Nach Konkurs von Lugano
Ambri rettet das Frauen-Hockey im Tessin

Die Leventiner investieren ins Frauen-Hockey. Jörg Eberle, einstige Lugano-Legende und heutiger Co-Ausbildungschef von Ambri, hat die Strukturen für eine hoffentlich nachhaltige Zukunft geschaffen für die HCAP Girls in der Women’s League.
Publiziert: 15.11.2024 um 18:06 Uhr
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Die HCAP Girls haben sich zwei Jahre nach ihrem Aufstieg zur einer konkurrenzfähigen Mannschaft gewandelt.
Foto: keystone-sda.ch

Auf einen Blick

  • Ambri übernimmt Spielerinnen nach Luganos Rückzug
  • Jörg Eberle koordiniert als Sportchef die HCAP Girls
  • Vier Ausländerinnen verstärken das Team für Konkurrenzfähigkeit
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Nicole VandenbrouckReporterin Eishockey

Jahrelang machten Lugano und Zürich in der Women’s League den Titel untereinander aus. Beide Teams waren Aushängeschilder des Schweizer Frauen-Hockeys. Die Lugano Ladies jene in ihrem Kanton. Doch just als die Probleme der Südtessinerinnen begannen und sie in finanzielle Schieflage gerieten, betraten die HCAP Girls die Bühne der höchsten Frauen-Liga.

Im März 2022 stieg Ambris Frauen-Team sportlich auf und konnte sich in der Women’s League halten. Luganos Nöte wurden gleichzeitig immer grösser. Im August 2023 wurde der damalige Präsident wegen diverser finanzieller Straftaten verhaftet. Das Team startete dennoch in die Meisterschaft, musste gegen Ende aber um Spenden bitten, um die Saison zu Ende spielen zu können. Im Frühjahr 2024 war Lichterlöschen – die Lugano Ladies zogen sich zurück und stellten den Betrieb ein.

Ein herber Schlag fürs Frauen-Hockey im Tessin, den Ambri aber nicht einfach so hinnehmen wollte. Der Klub um Präsident Filippo Lombardi entschied sich, wie diverse NL-Grössen (Bern, Davos, Zug, Fribourg) verstärkt ins Frauen-Hockey zu investieren. Bereits im Vorjahr übergab man die Aufgabe Jörg Eberle, der seit 2020 Co-Ausbildungschef bei Ambri ist. Er soll den Frauen-Bereich der Leventinerinnen koordinieren und auf eine professionellere Ebene führen. «Wir wollten das Frauen-Hockey im Tessin nicht sterben lassen, sondern handeln», sagt der einstige Meisterstürmer von Zug, Lugano und Davos.

Anfänglich Vorbehalte, jetzt beeindruckt

Davor hatte der 62-Jährige nicht viel mit Frauen-Hockey zu tun. Sein Kriterium für die Zusage des neuen Amtes – Eberle wird als Sportchef der HCAP Girls geführt – war: «Wir brauchen einen fähigen Trainer.» Geworden ist es mit Benjamin Rogger (37) der Assistent des Schweizer Nati-Trainers Colin Muller (60). Und für die sportliche Konkurrenzfähigkeit vier starke Ausländerinnen.

Eberle organisiert den Trainingsbetrieb mit optimaleren Eiszeiten neu, gleist alles Notwendige auf. Ambris Frauen-Team hat seine Basis und eigene Garderobe in Biasca. Von den Lugano Ladies nahm Ambri mehrere Spielerinnen auf, die HCAP Girls mischen in der Liga nun plötzlich auch vorne mit. «Im Tessin ist die Realität eine andere als rund um eine Grossstadt in der Deutschschweiz», weiss Eberle, «wir haben nur wenige Spielerinnen zur Verfügung.»

Deshalb ist es der Hockey-Legende ein Anliegen, etwas Nachhaltiges aufzubauen. Der Kantonalverband zieht mit, bietet neu ein Stützpunkttraining an, bei dem die erfahrene Verteidigerin Nicole Bullo (37) mithilft. Mädchen im Nachwuchs brauchen Vorbilder.

Eberle, der bei den Heimspielen der HCAP Girls natürlich dabei ist, hat Frauen-Hockey besser kennengelernt. «Anfänglich hatte ich Vorbehalte», gesteht er, «doch trotz der fehlenden Kontraste wegen des physischen Aspekts ist es ein spannendes Hockey.» Ihre Star-Spielerin, die Schwedin Fanny Rask (33), Schwester von Lakers-Stürmer Victor Rask (31), würde laut Eberle in der U20 nicht abfallen.

«Ich muss ehrlich sagen, ich bin beeindruckt davon, wie viel die Spielerinnen für den Hockey-Sport opfern», so Eberle. «Das muss belohnt werden. Davon könnten sich einige Talente bei den Jungs noch eine Scheibe abschneiden.» 

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