre fortwährend renoviert. «Wir wollten den Charme und die Geschichte erhalten, ihm aber einen modernen Touch verleihen.»
Das ist gelungen. Das Haus ist im Nordic-Chic-Look eingerichtet, das skandinavische Wohngefühl ist perfekt getroffen. Der Stil ist puristisch und zeitlos, mit vielen Naturfarben Ton in Ton. Die Accessoires sind zurückhaltend. Für die Küche wurde ein spezielles Holz verwendet, der Steinboden ist modern. Der Holzboden im Wohnbereich dafür «heimelig», die Holz-Treppe ins Obergeschoss knarrt. In einem schwedischen Einrichtungsmagazin wäre dieses Haus nicht fehl am Platz. «Wir haben schon Anfragen erhalten», verrät Tangnes, «aber alle abgelehnt.»
Sein Lieblingssessel steht in der Leseecke, von dort aus sieht er sowohl aufs Cheminée als auch auf den Fernseher. «Hier kann ich abschalten und bin weit weg vom Hockey.» Die Krimis im Regal sind von seiner Frau, auf dem Tischchen stapeln sich seine Wein-Fachbücher. Wein, das ist Tangnes’ zweite Passion. Deshalb zeigt er im Untergeschoss seinen mit einem Code gesicherten Weinkeller, den er in seinem neuen Heim unbedingt wollte. In diesem Kellergeschoss hat er beim Umbau selbst mit angepackt, im Garten beim Pool-Bau ebenso. Irgendwann steht noch ein letztes Projekt an: Aus der ungenutzten Garage im Garten soll ein Gästehäuschen mit Wellness-Bereich entstehen.
In Ängelholm erwachsen geworden
Tangnes macht Kaffee. Manchmal müsse er in der Küche die Dinge suchen, sagt er schulterzuckend – und grinsend. Was unterscheidet den Privatmann Dan Tangnes vom Hockey-Trainer? «Als Coach muss man täglich die beste Version von sich selbst sein, die Spieler fordern und fördern, ob man einen guten oder schlechten Tag hat.» Während er in Zug praktisch ständig von Leuten umgeben ist, liebt er die Ruhe in Ängelholm. «Hier kann ich meine Batterien aufladen und mit meiner Familie und dem Hund Zeit verbringen.»
Obwohl Tangnes versichert, stolzer Norweger zu sein, Schweden ist sein Zuhause, Schwedisch seine Sprache. Denn bereits als 16-Jähriger zieht er von Oslo (No) nach Ängelholm. Damals ist Rögle der erste Klub, der sich für den Stürmer interessiert. Er spielt von 1996 bis 1999 bei dessen Junioren. «In Ängelholm bin ich erwachsen geworden, hier hatte ich mein ganzes Sozialleben.» Hier lernt er seine Liebe Anja kennen, die auch heute noch als Lehrerin arbeitet.
Als Spieler schafft er den Sprung in Schwedens höchste Liga SHL nie, 2005 beendet er seine Karriere bei Jonstorps IF, einem Klub in der dritthöchsten Liga 20 Minuten ausserhalb Ängelholm, weil ihn eine Rückenverletzung dazu zwingt. Dass er eine Laufbahn als Trainer einschlagen wird, daran denkt er keine Minute. Er beginnt einen Job als Projektleiter bei einer Baufirma, sieht dort Karrierechancen. Als Rögle ihn anfragt, ob er als Assistent beim Junioren-Team aushelfen könnte, tut er dies nur nebenbei.
Mit 31 entscheidet er sich zur Überraschung vieler, der «normalen» Arbeitswelt den Rücken zu kehren und wird 2010 erstmals Vollzeit-Trainer von Rögles U20 – just als er mit seiner schwangeren Frau ihr erstes Eigenheim bezogen hat. Im November 2011 übernimmt er das Fanionteam nach einer Trainerentlassung und steigt sogleich in die höchste Liga auf. Tangnes lässt sich überreden, trotz wenig Erfahrung auch in der SHL Headcoach zu bleiben. Was folgt? Die Degradierung zum Assistenten, der Abstieg, die Entlassung. «Das hat am Ego gekratzt.»
Tangnes nimmt sich eine Auszeit, bevor er im 350 km entfernten Linköping anheuert. Doch dort wird die Distanz zur Familie mehr und mehr zur Belastung, trotz zwei weiteren Vertragsjahren schmeisst er nach vier Saisons hin – und unterschreibt wenige Wochen später bei Zug, wohin ihn Frau und Tochter begleiten. Was folgt? Cup-Triumph, Meistertitel Nummer eins und zwei. Auch die ersten bitteren Erfahrungen als Trainer haben Tangnes zu jenem passionierten und zugleich besonnenen Coach gemacht, den er heute ist. Und zu jenem Menschen, der weiss, was ihm guttut. Wie diese kleinen Auszeiten voller Glück in seinem schwedischen Zuhause.
Mannschaft | SP | TD | PT | ||
---|---|---|---|---|---|
1 | Lausanne HC | 31 | 12 | 59 | |
2 | ZSC Lions | 28 | 31 | 58 | |
3 | HC Davos | 32 | 25 | 58 | |
4 | SC Bern | 31 | 18 | 55 | |
5 | EHC Kloten | 32 | -1 | 54 | |
6 | EV Zug | 30 | 20 | 49 | |
7 | SCL Tigers | 30 | 4 | 44 | |
8 | EHC Biel | 30 | 2 | 42 | |
9 | SC Rapperswil-Jona Lakers | 32 | -11 | 42 | |
10 | HC Ambri-Piotta | 31 | -18 | 41 | |
11 | HC Fribourg-Gottéron | 31 | -12 | 39 | |
12 | Genève-Servette HC | 28 | -3 | 36 | |
13 | HC Lugano | 30 | -23 | 36 | |
14 | HC Ajoie | 30 | -44 | 26 |