Darum gehts
Reto von Arx (48)
Das volle Programm. Reto von Arx ist den Gegnern auf jede erdenkliche Weise unter die Haut gefahren, hat Spiele entschieden, beeinflusst, gedreht oder auf den Kopf gestellt, Spezialsituationen orchestriert, gegnerische Taktikvarianten entschlüsselt oder die Brechstange ausgepackt. Ausgerüstet mit einem Arsenal von Möglichkeiten, Skills und einem gehörigen Dickschädel war Von Arx der archetypische Leader. Und dann waren da ja auch noch die Playoffs, die bevorzugte Spielwiese des Emmentalers. Sechs Titel, diverse Auszeichnungen, epische Serien, Anekdoten, Tore für die Ewigkeit, Momente für die Geschichtsbücher. Kein anderer Spieler hat das Playoff-Zeitalter so geprägt wie der kantige HCD-Stürmer mit seinen Vorzügen. Und seinen Eigenheiten. Dazu passend sein Abgang: Erzielt den entscheidenden Treffer für Titel Nummer sechs im Zürcher Hallenstadion und macht sich dann vom Acker.
Leonardo Genoni (37)
Der Goalie von der Zürcher «Pfnüselküste» war seit Jahren so etwas wie ein Cheatcode. Mit ihm konnte man sämtliche Hürden überspringen und sich den Meistertitel holen. Zwischen 2009 und 2022 gewann Genoni 7 von 13 Meistertitel. Dreimal mit Davos und je zwei mit dem SCB und Zug. Bis heute hat er keinen Playoff-Final verloren. Und seit er den SCB 2019 verlassen hat, haben die Berner keine Playoff-Serie mehr gewonnen und bis heute ein Goalie-Problem. Sein Transfer in die Zentralschweiz veränderte das Schweizer Hockey und dürfte am Ursprung der vom SCB vorangetriebenen Erhöhung der Ausländerzahl gestanden haben. Und auch international glänzte Genoni. Im letzten Frühling hexte er die Nati gegen Kanada (3:2 n.P.) in den Final und holte sein zweites WM-Silber.
Andres Ambühl (41)
«Büeli» ist der Mann der Rekorde. Am Donnerstag bestritt er sein 1322. und letztes NL-Spiel. Eine Marke, die so schnell keiner erreichen wird. Dazu kommen die internationalen Bestmarken (19 WM-Teilnahmen, 141 WM-Spiele, 338 Länderspiele), die er mit zwei WM-Silbermedaillen veredelte. Zudem wurde er sechsmal Meister, einmal (2012) auch in der Fremde mit den ZSC Lions. Doch es sind nicht die Zahlen, die Ambühl zum beliebtesten Spieler der Gegenwart – er wurde 8-mal zum «Most Popular Player» gewählt – machen. Es sind vielmehr die Werte, die der Dauerbrenner aus dem Sertig verkörpert: Er ist unermüdlich, bescheiden und bodenständig, stellt sich stets in den Dienst des Teams, verzichtet auf Star-Gehabe und spielt das Spiel, mit dem er seinen Lebensunterhalt verdient, mit viel Herzblut.
Renato Tosio (60)
«Einer für alle», heisst das Buch von Pierre Benoit, das 2001 über den populären, charismatischen Spektakelmacher zu dessen Karriereende erschien. In Bern trugen sie ihn auf Händen. Kein Wunder, schliesslich war es der Keeper, der dem Klub wieder zu Grösse verhalf, nachdem er 1987 zum Team stiess. Dabei war er es gewesen, der ein Jahr davor mit dem EHC Chur den sportlichen Aufstieg der Berner – der SCB erbte den Platz von Arosa darauf am Grünen Tisch – verhindert hatte. Ohne «Toto» hätte der SCB wohl keinen der vier Titel 1989, 91, 92 und 97 geholt und die Vorherrschaft des «Grande Lugano» nicht durchbrechen können. 655 Partien am Stück stand Tosio, der es auf 145 Länderspiele brachte, im SCB-Tor.
Mathias Seger (47)
«Mathias Seger war der grösste Leader, den ich je in einer Mannschaft hatte. Und ich habe viele gute Leader erlebt», sagte Ex-ZSC-Coach und Stanley-Cup-Sieger Marc Crawford. «Bei Seger liefen irgendwie alle Fäden zusammen, er wusste immer, wie es bei den Spielern steht, was gerade bei jedem sonst noch so los ist, was zu tun bleibt, er hat ein Sensorium für die Menschen, die Situation und die Kabine.» Neben der Leistungsfähigkeit auf dem Eis hat der Ostschweizer Verteidiger mit seiner Persönlichkeit, Sozialkompetenz und Leidenschaft sechs ZSC-Meisterteams sowie die WM-Silberhelden von 2013 geprägt. Lions-Patron Walter Frey gab ihm 2017 über den Kopf der sportlichen Führung noch einmal einen Vertrag. So konnte sich «Segi» 2018 mit dem Titel verabschieden. Und seine Teamkollegen feierten mit Seger-Masken.
