EVZ-Star Vozenilek ist Provokateur, Goalgetter und Vater
«Ich sagte meiner Frau schon, sie soll nicht ans Spiel kommen»

Provokateur, Goalgetter, Vater. Auf dem Eis lehrt er seine Gegner das Fürchten und bucht auch noch Tor um Tor. Bei seiner Familie ist Zugs neuer Tscheche Daniel Vozenilek (28) der Ruhepol und seine Frau der Chef. Zwei seiner drei kleinen Söhne spielen bereits Eishockey.
Publiziert: 27.10.2024 um 10:59 Uhr
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Verwegen sieht er aus, dieser Daniel Vozenilek. Der EVZ-Topskorer vereint Skorerqualitäten und Emotionen.
Foto: Pius Koller

Auf einen Blick

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Nicole VandenbrouckReporterin Eishockey

Daniel Vozenilek (28) kommt als zweifacher tschechischer Meister sowie WM-Gold-Gewinner nach Zug. Der EVZ wollte den Tschechen so sehr, dass man ihn bei Trinec aus einem laufenden Vertrag holte und die damit verbundenen komplizierten Verhandlungen in Kauf nahm. Vozenilek kommt nach zwei starken Saisons in seiner Heimat als Star in die Schweiz. Doch wer sich die Geschichte des 28-Jährigen anhört, versteht schnell: Dem Stürmer wurde in seiner Karriere nichts auf dem Silbertablett serviert.

In seinem Stammklub Pardubice musste Vozenilek in der Juniorenzeit unten durch. Sein Potenzial, an dem er selbst – rückblickend zum Glück – nie zweifelte, wurde verkannt. Als Teenager wurde er ständig kritisiert. Für sein schlechtes Schlittschuhlaufen, seine miesen Trainingswerte, Fehler im Spiel. Einmal hatte er die Schnauze dermassen voll, dass er einfach mitten im Spiel seine Sachen packte und ging. Als er 19-jährig war, sagte ihm Pardubices damaliger Geschäftsführer Pavel Rohlik (52), dass er es niemals zum Hockeyprofi schaffen werde. Vozenilek wurde degradiert, an Teams in der zweithöchsten tschechischen Liga ausgeliehen.

Der EVZ-Topskorer erzählt in einem Fluss. Die Erinnerungen daran, wie er sich seinen Weg auf dem Eis selbst suchen musste, sind präsent. Keiner der Nachwuchs-Trainer erklärte ihm, wie er an seinem Schlittschuh-Laufstil arbeiten kann, oder wie wichtig Kraft, Fitness und Ernährung sind. «Ich schaffte den Schritt ins Männerteam einfach nicht, wurde immer wieder rausgeworfen.» Sein Selbstvertrauen geriet aber nur leicht ins Wanken, denn Vozenilek war überzeugt: «Ich habe das Zeug dazu, ich habe den Torriecher.» Diese Stärke konnte er aber einfach nicht ausspielen.

Vozenilek kehrte seiner Heimatstadt den Rücken und heuerte für eine Saison in Finnland bei RoKi in Rovaniemi mitten im Nirgendwo an. In der Hauptstadt Lapplands hatte er ausreichend Zeit, um an sich zu arbeiten. Die Trainer des Teams der zweithöchsten Liga zeigten ihm auf, wie er sich physisch verbessern kann. «Ich machte mir Gedanken, wie ich auch in Mannschaften der höchsten Liga das Spiel besser beeinflussen kann.»

Vozenilek ebnet EVZ den Weg zum Sieg
4:44
SCL Tigers – EV Zug 0:4:Vozenilek ebnet EVZ den Weg zum Sieg

Den entscheidenden Einfluss auf ihn hatte Vaclav «Vinny» Prospal (49). Der Ex-NHL-Stürmer (Tampa, Philadelphia, NY Rangers) war Trainer bei Budweis in der höchsten tschechischen Liga, als Vozenilek 2020 dorthin wechselte. «Er sagte mir, dass ich eine Portion Aggressivität zu meinem Spielstil hinzufügen und meine Stärken vereinen muss.» Physis, Emotionen, Zug zum Tor. Der Stürmer wurde immer besser, bekam mehr Eiszeit und bessere Linienpartner. Seine Karriere kam in Schwung, vor allem, als sich 2022 Trinec-Trainer Zdenek Motak (60) um seine Dienste bemühte.

