Usyk bricht an Pressekonferenz in Tränen aus
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Gänsehaut-Moment nach Sieg:Usyk bricht an der Pressekonferenz in Tränen aus

Usyk-Triumph gegen Fury mit Tiefgang
Die unfassbare Story des neuen Box-Champions

Der Sieg von Schwergewichts-König Oleksandr Usyk gegen Tyson Fury war viel mehr als ein spektakulärer Boxkampf. Der Ukrainer hat viel durchgemacht.
Publiziert: 20.05.2024 um 11:09 Uhr
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Aktualisiert: 20.05.2024 um 17:10 Uhr
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Usyk trifft Fury mit seiner Linken. Das Foto zeigt die ganze Wucht, die in so einem Schlag steckt.
Foto: Anadolu via Getty Images
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Patrick MäderAutor Blick Sport

Wladimir Putin hat in Moskau bestimmt keine Freudensprünge gemacht. Der Sieg von Box-Champion Oleksandr Usyk (37) am Samstag in Riad gegen den Briten Tyson Fury (35) ist eine schwere symbolische Niederlage für den russischen Despoten.

Denn Usyk ist kein gewöhnlicher Sportler, kein gewöhnlicher Mensch. Er ist seit Samstag nicht bloss unumstrittener Weltmeister im Schwergewicht, er ist längst auch ein Volksheld der Ukraine, ein Symbol für Widerstand und Kampfkraft, ein Vorbild, das die Moral seiner Landsleute an der Front am Wochenende enorm gehoben hat. 

«David» Usyk bringt 15 cm grösseren Goliath Fury ins Wanken

«Dieser Sieg ist extrem wichtig für uns Ukrainer», sagte Ex-Boxer Wladimir Klitschko dem Sender TNT Sports nach dem Spektakel. «Wir werden nicht nur im Boxring kämpfen und siegen, sondern auch in diesem sinnlosen Krieg, den Russland begonnen hat.»

Dazu passte das Bild aus der neunten Runde, als Usyk vor den Augen von Klitschko, Ronaldo und Neymar den 15 Zentimeter grösseren Briten Tyson Fury bös zum Wanken brachte, beinahe ins Land der Träume schickte. Nur dank der Seile fiel der schwer getroffene Koloss nicht. Nur dank der gütigen Mithilfe des Ringrichters, der die acht Sekunden zur Ewigkeit machte, als er Fury anzählte, ging der Kampf noch weiter.

Oleksandr Usyks Traumkarriere

Bilanz als Amateur: 335 Siege, 15 Niederlagen
2011 Weltmeister (bis 91 kg)
2012 Olympiasieger, London (bis 91 kg)

Bilanz als Profi: 22 Kämpfe, 22 Siege (14 durch K.o.)
2017 unumstrittener Weltmeister (WBA, WBC, IBF, WBO) im Cruisergewicht (bis 90,72 Kilogramm)
2021 Weltmeister im Schwergewicht (WBA, WBO, IBF) nach Sieg gegen Anthony Joshua
2024 unumstrittener Weltmeister im Schwergewicht (WBA, WBC, IBF, WBO, IBO) nach Sieg gegen Tyson Fury

Steckbrief:
Geboren: 17. Januar 1987
Grösse: 191 cm.
Reichweite: 198 cm
Gewicht: 101 kg

Usyk nach dem bisher grössten Sieg seiner Karriere bei der Pressekonferenz.
Getty Images

Bilanz als Amateur: 335 Siege, 15 Niederlagen
2011 Weltmeister (bis 91 kg)
2012 Olympiasieger, London (bis 91 kg)

Bilanz als Profi: 22 Kämpfe, 22 Siege (14 durch K.o.)
2017 unumstrittener Weltmeister (WBA, WBC, IBF, WBO) im Cruisergewicht (bis 90,72 Kilogramm)
2021 Weltmeister im Schwergewicht (WBA, WBO, IBF) nach Sieg gegen Anthony Joshua
2024 unumstrittener Weltmeister im Schwergewicht (WBA, WBC, IBF, WBO, IBO) nach Sieg gegen Tyson Fury

Steckbrief:
Geboren: 17. Januar 1987
Grösse: 191 cm.
Reichweite: 198 cm
Gewicht: 101 kg

Der Kleine schlägt den Grossen: dank eiserner Disziplin, totalem Fokus, agiler Variabilität, brillanter Technik, strategischer Intelligenz, einem grossen Herzen und nicht zuletzt dem Willen, nie aufzugeben. Passend, dass Usyk nach schwierigen ersten Runden zu einer spektakulären Aufholjagd ansetzte, die man so im Boxsport nur sehr selten zu sehen bekommt.

Um 3.00 Uhr in der Nacht auf Sonntag schrieb der ukrainische Präsident Wolodimir Selenski auf Telegram unter ein gepostetes Bild von Usyk: «Die Ukrainer haben hart getroffen.» Und fügte an: «Am Ende werden alle unsere Gegner besiegt sein.»

Emotionaler Ausbruch

Eine Stunde später sprach Usyk an der Pressekonferenz in Riad von seinem 2012 verstorbenen Vater – und konnte die Tränen nicht zurückhalten. Die Ukraine-Flagge hatte er zuvor über den Stuhl gelegt, das Lieblingskuscheltier seiner ältesten Tochter auf dem Tisch platziert. «Ich glaube, er ist jetzt hier unter uns. Papa, ich liebe dich. Ich kann es, und du hast es mir gesagt.» 2012 wurde Usyk in London Olympiasieger. Diesen Erfolg konnte er nicht mit seinem Vater teilen, da dieser unmittelbar nach dem Kampf verstarb, die beiden sich nicht mehr wiedersahen.

Nun, nach dem bisher grössten Sieg seiner Karriere, hat ihn diese Erinnerung übermannt. Und als Zuschauer war man fast ein bisschen überfordert mit diesen grossen Emotionen zwischen Tod, Krieg, Liebe, Sieg und Sport – damit, dass ein simpler Boxkampf diese unfassbar tiefe Bedeutung bekommen kann.

Freiwillig in den Krieg gezogen

Usyk ist auf der Krim geboren und russischsprechend aufgewachsen. Als Putin 2014 die Halbinsel am Schwarzen Meer besetzte und annektierte, zog sich der Boxer nach Kiew zurück, inzwischen lebt er mit seiner Familie fernab des Kriegsgeschehens in Kalifornien.

Der 37-Jährige ist Akademiker, dreifacher Vater, Ehemann, leidenschaftlicher Tänzer, Multimillionär, sehr gläubig und ein Mann der Tat. 2022 zog der Ukrainer freiwillig in den Krieg, um gegen die Russen zu kämpfen. Dem Spiegel sagte er danach: «Ich habe jeden Tag gebetet: Bitte, Gott, sorge dafür, dass niemand auf mich schiesst. Und bitte sorge dafür, dass ich auf niemanden schiessen, dass ich niemanden töten muss. Ich bin sehr dankbar, dass es nicht dazu gekommen ist.» 

Usyk blieb einen Monat, bis ihn bei einem Militärspitalbesuch verletzte Kameraden davon überzeugten, dass es viel wichtiger sei, wenn er die Ukraine im Ring präsentiere und für das Land gewinne, als sich zu ihnen zu legen. Usyk hat sie nicht enttäuscht. Und sein Kampf ist noch nicht zu Ende.

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