NHL-Superstar gab den Boost
Josi ist auch der Mental-Guru des Teams

Die Medaille glänzt. In den letzten Wochen ist die Nati mit der Hilfe der NHL-Spieler von einem Team, das nicht mehr wusste, wie man gewinnt, zu einer Weltklasse-Mannschaft gereift.
Publiziert: 27.05.2024 um 08:29 Uhr
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Aktualisiert: 27.05.2024 um 08:46 Uhr
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Captain Roman Josi war an dieser WM stets gefragt und immer souverän, charmant und locker.
Foto: Getty Images
Stephan Roth aus Prag

Gibt es im Sport überhaupt Zufälle? Bestimmt kein Zufall ist es, dass die Nati ihre Sternstunden nur dann feiern kann, wenn Roman Josi (33) dabei ist. 2013, als die Schweiz Silber gewann, war er der MVP des Turniers. Und natürlich war er 2018, als die Nati erneut im Final gegen Schweden stand, eine treibende Kraft.

Deshalb veränderte sich die Gefühlslage in der Nati, als der Captain der Nashville Predators seine definitive WM-Zusage gab. Erstmals seit 2019, als man gegen Kanada nur um Sekundenbruchteile den Einzug in den Halbfinal verpasste, war er wieder dabei. Ein Josi ist ein Gamechanger. Jeder Nati-Spieler wuchs sofort um einige Zentimeter und gewann an Selbstvertrauen.

Nicht nur auf dem Eis veränderte der bisher beste Spieler der Schweizer Hockey-Geschichte die Gemengelage. Auch in der Garderobe und in der Aussendarstellung ist der Superstar, der stets lächelt und auch bei der x-ten Frage der Journalisten aus aller Welt nie gestresst wirkt, Gold wert. Es ist beeindruckend, mit welchem Charme der Mann aus Ostermundigen, dessen Berndeutsch nach knapp 14 Jahren in den USA einen leichten amerikanischen Akzent angenommen hat, dies erledigt.

Starallüren kennen Josi, Hischier und Co. nicht

Als NHL-Captains wissen Josi und auch Nico Hischier, der das C bei den New Jersey Devils auf der Brust trägt, was eine Mannschaft braucht, damit Erfolg möglich wird. Da ist entscheidend, dass keiner das Gefühl hat, dass er weniger zählt, nur weil er kein NHL-Star ist und keine Millionen verdient. Doch Starallüren kennen Leute wie Josi, Hischier oder Niederreiter nur vom Hörensagen.

So kam nie Neid auf. Und auf dem Eis konnte jeder sehen, was ein Josi, ein Hischier, aber auch der fantastische Kevin Fiala, der trotz der Geburt seines Töchterchens Masie-Mae zum Team stiess, Nino Niederreiter oder Jonas Siegenthaler draufhaben. Ihre Klasse und ihr Vertrauen in die eigenen Qualitäten färbten auf andere ab. Captain Josi half im mentalen Wachstumsprozess des Teams mindestens so sehr wie die Hilfe von Performance-Coach Stefan Schwitter und Hypnotiseur Adrian Brüngger, die Patrick Fischer an Bord geholt hatte.

Ohne die NHL-Stars wären die fantastischen Leistungen nicht möglich gewesen. Dass sie jedes Jahr kommen, wenn es geht, ist einer der Verdienste von Nati-Coach Patrick Fischer. Andere Länder haben mehr und grössere Stars in der NHL. Doch an der WM glänzen diese oft durch Abwesenheit.

Ohne NHL-Spieler defensiv gewachsen

Die NHL-Grössen halfen denn auch, das nach elf Niederlagen in der Euro Hockey Tour gegen Schweden, Finnland und Tschechien in Serie angekratzte Selbstvertrauen zu reparieren. Dass sie nicht vorher dabei waren, hatte aber auch seine gute Seite. Ohne ihre Klasse musste die Nati am defensiven Fundament des Teams arbeiten. Da waren die Fortschritte, auch noch einmal im Verlauf der WM, erstens riesig und zweitens entscheidend. Auch in diesem Bereich und im Teambuilding haben Fischer und seine Crew einen hervorragenden Job gemacht. Und wenn alle Stricke rissen, hatte man mit dem siebenfachen Meistergoalie Leonardo Genoni noch den Mann für alle Fälle im Tor.

Dass Fischer der erste Schweizer Nati-Coach ist, der zweimal eine Medaille geholt hat – wenn man auch 2013 zählt, wo er einer der Assistenten von Sean Simpson war, sogar dreimal –, ist bestimmt auch kein Zufall.

Dass trotz des grandiosen Auftritts der Nati im Schweizer Hockey auch einiges schiefläuft, soll ein anderes Mal thematisiert werden. Jetzt wollen wir erst einmal feiern, schwelgen und geniessen.

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