Vozenilek brauchte etwas Angewöhnungszeit, aber in den Playoffs auf dem Weg zu seinem ersten Meistertitel wurde der 1,90 m grosse und 97 Kilogramm schwere Sturmtank als wertvollster Spieler ausgezeichnet. In Tschechien war man verwundert, woher dieser Leistungsträger plötzlich aufgetaucht war, weil er im Nachwuchs nirgends aufgefallen war. Endlich hatte er sich ins Rampenlicht gespielt.

In Tschechien gehasst und verspottet

Vozenilek fällt auf. Als Goalgetter. Beim 4:0-Sieg am Samstag gegen die SCL Tigers traf er zum neunten Mal in Folge und egalisierte den EVZ-Klubrekord von Bill McDougall aus der Saison 1997/98. Aber auch als Provokateur, wild und ungestüm. Er kann gar nicht mehr zählen, wie viele Spitznamen ihm in seiner Heimat verpasst worden sind. «Terminator zum Beispiel. Lustig fand ich Moskito, sticht immer zu, ist aber nur schwer zu erwischen.» Die Gegner und deren Fans hassen ihn, lästern über ihn und verspotten ihn mit Liedern. Den Nati-Stürmer selbst lässt das kalt: «Ich will ja keine Freunde finden beim Gegner. Aber wenn wir an den schlimmsten Orten gespielt haben, sagte ich meiner Frau, sie soll nicht ans Spiel kommen.»

Er geniesst jegliche Emotionen, braucht sie sogar. Man sieht ihn im Spiel mit EVZ-Captain und Landsmann Jan Kovar (34) manchmal auch grinsen, «ich habe ihm auch schon gesagt, dass ich jetzt einen richtig harten Check brauche, um ins Spiel zu finden». Doch sobald sich jemand an Kovar oder anderen Zuger Teamkollegen vergreifen will, ist «Wandschrank» Vozenilek zur Stelle. «Ich mag das.» Wie auch den Gegnern unter die Haut zu fahren oder Tore zu schiessen.

Die Gratwanderung, die Emotionen auf dem Eis nicht überkochen zu lassen, meistere er immer besser. Wer Vozenilek neben dem Eis erlebt, kann sich gar nicht vorstellen, den EVZ-Goalgetter mit der wilden Mähne vor sich zu haben. Der Tscheche schlendert mit seiner Frau Daniela (28) und den drei Söhnen Matyas (6), Tobias (3) und Elias (2) die wenigen Meter von seinem Zuhause zur Eishalle. Die Hockeyschule für die Kleinsten beginnt in einer halben Stunde. In einer Seelenruhe hilft er Tobias in die Ausrüstung und bindet die Schlittschuhe. Ebenfalls in der NL-Garderobe: Captain Kovar und Verteidiger Niklas Hansson mit ihren Söhnen.

Bereits mit 21 ist Vozenilek Vater geworden. «Ich wollte schon immer jung Kinder haben, damit ich noch genug Energie habe.» Wie ihn seine Frau, die er seit zehn Jahren kennt, beschreiben würde? Er grinst. «Dass ich manchmal zu ruhig bin zu Hause. Sie ist der Boss mit den Kids und setzt alle Regeln durch.» Die Jungs lieben Hockey, sind die grössten Fans des sanften Riesen. Was er ihnen mit auf den Hockeyweg gibt? «Das Spiel geniessen und auf den Trainer hören.» Es gebe aber etwas, das sei ihnen wirklich nur schwer zu erklären. «Dass man nicht immer gewinnen kann. Die letzten beiden Saisons in Trinec sowie von der WM bin ich mit dem Pokal heimgekehrt. Jetzt erwarten sie das hier in Zug auch.»

National League 24/25
Mannschaft
SP
TD
PT
1
ZSC Lions
ZSC Lions
17
22
39
2
HC Davos
HC Davos
19
21
38
3
Lausanne HC
Lausanne HC
19
10
37
4
SC Bern
SC Bern
20
15
33
5
EHC Biel
EHC Biel
19
4
32
6
EV Zug
EV Zug
19
11
29
7
EHC Kloten
EHC Kloten
19
-2
28
8
SC Rapperswil-Jona Lakers
SC Rapperswil-Jona Lakers
19
-8
26
9
HC Ambri-Piotta
HC Ambri-Piotta
18
-10
24
10
HC Lugano
HC Lugano
17
-13
22
11
HC Fribourg-Gottéron
HC Fribourg-Gottéron
19
-11
22
12
Genève-Servette HC
Genève-Servette HC
16
-2
21
13
SCL Tigers
SCL Tigers
17
-3
21
14
HC Ajoie
HC Ajoie
18
-34
12
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