EVZ-Goalie Leonardo Genoni
«Ich habe in der Kabine auch schon geweint»

Zug-Torhüter Leonardo Genoni (33) gibt einen sehr persönlichen Einblick in sein Garderobenleben. Er erklärt, warum er in der Kabine zu den Ruhigeren gehört, weshalb gelegentlich die Tränen fliessen und wieso er stets Nadel und Faden dabeihat.
Publiziert: 12.04.2021 um 12:56 Uhr
|
Aktualisiert: 08.05.2021 um 16:57 Uhr
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Goalie Leonardo Genoni im Reich des EVZ, der Garderobe, in der der Teamgeist wächst – in der derzeit aber coronabedingt nur jeder zweite Platz besetzt ist. Dieses Bild stammt noch aus letzter Saison.
Foto: TOTO MARTI
Nicole Vandenbrouck (Interview) und Toto Marti (Fotos)

Wie sieht für Sie die perfekte Garderobe aus?
Leonardo Genoni:
Ich habe keine grossen Ansprüche. Für mich als Goalie ist gutes Licht enorm wichtig für die Augen.

Warum?
Es muss hell genug sein. Früher wurde darauf nicht unbedingt Wert gelegt, wenn man sich an ältere, verruchte Garderoben erinnert. Ich brauche gutes, modernes Licht, damit meine Augen wach sind. So gewöhnen sie sich schon ans hellere Stadionlicht, und der Kontrast ist nicht so stark. Früher war auch das Licht in gewissen Stadien noch nicht so hell, aber das
verbesserte sich mit den neuen Eishallen. Schon als ich in Davos war, fragten wir den Eismeister für gutes Licht in den Trainings, in Bern ebenso. Hier in Zug ist es immer voll eingestellt. Auch in der Garderobe ist es genug hell.

Wovon träumten Sie als Junior? Von einem Whirlpool und dem Logo-Teppich?
Das Klub-Logo ist schon das Prägendste, wenn man dann mal bei den Grossen in die Kabine durfte. Das ist imposant. Bei den Junioren musste die Kabine immer funktional sein, weil man keine fixe hatte und alles wieder mitnehmen musste. Je höher die Stufen, kann man den Spielern das Gefühl eines Zuhauses vermitteln. Auch mit einem Logo-Teppich.

Und den eigenen Namen am Platz?
Hatte ich erstmals bei den Novizen. In der Nati durfte man die Namensschilder sogar behalten. Ich habe noch viele davon.

Die Garderobe wird oft als eigener Kosmos einer Mannschaft beschrieben. Zu Recht oder zu Unrecht?
Zu Recht, wir sind hier unter uns. Man erlebt so vieles. Gute Gespräche, Emotionen. Es gäbe viel Spannendes zu erzählen.

Schiessen Sie los.
In Davos zum Beispiel flog ab und zu mal etwas durch die Luft in der Garderobe ... Die Geschichten, die hier drin geschrieben werden, bleiben auch hier drin.

Brauchen Sie Angewöhnungszeit in einer neuen Garderobe, gerade als Goalie, bis Sie für alles einen Platz gefunden haben?
Nein, nur etwas mehr Diskussionen mit dem Materialwart. Ich bin ein Sammler und habe einfach zu viel Zeugs. Was ich brauche, ist griffbereit. Was ich eigentlich wegschmeissen sollte, versorge ich in der Sitzbank.

Was hat sich seit Corona verändert in der Kabine?
Man hat keinen Sitznachbarn mehr. Nur noch jeder zweite Platz ist besetzt. Durch diese Distanz fehlen die interessanten Gespräche, so ging schon etwas verloren in einem Team. Die Maske tragen wir, bis wir aufs Eis gehen.

Nur in Masken-Gesichter zu schauen, ist nichts, woran man sich gewöhnen möchte, oder?
Nein, deshalb freue ich mich extrem darauf, wenn es wieder anders ist. Wir müssen die Massnahmen durchziehen. Das gibt uns die Chance, die Saison zu Ende zu spielen.

Haben Sie sich denn schon mal über einen Platznachbarn genervt?
Nein, im Gegenteil. Ich hatte sehr oft sehr viele interessante Gespräche.

Übers Thema Hockey hinaus?
Ja, letzte Saison mit Tobias Geisser, doch er ist nun in die zweite Garderobe umgezogen, sein Platz bleibt regelkonform frei. Jetzt ist Raphael Diaz der Nächste neben mir. Doch der zieht sich so schnell um, das würde ich auch gerne schaffen. Den Platznachbarn lernt man schon nochmals besser kennen als andere Spieler.

Sind Sie laut in der Garderobe?
Nein, ich gehöre zu den Ruhigeren. Die unterschiedlichen Typen machen die Mischung aus.

Sie haben vorher Emotionen angesprochen. Welche Momente sind besonders?
Wenn man merkt, wie die Mannschaft wächst.

