In 31 Jahren Unordnung habe ich mich oft gefragt, woher eigentlich das geläufige Vorurteil stammt, dass Frauen ordentlicher seien als Männer. Viele meiner Freundinnen sind Chaotinnen, die Wohnungen vieler Freunde stets piekfein aufgeräumt.
Tatsächlich konnte das Vorurteil bisher nicht wissenschaftlich bewiesen werden, wie ich für meinen Selbstversuch zu mehr Ordnung herausfand.
Lange ging man davon aus, dass das männliche Gehirn Schmutz und Chaos besser ausblenden könne. Eine US-amerikanische Untersuchung aus dem Jahr 2019 zeigte jedoch: Stimmt gar nicht. 300 Männer und Frauen sollten dabei den Sauberkeitsgrad ordentlicher und chaotischer Wohnungen bewerten. Es zeigte sich kein Geschlechterunterschied – Männer sahen Schmutz und Unordnung genauso wie die Frauen.
Spannend wurde es beim zweiten Teil des Experiments. Den Probandinnen und Probanden wurde gesagt, dass die Räume jeweils einem Mann oder einer Frau gehören. Dann sollten sie den Charakter der Person beschreiben, die darin wohnt. Mit eindeutigem Ergebnis: Die Erwartung an Frauen, ordentlich zu sein, war viel höher.
Das, obwohl Frauen laut einer Umfrage von 2015 im Schnitt mehr als doppelt so viel Zeit mit Waschen, Kochen und Putzen verbringen als ihre Partner. Eine Ungleichheit, die sich mit der Corona-Pandemie noch verstärkt hat. Frauen müssen sich also häufiger mit Ordnung und Sauberkeit auseinandersetzen – und kriegen deshalb auch den gesellschaftlichen Druck viel eher zu spüren.