Jörg Eberle (63)
Eberle war in jeder Hinsicht ein Eisbrecher. Der erste Schweizer Vollprofi wurde in Lugano von Magier John Slettvoll (80) gedrillt, geschliffen und auf Krawall gebürstet. Eberle avancierte so zum ersten helvetischen Powerstürmer und war deshalb systemrelevant: Wenn mit Technik nichts mehr auszurichten war, pflügte sich der bullige Angreifer mit Gewalt durch die gegnerischen Abwehrreihen. So etwas kannte man von Schweizer Stürmern bis zu diesem Zeitpunkt nicht. Der Appenzeller prägte die Ära des «Grande Lugano» mit vier Titeln (1986, 1987, 1988, 1990) und veredelte seine Karriere 1998 durch eine weitere Meistersaison mit dem EV Zug. Bis 2023 war der Linksschütze auch der beste Punktesammler der Schweizer Nati, ein Rekord, den er nach 28 Jahren an Andres Ambühl abtreten musste.
Felix Hollenstein (60)
Der Captain der Klotener Flugjahre steuerte sein Team in den 90er Jahren zu vier Meistertiteln in Serie. Das schaffte in der Playoff-Ära kein anderer Klub. Dabei gingen «Fige» Hollenstein und der Paradesturm mit Mikael Johansson und Roman Wäger voran und erzielte in den Meisterjahren 87 Tore in den Playoffs. Der dynamische Flügel war auch bereit, mit dem Kopf durch die Wand zu gehen, wovon seine fünfmal gebrochene Nase zeugt. Seit seinem Wechsel von Bülach nach Kloten blieb der 131-fache Nationalspieler den Flughafenstädtern treu. Zu einem Wechsel liess er sich nie bewegen, trotz guter Angebote. Später war er auch Trainer und Sportchef, ehe er auf dem Weg zum Wiederaufstieg abtat, weil er sich dem harten Kampf gegen den Knochen-Krebs stellen musste.
Martin Plüss (48)
Wenn der aktuelle SCB-Sportdirektor auf dieser Ebene auch so tiefe Spuren hinterlässt wie zu seiner Zeit als Spieler, wird man ihm in Bern ein Denkmal errichten müssen. Bis dahin ist es aber noch ein weiter Weg. Als Nachwuchs-Hoffnung konnte Plüss bei seinem Stammklub Kloten Anschauungsunterricht nehmen, wie man gewinnt, und kam als Lehrling zu zwei Meistertiteln, ohne dabei Skorerpunkte verbuchen zu können. Beim SCB war er dann aber von 2008 bis 2017 nach vier Jahren in Schweden bei Frölunda (Meister 2005) der Kopf und das Schwungrad der Mannschaft, die mit dem Musterprofi als Captain vier Titel scheffelte. Seine internationale Karriere krönte der 236-fache Internationale 2013 mit WM-Silber.
Beat Forster (42)
Der Appenzeller Verteidiger gehörte wie Reto von Arx zu den harten Charakterköpfen, die die Davoser Meister-Dynastie unter Arno Del Curto prägten und sich irgendwann mit dem Engadiner Trainer-Zampano überwarfen. Neben seinen fünf Titeln mit dem Rekordmeister wurde auch Forster mit den ZSC Lions (2008) Meister, ehe er sich in Zürich wieder aus dem Staub machte. Und 2023 fehlte nur wenig und die raubeinige Naturgewalt, die Gegner besser nicht über Gebühr reizten, hätte sich im Final gegen Servette mit Biel noch einen Titel geholt. Er hat mehr Playoff-Schlachten (228) geschlagen als jeder andere.
Tristan Scherwey (33)
Als 18-Jähriger holte der Fribourger mit den roten Backen 2010 den ersten Titel mit dem SC Bern. Und auch wenn er inzwischen schon fünfmal Meister wurde, hat er nichts von seiner Energie verloren. Ein Scherwey bremst nicht, er schont weder sich noch seine Gegner, beisst sich auch durch, wenn es schmerzt. Sein Feuer brennt immer. Kaum ein Playoff-Spiel, in dem er bei seinem ersten Shift nicht mit einem krachenden Check den Ton setzt. Er verkörpert das, was das Berner Publikum immer verlangt: bedingungslosen Einsatz mit Herzblut. Schade, dass der zweifache Silberheld wegen Rückenbeschwerden die nächste WM verpasst.