In schwierigen oder erfolgreichen Zeiten?
In beiden. Das Team hat sich auch weiterentwickelt, weil wir auch schwierige Spiele für uns entschieden haben.

Die Playoffs sind dann nochmals eine emotionale Steigerung?
Dort gilt es vor allem, den Fokus nicht zu verlieren. In guten Zeiten nicht zu hoch zu fliegen und sich in schlechten nicht zu tief runterziehen zu lassen. Emotionen sind eine Zutat, die eine Mannschaft braucht.

Sie als Torhüter müssen Ihren Puls eher ruhig halten. Kurz vor dem Spiel aber sind die Momente hier drin sicher elektrisierend?
Das stimmt, vor Corona versammelten wir uns ums Logo herum und schworen uns mit einem Schlachtruf ein. Jetzt tun wir dies im Gang zwischen den beiden Garderoben, bevor wir aufs Eis gehen. Die Stimmung heizt sich auf, danach ist man richtig parat.

Über die Chemie in der Garderobe wird viel philosophiert. Spürt man, wenn sie stimmt?
Man spürt vor allem, wenn sie nicht stimmt. Wenn sich Grüppchen bilden. In den Zeiten, in denen wir Spass haben können, haben wir Spass zusammen. Sonst ist jeder fokussiert auf
das gleiche Ziel, worauf wir zusammen hinarbeiten. Darum muss die Chemie stimmen, um als Team weiterzukommen.

Haben Sie schon mal geweint in einer Garderobe?
Früher bei den Junioren ganz sicher nach einer Niederlage mal. Aber auch sonst, wenn Dinge passieren, die mir nahegehen. Zum Beispiel nach meinem letzten Spiel mit dem HCD in Davos. Oder dem letzten Spiel in Bern, obwohl das ja gut ausging (schmunzelt). Hockey besteht und besticht durch Emotionen, und wir sind auch nur Menschen. Bei einem Klubwechsel lässt man jedes Mal 20 Freunde zurück.

Das ist nicht peinlich, in einem Raum voller Testosteron, oder?
Nein, es gab schon Situationen, in denen es um persönliche Dinge eines Spielers ging und Tränen geflossen sind.

Spieler teilen hier auch mal ihre innersten Gefühle?
Ja, man geht deshalb auch durch dick und dünn zusammen. Man vertraut den Mitspielern Dinge an, die Sie Ihren Arbeitskollegen wohl nicht würden. Es ist eine andere Bindung hier.

Ist das die Erklärung dafür, dass die meisten Ex-Spieler auf die Frage, was sie am meisten vermissen, mit Garderobe antworten?
Das kann ich mir gut vorstellen. Etwas Wunderbares in einer Hockey-Garderobe ist, wie schnell wir von Ernsthaftigkeit zu Spass wechseln können. Schlussendlich spielen wir, jeden Tag. Wir spielen ein Spiel, Hockey, das ist das Schönste.

Welche Rituale sind Ihnen heilig in der Garderobe?
Ich bin ziemlich anpassungsfähig. In Davos hatten wir keinen Schlachtruf wie hier, in Bern schon. Ich könnte aber auch spielen ohne dieses Ritual.

Mussten Sie hier in Zug auch schon Mitspielern behilflich sein mit Ihren Nähkünsten?
Noch nicht so oft wie in Bern.

Also Sie werkeln wirklich mit Nadel und Faden?
Ja, ich habe eine gute Ledernadel für kleine Flickarbeiten. Ich mache es gerne und bin sehr interessiert, wie meine Ausrüstung aufgebaut ist. Mit Schaumstoffen und anderen Materialien. Ich habe auch schon mal einen Fanghandschuh aufgetrennt.

Ihr speziellster Garderobenmoment?
Mein erstes Spiel mit dem HCD. Das war am Spengler Cup 2006, und ich klopfte an die Kabinentür und fragte, ob ich reindarf. Und der letzte Meistertitel in Bern, weil es der erste war, den ich zu Hause und nicht auswärts gewonnen habe.

Leonardo Genoni persönlich

Leonardo Genoni persönlich

Den Durchbruch schaffte Leonardo Genoni beim HCD, nachdem der Goalie 2007/08 im Duo mit Reto Berra von den GCK Lions ins Bündnerland gewechselt hatte. Mit Davos gewann der 33-Jährige drei Titel (2015, 2011, 2009). Nach neun Saisons in den Bergen holte der SCB den Zürcher als Meistertrumpf ins Unterland. Nach seinem zweiten Titel nach 2017 verabschiedete sich Genoni 2019 aus der Bundeshauptstadt, um beim EVZ anzuheuern. Der Torhüter ist zudem einer der WM-Silberhelden von 2018. Genoni ist Vater von drei Kindern, die Familie lebt in Kilchberg ZH.

Leonardo Genoni persönlich

Den Durchbruch schaffte Leonardo Genoni beim HCD, nachdem der Goalie 2007/08 im Duo mit Reto Berra von den GCK Lions ins Bündnerland gewechselt hatte. Mit Davos gewann der 33-Jährige drei Titel (2015, 2011, 2009). Nach neun Saisons in den Bergen holte der SCB den Zürcher als Meistertrumpf ins Unterland. Nach seinem zweiten Titel nach 2017 verabschiedete sich Genoni 2019 aus der Bundeshauptstadt, um beim EVZ anzuheuern. Der Torhüter ist zudem einer der WM-Silberhelden von 2018. Genoni ist Vater von drei Kindern, die Familie lebt in Kilchberg ZH.

Garderoben-Schutzkonzepte in Corona-Zeiten

Um überhaupt noch Eishockey spielen zu dürfen, mussten die Klubs auf diese Saison hin Schutzkonzepte erarbeiten und die Kabinen umgestalten. Es herrscht ein striktes Masken-Obligatorium. Und nur jeder zweite Garderobenplatz darf verwendet werden.

So benutzt Quali-Sieger EV Zug in dieser Saison sowohl im Trainingszentrum OYM als in der Bossard Arena zwei komplette Garderoben, die konsequent getrennt bleiben. Einzig für kurze Team-Meetings oder bei einer Pausenansprache von Trainer Dan Tangnes kommen alle Spieler zusammen in eine Kabine.

Da nicht alle Klubs über komfortable Platzverhältnisse verfügen, um in den Kabinen den Mindestabstand von eineinhalb Metern zwischen den Spielerspinden zu ermöglichen, musste an einigen Orten Hand angelegt werden. Im Zürcher Hallenstadion zum Beispiel wurde ein mobiles Garderobenelement mit Platz für vier Spieler in die Mitte des Raumes platziert. Trotzdem hat es so nur Platz für 19 Spieler. Deshalb wurden in einem separaten Raum vier weitere Spielerplätze eingerichtet.

In der Gästegarderobe können gar nur 15 Spieler untergebracht werden, sodass acht Plätze in zwei weiteren Räumen eingerichtet wurden. Bei den Lakers mussten die Plätze für einige Spieler gar im Gang platziert werden. Im modernisierten Davoser Eisstadion sind die Spieler nun auf drei Kabinen verteilt: eine Hauptgarderobe für 15 sowie zwei Nebengarderoben à fünf Plätzen.

Um überhaupt noch Eishockey spielen zu dürfen, mussten die Klubs auf diese Saison hin Schutzkonzepte erarbeiten und die Kabinen umgestalten. Es herrscht ein striktes Masken-Obligatorium. Und nur jeder zweite Garderobenplatz darf verwendet werden.

So benutzt Quali-Sieger EV Zug in dieser Saison sowohl im Trainingszentrum OYM als in der Bossard Arena zwei komplette Garderoben, die konsequent getrennt bleiben. Einzig für kurze Team-Meetings oder bei einer Pausenansprache von Trainer Dan Tangnes kommen alle Spieler zusammen in eine Kabine.

Da nicht alle Klubs über komfortable Platzverhältnisse verfügen, um in den Kabinen den Mindestabstand von eineinhalb Metern zwischen den Spielerspinden zu ermöglichen, musste an einigen Orten Hand angelegt werden. Im Zürcher Hallenstadion zum Beispiel wurde ein mobiles Garderobenelement mit Platz für vier Spieler in die Mitte des Raumes platziert. Trotzdem hat es so nur Platz für 19 Spieler. Deshalb wurden in einem separaten Raum vier weitere Spielerplätze eingerichtet.

In der Gästegarderobe können gar nur 15 Spieler untergebracht werden, sodass acht Plätze in zwei weiteren Räumen eingerichtet wurden. Bei den Lakers mussten die Plätze für einige Spieler gar im Gang platziert werden. Im modernisierten Davoser Eisstadion sind die Spieler nun auf drei Kabinen verteilt: eine Hauptgarderobe für 15 sowie zwei Nebengarderoben à fünf Plätzen.

National League 24/25
Mannschaft
SP
TD
PT
1
Lausanne HC
Lausanne HC
20
12
40
2
ZSC Lions
ZSC Lions
18
20
39
3
HC Davos
HC Davos
19
21
38
4
SC Bern
SC Bern
20
15
33
5
EHC Biel
EHC Biel
19
4
32
6
EV Zug
EV Zug
19
11
29
7
EHC Kloten
EHC Kloten
19
-2
28
8
SC Rapperswil-Jona Lakers
SC Rapperswil-Jona Lakers
19
-8
26
9
HC Ambri-Piotta
HC Ambri-Piotta
18
-10
24
10
HC Lugano
HC Lugano
17
-13
22
11
HC Fribourg-Gottéron
HC Fribourg-Gottéron
19
-11
22
12
Genève-Servette HC
Genève-Servette HC
16
-2
21
13
SCL Tigers
SCL Tigers
17
-3
21
14
HC Ajoie
HC Ajoie
18
-34
12
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